Die Braut des Kreuzfahrers
Strohhalme und den Schmutz vom Gewand und machte einen Versuch, das wirre, lockige Haar zu glätten. Er musterte sie vom Kopf bis zu den Schuhen. In der Mitte ihres Leibes blieb sein Blick ein Weilchen hängen, dann räusperte er sich.
» Das ist ein trauriges Wiedersehen, Tiessa « , sagte er. » Du warst eine hochgeachtete Jungfrau, als du vor über einem Jahr aus Nogent fortzogst, und kommst zurück als eine Hure und Ehebrecherin. «
» Ich habe niemals geheiratet und auch keine Ehe gebrochen! «
Er zog die dünnen Augenbrauen hoch, als staune er über solch eine irrwitzige Aussage, und schüttelte den Kopf.
» Was redest du da? Es gibt einen Ehevertrag, auf dem die Unterschrift deines Vaters zu sehen ist. Ich kenne die Hand deines Vaters wohl, Tiessa. «
Das war richtig. Mathias hatte früher häufig mit ihrem Vater zu tun gehabt, denn seine Aufgabe war es, die Abgaben der Bürger einzutreiben, auch durfte er in einfachen Fällen Gericht halten. Er hatte das Amt von seinem Vater Eudo geerbt, der ein aufrechter und ehrlicher Mann gewesen war. Mathias aber war von anderer Art. Es war erst ein paar Jahre her, da hatte Jean Corbeille dem Schultheißen nachgewiesen, dass er in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte. Der gräfliche Verwalter hatte Milde vor Recht walten lassen, da zu dieser Zeit der greise Eudo noch am Leben gewesen war, doch Mathias hatte seine Schuld begleichen müssen. Nie zuvor hatte Tiessa darüber nachgedacht, dass sich ihr Vater Feinde gemacht hatte. Nun, da er tot war, hoben diese Schlangen ihre Häupter, um ihr Gift auf seine Tochter zu spritzen.
» Dieser Vertrag ist eine Fälschung! «
» Hüte deine Zunge, Tiessa. Dass dein Vater dich mit Ivo Beaumont verheiratet hat, ist verbrieft und bezeugt. Niemand wird daran zweifeln. «
» Niemand außer mir und dem Grafen, der weiß, was in Akkon geschehen ist. «
Die Drohung machte Eindruck. Mathias ging ein paar Schritte auf und ab, wobei er sie genau im Auge behielt – er war nicht sicher, ob der betrunkene Stadtknecht den Riegel an der Pforte vorgeschoben hatte. Das saubere Wasser hatte er auch nicht gebracht, möglicherweise hielt er sich schon an das vom Grafen spendierte Freibier.
» Wer ist der Vater des Kindes, das du in dir trägst? «
Sie schwieg. Heute Mittag hätte sie noch jeden Eid darauf geschworen, nicht schwanger zu sein. Inzwischen war sie unsicher geworden. Ihr Leib hatte sich ein wenig vorgewölbt, das war nicht zu übersehen. Und auch ihre Monatsblutung hatte sie schon eine ganze Weile nicht mehr gehabt. Aber darauf konnte man nicht viel geben, seitdem sie die Fahrt ins Heilige Land angetreten hatte, war ihre Blutung vollkommen unregelmäßig gewesen. Mal kam sie zweimal kurz hintereinander, dann war sie wieder monatelang ausgeblieben …
» Ist dieses unglückliche Wesen von einem Christenmenschen gezeugt oder vielleicht gar von einem heidnischen Sarazenen? «
» Ich bin nicht schwanger! « , beharrte sie stur. » Auch das ist eine Lüge. «
» Hältst du mich für dumm? «
Er trat jetzt dicht an sie heran und starrte ihr ins Gesicht, während er seine Fragen wie Pfeile auf sie abschoss. Es war eine unfehlbare Methode, die Delinquentin in Verwirrung zu bringen, sodass sie sich in Widersprüche verwickelte.
» Weshalb bist du deinem Ehemann davongelaufen? «
» Ich habe keinen Ehemann! «
» Mit wem hast du Ivo betrogen? «
» Ich habe niemanden betrogen! «
» Von wem bist du schwanger? «
» Hol dich der Teufel. Weshalb fragst du immer das Gleiche? «
» Von wem? «
» Ich bin nicht schwanger! «
Er holte tief Luft und sah ärgerlich zur Tür hinüber, weil der Lärm seine Befragung störte. Draußen vor dem Mauerturm waren zwei Männer aneinandergeraten. Tiessa erkannte Jordans zornige Stimme und schöpfte Hoffnung.
» Es wird sich alles herausstellen! « , sagte Mathias. » Bei der peinlichen Befragung wirst du schon die Wahrheit sagen. «
Er eilte zur Pforte, die tatsächlich nicht von außen verriegelt war. Gleich darauf hörte sie, wie er wütend über den Stadtknecht herfiel, und mit einem schleifenden Geräusch wurde der Riegel vorgeschoben.
» Tiessa! «
Das war Jordan, der liebe, gute Jordan. Oh mein Gott, wie er keuchte. Was taten sie mit ihm?
» Jordan! Mach dir keine Sorgen! «
Sie vernahm dumpfe Schläge, Schmerzenslaute und zornige Flüche. Wie es schien, versuchte Jordan zu ihr vorzudringen, und die beiden Männer hielten ihn davon ab. Ach, weshalb war er nur so ungeschickt, so
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