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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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Bischof über sie befinden. «
    » Nach … Chartres? « , sagte Ivo gedehnt. » Gar nicht so dumm. Und wenn der Graf zornig wird, weil ich sie seiner Gerichtsbarkeit entziehe? «
    » Der Graf ist ein frommer Mann. Was sollte er gegen ein Kirchengericht einzuwenden haben? «
    » Du hast recht, Mathias. «
    » Die Pfaffen werden sie ganz sicher verurteilen, und wenn du Glück hast, kann die Ehe sogar annuliert werden. Wobei der Besitz bei dir bleibt wegen der widernatürlichen Unzucht, die sie mit einem Heiden getrieben hat. «
    » Das wäre nur recht und billig. «
    Das Gespräch schien damit beendet. Tiessa hörte, wie die äußere Turmpforte geöffnet wurde, wobei wieder Lärm und Gelächter an ihre Ohren drangen. Die Rückkehr des Grafen Gottfried aus dem Heiligen Land wurde begeistert gefeiert. Tiessa sank auf den Fußboden und blieb dort unbeweglich hocken, den Rücken gegen die Pforte gepresst. Man hatte ihr nicht einmal einen Krug Wasser gebracht, geschweige denn etwas zu essen. Ein Kirchengericht – wenn die beiden das wahr machten und sie nach Chartres schleppten, war sie verloren. Es war bekannt, dass die Kirchenherren einer Frau wenig Gehör schenkten. Man hatte Ehebrecherinnen schon häufig öffentlich ausgepeitscht und des Landes verwiesen. Auch Mädchen, die ohne Ehemann schwanger geworden waren, drohte dieses Schicksal. Plötzlich spürte sie in ihrem Leib eine sachte Bewegung, eine Empfindung, die ihr vollkommen neu war und die gleich wieder verging, doch sie ahnte, was es bedeutete. In ihrem Leib wuchs ein Kind, sie konnte es nicht mehr leugnen. Das Kind ihres Geliebten, der sich von ihr losgesagt hatte.
    » Hatte ich nicht gesagt, dass die verdammten Bettler vor die Tore geschickt werden sollen? « , drang die ärgerliche Stimme des Schultheißen in ihren Kerker.
    » Vergebt mir « , flehte der Stadtknecht mit schwerer Zunge. » Der Bursche ist so schmal wie ein Fädchen. Muss ihn übersehen haben. «

50
    G ottfried von Perche hatte bereits die zweite Nacht in St. Denis verbracht, den erhofften Frieden jedoch nicht gefunden. Ganz im Gegenteil, er fühlte sich wie zerschlagen, seine kaum vernarbte Wunde am Bauch begann wieder zu schmerzen, und wenn er zum Gebet in der Basilika kniete, war ihm, als dringe der spitze Säbel des Räubers aufs Neue in seinen Leib. All diese Plagen – so hatte ihm der Abt Johannes wohlwollend kundgetan – kämen von Gott zur Buße für seine Sünden, er müsse sie dankbar annehmen, denn nur so könne er hoffen, dereinst zu den Auserwählten zu gehören. Der Abt, der zugleich Priester war, kannte Gottfrieds Sünden recht genau, da er dem Grafen die Beichte abgenommen hatte.
    Nach einer Reihe von Vaterunsern und mehreren Anrufungen der Jungfrau Maria hielt es Gottfried nicht mehr in der knienden Haltung aus. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand er auf, wobei er sich auf die Lehne des Chorgestühls stützen musste, verharrte ein Weilchen, bis sich der Schmerz gelegt hatte, und blickte dann erleichtert zu den Fensteröffnungen hinauf. Die Basilika von St. Denis konnte sich leicht mit der Kathedrale von Chartres messen, ein dreischiffiger, hoher Raum, der im oberen Bereich von einer Reihe schön geschwungener Bogenfenster erhellt wurde. Gewaltige Pfeiler stützten die Gewölbe, es war ein Bauwerk zum Lobe Gottes, das mutig himmelan strebte, um den Menschen von Gottes Allmacht zu künden. Gewiss, es gab noch keinen Fensterschmuck aus bleigefassten, bunten Gläsern, wie man ihn in Chartres angebracht hatte, ein Wunderwerk, das nur wenige Handwerker verstanden und mit teurem Lohn bezahlt werden musste. Gottfried war nicht abgeneigt, eine Spende für solch einen Kirchenschmuck zu geben, zumal Richenza das Kloster St. Denis während seiner Abwesenheit recht kurzgehalten hatte. Doch die allzu häufigen Andeutungen des eifrigen Abts hatten ihn verärgert, vor allem weil der Geistliche bei solchen Gelegenheiten immer auf die » schweren Verfehlungen « des Grafen hinwies. Durch die Fürbitten seiner Mönche könne Gottfried von Perche hoffen, dass seine Schuld vor dem ewigen Richter leichter wog und seine Seele nicht ganz und gar verderben würde.
    Langsam ging er durch die große Basilika, vernahm das Gurren der Tauben, die oben in den Fensterbogen nisteten, und fragte sich, ob es dieses Geräusch war, das die feierliche Stille des Raumes störte. Aber es war wohl eher das Kratzen der Reisigbesen auf dem Steinboden, denn im hinteren Bereich der Basilika waren einige Laienbrüder

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