Die Braut des Kreuzfahrers
schließlich hatte ihm Jordan schlimme Beleidigungen entgegengeschleudert.
» Du bist noch viel dümmer, als ich glaubte! « , fuhr sie ihn giftig an.
Er nahm es ihr nicht übel, schüttelte nur den Kopf und murmelte, dass er lieber tot umfallen würde, als zuzusehen, wie solch ein elender Lügner seine Schwester verführte.
» Schimpf nur « , meinte er gutmütig. » Später wirst du es einsehen. «
Er kehrte zur Scheune zurück, griff sich die zweizinkige hölzerne Gabel und machte sich daran, die Stalltür wieder aufzudrücken, während Tiessa aufgeregt und voller widersprüchlicher Empfindungen zum Haus hinübereilte. Sie sah gerade noch Millies dunkelblaues Gewand im Kücheneingang verschwinden – natürlich war sie hinausgelaufen und hatte alles mitangehört. Mit trotziger Miene betrat Tiessa die Küche, ergriff ein Messer, um die Rüben zu schneiden, und hob dabei den Blick nicht von ihrer Arbeit. Niemand sprach ein Wort, Millie schwieg in sich hinein.
Sie konnte nun nichts mehr tun, als zu warten. Er war zur Burg geritten. Gewiss würde er auf der Stelle Einlass beim Burgherrn begehren, um sich vor ihm zu rechtfertigen. Er würde Zeugen herbeibringen, seine Mutter, seinen Bruder, Freunde, die für ihn aussagen konnten. Vor allem aber sie selbst, die erklären würde, dass Ivo sich ihr stets voller Ehrerbietung genähert und ihr sogar das Leben gerettet hatte. Niemals hatte er ihr Gewalt angetan, auch damals nicht, als sie miteinander allein gewesen waren. Da hatte er sie nur in die Arme genommen und geküsst – aber das sollte sie besser verschweigen. Stattdessen würde sie aussagen, dass Ivo sie gefragt habe, ob sie ihn heiraten wolle, und versprochen habe, bei ihrem Vater vorzusprechen.
Er würde sich von allem Verdacht reinwaschen, die Lügner aber vor dem Gericht des Grafen in Alençon anklagen und bestrafen lassen. Wie schade, dass man den Burgherrn Gottfried nicht ebenfalls anklagen konnte, doch er war ein Ritter und dazu noch der Sohn des Grafen. Nur sein Vater Rotrou hätte das tun können. Der aber war mit König Philipp ins Heilige Land gezogen und würde wohl so rasch nicht zurückkehren.
Die Mahlzeit war längst fertig, doch der Vater war noch nicht zurück. Deshalb wartete man ab, um gemeinsam essen zu können. Corba war heimgekehrt, hatte der Tochter zart übers Haar gestrichen und lächelnd gemeint, sie solle den zerrupften Zopf neu flechten. Dann erzählte sie von dem Kranken, der seit Tagen an einem Fieber litt und nun endlich durch einen ihrer Tränke Erleichterung gefunden hatte. Erst als Jordan in die Küche stolperte und mit Corba Blicke wechselte, begriff Tiessa, dass er der Mutter draußen im Hof alles erzählt haben musste. Doch Corba schwieg und machte ihr keine Vorwürfe.
Als Jean endlich ins Haus trat, wirkte er müde, und sein Gesicht war fast grau.
» Komm! « , befahl er Tiessa, nahm ein Talglicht vom Küchentisch und ging die Stiege hinauf in den Wohnraum.
Es war kalt im Zimmer und roch muffig, da die Fensteröffnungen verschlossen waren. Jean stellte das flackernde Licht ab, schloss die Tür und blickte seiner Tochter fest in die Augen.
Tiessa begann zu zittern, all diese Vorkehrungen konnten nichts Gutes bedeuten.
» Er ist davongeritten und wird nicht zurückkommen, Tiessa. «
Sie schüttelte den Kopf, Ivo würde zurückkehren, dessen war sie sich sicher.
Jean seufzte, denn es tat ihm weh, was er seinem Kind zu sagen hatte.
» Ivo Beaumont hat eingestanden, dass die Boten die Wahrheit berichtet haben. Er ist aus den Diensten des Burgherrn ausgeschieden und hat noch am frühen Abend die Burg verlassen. «
» Nein! «
» Doch, Tiessa « , sagte er leise und zog das Mädchen an sich. » Je früher du ihn vergisst, desto besser ist es für dich. Er ist deiner nicht würdig … «
Sie weinte nicht. Ohne einen Laut, ohne die leiseste Regung lehnte sie sich an ihn und verspürte eine große Kälte in ihrem Inneren, als sei ein Frost gekommen, der alles Lebendige zu Eis erstarren ließ.
» Er hat sich nicht einmal verteidigt? «
» Nein. Es gab nichts, das er hätte leugnen können. «
Sie löste sich aus seinen Armen, stand vor ihm, blass und starr wie eine Mondsüchtige. Dennoch klang ihre Stimme gefasst.
» Du hast recht, Vater. Ich werde ihn vergessen. «
» Daran tust du recht, Mädchen. Wir werden einen anderen finden, einen besseren … «
Mit verschlossener Miene saß sie mit den anderen bei der Abendmahlzeit, aß ein wenig Brei und trank dazu Most,
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