Die Braut des Kreuzfahrers
könnten diese stürmische Begrüßung beobachten, dann stieg er vom Pferd.
» Tiessa! Verzeih mir, dass ich nicht Abschied nahm – umso schöner ist nun unser Wiedersehen! «
Wie sein Gesicht trotz aller Erschöpfung leuchtete! All ihre süßen Träume, die Sehnsüchte der langen Nächte waren nur bleiche Gespenster gegen diesen einen Augenblick, da er wahrhaftig vor ihr stand.
» Du bist zurück « , stammelte sie. » Oh Ivo! Ich glaube an dich und werde fest zu dir halten, das schwöre ich. «
Er lächelte gerührt über ihre Aufregung und nahm sie in die Arme. Einen glücklichen Moment lang lag sie an seiner Brust, schloss die Augen und glaubte, sein Herz schlagen zu hören.
» Sie haben dich verleumdet, dort oben auf der Burg « , fuhr sie atemlos fort. » Der Burgherr hat Boten nach Alençon geschickt, und sie haben allerlei Lügen über dich verbreitet. Ich sage es dir, um dich zu warnen, Ivo. Damit du ihnen nicht unvorbereitet entgegentrittst. «
» Was sagst du da? Boten nach Alençon? Der Burgherr? «
Er schob sie ruckartig von sich weg. Sein Gesicht war blass geworden, die Augen schmal, der Blick lag starr auf ihr. Wie fremd er jetzt in seinem Schrecken aussah. Auch waren Kinn und Wangen dunkel umschattet, denn er hatte sich nicht gründlich rasiert.
» Gottfried von Perche – jawohl! «, rief sie aufgebracht und versuchte, ihr Kleid zu bändigen, das sich im Wind bauschte. » Alle Lügner der Welt haben sich gegen dich zusammengetan, und er ist der schlimmste von ihnen. Aber ich, Ivo, ich vertraue dir, denn ich weiß, dass du unschuldig bist. «
Eine Scheunentür wurde aufgerissen, erschreckt meckerte eine Ziege, dann schlug der Wind die hölzerne Tür mit einem lauten Krachen wieder zu.
» Tiessa! « , brüllte Jordan über den Hof.
Sie kümmerte sich nicht darum, sondern legte zärtlich die Arme um Ivos Nacken.
» Was auch immer du tust, ich bin an deiner Seite. Ich kämpfe mit dir gegen alle Verleumder, Ivo. Ich will, dass du weißt, dass ich zu dir halte. «
Er strich sanft über ihre Schultern, doch ihre Umarmung erwiderte er nicht, stattdessen schob er sie behutsam zurück.
» Wer weiß noch davon? Dein Vater? Die Leute oben auf der Burg? «
Sie konnte nicht antworten, denn in diesem Augenblick war Jordan schon herbeigelaufen und fasste seine Halbschwester am Arm.
» Was gibst du dich mit dem ab? Geh ins Haus, sonst sage ich es dem Vater! «
» Lass mich los! «
Jordans Griff war ungewöhnlich fest, er zerrte sie zu sich heran und stellte sich Ivo entgegen. Es sah lächerlich aus, da Ivo ihn um Kopflänge überragte, dazu war er sehnig und im Kampf geübt, während Jordan nur den Hammer und die Mistgabel zu führen wusste. Doch Jordan, der stets so harmlos und dümmlich erschien, hatte jetzt die Haltung eines angriffslustigen Stieres angenommen, und sein breiter Nacken war leuchtend rot.
» Wagt es nicht, sie anzufassen! « , rief er. » Geht Eurer Wege, Ivo Beaumont – hier auf unserem Hof ist kein Platz für Euch! «
Tiessa sah, wie Ivos Körper sich spannte, er warf den Kopf zurück, sein Unterkiefer zitterte. Entsetzt glaubte sie, er wolle nun über Jordan herfallen, um sich für diese ungeheure Beleidigung zu rächen. Doch er tat es nicht.
» Es wird sich alles aufklären, Tiessa « , sagte er, und seine Stimme klang dabei leise und gepresst.
Er ließ den zornbebenden Jordan, der bereits die geballten Fäuste erhoben hatte, einfach stehen, stieg auf sein Pferd und gab den Gefährten das Zeichen, hinauf zur Burg zu reiten. Die Knechte trieben ihre erschöpften Tiere an, sie alle hatten den Streit mitangehört, doch keiner von ihnen blickte zurück. Sie waren gewohnt, solchen Dingen mit Gleichmut zu begegnen. Stattdessen richteten sie ihre Aufmerksamkeit auf den steilen Weg zum Burgtor hinauf, der ihren müden Reittieren eine letzte Kraftanstrengung abverlangen würde.
» Du bist wohl verrückt, dich diesem Betrüger auch noch an den Hals zu werfen? « , schimpfte Jordan. » Willst du die Nächste sein, über die er sich hermacht, der feine Burgknappe? «
Er rieb die Hände gegen seinen fleckigen Rock, als habe er sie sich schmutzig gemacht. In Wirklichkeit waren seine Pfoten schon vorher nicht sauber gewesen, denn er hatte den Ziegenstall ausgemistet.
Tiessa blickte voller Verachtung an ihm herunter. Hatte er wirklich geglaubt, sich einem Mann wie Ivo entgegenstellen zu können? Er konnte froh sein, dass Ivo ihn verschont hatte, es war großmütig von ihm gewesen,
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