Die Braut des Kreuzfahrers
seinen Vater an, bevor der Komtur zu anderen Themen überging. De Girot war kein Mann, mit dem man gelehrte Gespräche führen konnte, doch die Templer hatten gute Verbindungen ins Heilige Land und wussten oft recht genau, wie die Dinge dort standen.
» Guido von Lusignan liegt immer noch mit seinen Rittern vor Akkon, ohne die Stadt eingenommen zu haben. Viele edle Ritter und auch geistliche Würdenträger sind ihm zu Hilfe gekommen. Theobald von Blois und sein Bruder Stephan von Sancerre trafen im Sommer ein, auch die Grafen Raoul de Clermont und Jean de Fontigny mit ihren Rittern. Dazu der Erzbischof von Besançon und die Bischöfe von Blois und Toul … «
Jeder dieser Namen versetzte Gottfried einen Stich. Er kannte die meisten der Ritter und hatte sie auf Turnieren und Festlichkeiten getroffen, mit einigen sogar gekämpft. Nun waren sie ins Heilige Land gezogen, während er selbst hier im Perche geblieben war. Doch der Gedanke an Richenza versöhnte ihn wieder mit seinem Schicksal.
» Und was ist mit den Heeren der beiden Könige? «
De Girot nahm einige Schlucke Wein zu sich, und man konnte sehen, wie der Adamsampfel an seinem dürren Hals auf und nieder stieg.
» Wie man hört, befinden sich beide Herrscher auf Sizilien, doch scheint es Unruhen auf Messina zu geben, und niemand weiß genau, was werden wird.«
» Unruhen? «
Fassungslos hörte sich Gottfried eine verworrene Geschichte an. König Wilhelm II ., Herrscher von Sizilien und Ehegatte von König Richards Schwester Johanna, sei verstorben. Sein Nachfolger Tankred halte die junge Witwe gefangen und sei auch nicht bereit, ihr Leibgedinge herauszugeben. Daher habe der englische König Richard beschlossen, sich für seine Schwester einzusetzen, und wie man wisse, tat er solches stets mit dem Schwert. Die Lage sei unübersichtlich. Noch sei unklar, ob Richard nicht vielleicht ganz Sizilien erobert habe.
» Und das französische Kreuzfahrerheer? Sieht König Philipp in aller Ruhe dabei zu, wie der Engländer Sizilien erobert? «
» Niemand kann das sagen, Herr, doch wir glauben, dass die französischen Ritter sich nicht in diese unsinnigen Kämpfe einlassen werden. Nur wird es wohl nicht mehr möglich sein, vor dem kommenden Frühjahr nach Tyros überzusetzen, denn die Zeit der Stürme ist gekommen. Würde man sich jetzt noch einschiffen, könnte es gut sein, dass viele der Ritter einen nassen Tod fänden, noch bevor sie Gelegenheit hatten, ihren Mut im Kampf gegen die Muselmanen zu erproben … «
Gottfried dachte an seinen Vater, der jetzt vermutlich zornig und tief enttäuscht war, denn als er mit dem großen, französischen Heer aufbrach, war es Anfang Juli gewesen, man hätte ohne Weiteres bereits vor Akkon sein können. Dem Ansturm solch gewaltiger Ritterschaft hätte die Stadt nicht lange Widerstand leisten können. Wenn Akkon erst wieder in christlicher Hand war, dann würde auch das heilige Jerusalem bald von den Sarazenen erlöst sein. Für dieses Ziel war sein Vater trotz seiner Jahre aufgebrochen. Wie trostlos mochte er sich nun fühlen, da er zur Untätigkeit verdammt war, weil König Richard auf Sizilien unnütze Händel suchte und König Philipp in aller Ruhe dabei zuschaute.
Inzwischen waren das Geklapper der Tischplatten und die Stimmen der Dienerschaft zu vernehmen, und der Komtur entschied, dass es höchste Zeit war, auf den eigentlichen Anlass seines Besuchs zu sprechen zu kommen. Gewandt leitete er über zu den Wohltaten, die Graf Rotrou kurz vor seiner Abreise dem Templerorden zugedacht hatte, vornehmlich eine jährliche Rente von fünf Livres auf den Wegzoll nach Mortagne, die man bereits empfangen habe und mit der sich der Graf ohne Zweifel das Heil seiner Seele erwürbe.
» Nun könnte es aber sein, dass Gott der Herr Eurem Vater einen seligen Tod im Heiligen Land vergönnt und Ihr ihm als Graf von Perche nachfolgen müsst « , fuhr er mit gedämpfter Stimme fort. » In diesem Fall hofft die Komturei von Arville darauf, dass Ihr die Verfügung, die Euer Vater in großer Frömmigkeit getan hat, weiterhin gelten lasst … «
Der Komtur hatte Augen, die wie das Gefieder einer Taube gefärbt waren, nicht ganz grau, doch auch nicht blau. Sein Blick konnte die Sanftheit dieses Tierchens annehmen, vor allem dann, wenn er als Bittsteller kam.
» Darum sorgt Ihr Euch? « , fragte Gottfried mit leisem Spott. » Nun, bisher gibt es keinen Grund, weshalb ich mir darüber Gedanken machen sollte, denn mein Vater ist, Gott sei es
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