Die Braut des Kreuzfahrers
aus dem Kleid. Zu welchem Ergebnis sie bei ihrer Untersuchung gekommen war, schien sie Tiessa nicht mitteilen zu wollen.
» Und? Trägt sie ein Kind « , fragte jemand.
Die Amme schlüpfte nach draußen, die Pforte schlug zu, der Riegel schnarrte. Das war Ivos Stimme gewesen. Tiessa sprang so rasch auf die Füße, dass ihr schwarz vor Augen wurde, sie musste sich an die Mauer lehnen und atmete schwer. Ivo Beaumont sollte sie auf keinen Fall am Boden finden, wenn er den Kerker betrat, aufrecht wollte sie vor ihm stehen und ihm in die Augen blicken. Auch wenn ihr das momentan ziemlich schwerfiel, da sie seltsame schwarze Schatten, wie kleine Ascheteilchen, vorüberfliegen sah.
» Sie ist schwanger, das kann ich jederzeit beschwören. «
» Und konntest du sehen, ob es ein Heidenkind ist? «
» Woran sollte ich das wohl erkennen? «
Tiessas Blick hatte sich jetzt ein wenig geklärt, und sie ging langsam zur Tür hinüber, um das Gespräch besser hören zu können. Half es, wenn man das Ohr gegen das Holz der Pforte hielt? Nein, überhaupt nicht, es rauschte nur ungeheuer laut, und man hörte den eigenen, hastigen Herzschlag.
» Was weiß ich? « , meinte Ivo. » Es könnte doch sein, dass ihr Bauch gesprenkelt ist, wenn sie sich mit einem Schwarzen gepaart hat. «
» Du hast wohl Sprenkel im Hirn, wie? Gib mir jetzt meinen Lohn, ich muss gehen. Oben auf der Burg wird gefeiert, da brauchen sie jede Hand. «
Es war ein Weilchen still, und Tiessa vermutete, dass Ivo jetzt seinen Beutel herauszog und der Alten einige Silberstücke auf die faltige Kralle zählte. Tatsächlich hörte sie sie gleich darauf maulen, es wären acht und nicht sieben Sous ausgemacht gewesen, doch Mathias, der ebenfalls noch im Torgebäude war, stand Ivo bei und erklärte der Alten, wenn sie weiter herumkrakeele, wolle er sie für die Nacht in den Kerker sperren.
» Verfluchte Betrüger! « , kreischte die Alte. » Halten alle zusammen. Hörst du mich, Tiessa? Lass dir nur nicht mit der Folter drohen. Sie dürfen dich nicht foltern, solange du ein Kind trägst. Sie dürfen dir nicht einmal … Fass mich nicht an, besoffener Kerl … «
» Verschwinde von hier, alte Hexe! «
» Die Pest über dich, Ivo Beaumont. Verfaulen sollst du bei lebendigem Leib … Au weh! Das wirst du büßen! «
Die Prügel hatte die Alte sich redlich verdient, auch wenn sie Tiessa in ihrer Wut einen guten Rat gegeben hatte. Nachdem man die Amme vertrieben hatte, erwartete Tiessa mit gemischten Gefühlen, dass Ivo nun sein Glück versuchen und sie in Anwesenheit des Schultheißen noch einmal verhören würde. Doch nichts dergleichen geschah – vielleicht war ihm der Mut gesunken, weil die Amme in ihrer Wut ausgeplaudert hatte, was Tiessa nicht hatte wissen sollen.
» Man muss warten, bis das Kind auf der Welt ist « , sagte Mathias mit gedämpfter Stimme. » Wenn es ein Heidenbastard ist, kann niemand verlangen, dass du ihn in dein Haus aufnimmst. «
» Weder den Bastard noch die Hure! « , knurrte Ivo.
» Der Graf ist ein frommer Mann – es ist möglich, dass er dir befiehlt, deiner Frau zu vergeben. Sie ist doch deine Frau – nicht wahr? «
» Zweifelst du daran? «
» Ich frage ja nur. Weil sie behauptet hat, der Graf wisse, was in Akkon geschehen ist. «
Schweigen. Tiessas Herz klopfte unruhig. Ivo hatte keine Chance, sein Betrug würde früher oder später entdeckt werden – und sie war sicher, dass er es wusste. Es ging ihm um den Besitz des Jean Corbeille, den er schon so lange hatte an sich bringen wollen und den er nun, da er ihn in Händen hatte, auf keinen Fall wieder hergeben wollte. Doch er kämpfte mit dem Rücken gegen die Wand. Was würde er tun?
» Es waren aufregende Tage vor Akkon « , ließ Ivo sich jetzt leise vernehmen. » Der Graf lag an einem Fieber darnieder. Möglich, dass er sich nicht mehr erinnert. «
» So ist das also … Nicht gut, Ivo. Gar nicht gut. «
» Aber ich habe die Unterschrift, und ich kann es vor Gericht beschwören. Mein Schwur gilt, und was sie redet, ist nur Weibergeschwätz, das vor Gericht nicht angehört wird. «
» Der Graf hat die Angewohnheit, jeden anzuhören, wenn er Gericht hält, Ivo. Daran solltest du denken. Und deine Frau hat ein geschmeidiges Mundwerk. «
» Sie kann schwatzen, was sie will – sie ist eine Hure. «
» Hör zu – wir drehen es anders. Der Fall gehört eigentlich vor ein Kirchengericht « , ließ sich Mathias vernehmen. » Bring sie nach Chartres – dort soll der
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