Die Braut des Kreuzfahrers
stimmen und jeden Verdruss von ihr fernzuhalten.
Mit einem Lächeln, in dem ein wenig Schuldbewusstsein lag, grüßte er sie und reichte ihr seinen Arm, um sie an die Tafel zu führen. Es war das Zeichen für den Truchsess Guillaume de Chatel, seines Amtes zu walten, jedem seinen Platz aufzuzeigen und die Dienerschaft anzuweisen, die Speisen aufzutragen. Auch Guillaume war noch sehr jung, wohl keine zwanzig. Er hatte das Amt von seinem Vater übernommen, der mit dem Grafen ins Heilige Land geritten war. Zu Anfang hatte er sich Beschwerden eingehandelt, da die Hofleute seine Unerfahrenheit nutzten, um in der Rangfolge miteinander zu streiten. Besonders die Frauen hatten sich bei Gottfried über den » dummen Jungen « beklagt. Inzwischen jedoch hatte Guillaume in der jungen Burgherrin einen festen Rückhalt gefunden, denn Richenza hatte eigenmächtig und unwiderruflich entschieden, in welcher Rangfolge die Hofleute zu sitzen hatten.
Eine weitere Tugend seiner jungen Ehefrau war, dass sie ihn von allerlei lästigen Entscheidungen befreite, die mit dem ehrgeizigen Gerangel der Höflinge zu tun hatten. Sie würde eine hervorragende Burgherrin sein – sie war es eigentlich schon jetzt.
Man saß in lockerer Folge an der Tafel. Männer und Frauen waren nicht voneinander getrennt – eine Freiheit, die sein Vater aus Paris mitgebracht hatte und die sowohl die Klosteräbte als auch den Hofkaplan verwirrten. Auch der Komtur schien verlegen, als man ihm den Platz zwischen der Burgherrin und der Ehefrau des Gilbert Corniac anwies. Er war ganz offensichtlich froh, wenigstens den Verwalter Jean Corbeille in seiner Nähe zu haben.
Richenza hatte rote Wangen, denn sie verfolgte genau, ob die Pagen und jungen Knappen auch den Wein in der rechten Art ausschenkten und dabei nicht das weiße, bis zum Boden reichende Tischtuch befleckten. Eigentlich war dies Aufgabe des Mundschenks, doch Joscelin de Montberger war schon in die Jahre gekommen und seit einem Unfall auf einem Auge erblindet, sodass er seine Pflicht gern der Burgherrin überließ.
» Ich hoffe, du hast den Tag angenehm verbracht « , erkundigte sich Gottfried leise bei ihr.
» Ein Tag wie andere auch « , gab sie freundlich zurück. » Es gab Streit in der Küche. Das Holz, das uns gebracht wurde, wollte nicht brennen, und eine tölpelhafte Magd hat sich mit einem Messer in die Finger geschnitten. «
Er hätte ihr gern gesagt, wie sehr er diese Übel bedauerte und dass er gleich mit dem Verwalter über das Holz sprechen würde, doch er wurde in ein Gespräch zwischen Jean Corbeille und dem Komtur verwickelt. Es ging um die Weiderechte jener Dörfler, die der Komtur so gern zum Besitz der Komturei hatte machen wollen. Eine leidige Geschichte, bei der Jean beharrlich den Standpunkt des Grafen verteidigte, ohne sich von den Einwendungen des Komturs irremachen zu lassen. Gottfried gelang es, zwischen den beiden zu vermitteln und eine vorläufige Einigung zu erzielen, die Jean zwar enttäuschte, aber nach Gottfrieds Meinung besser als ein beständiger Streit war.
Richenza pflegte bei solchen Gesprächen schweigend, aber sehr aufmerksam zuzuhören. Nur selten stellte sie eine Frage, die manchmal ein wenig kindlich war und ihn zum Lächeln brachte. Aber er schätzte es sehr, dass sie lernbegierig war, und freute sich darüber, dass sein Verwalter sich bemühte, das Wissen der jungen Burgherrin zu erweitern. Gottfried musste sich oft eingestehen, dass Jean die Dinge viel klarer und fasslicher zu erklären wusste als er selbst. Es mochte daran liegen, dass Jean Vater einer Tochter war und Tiessa möglicherweise ähnlich wissbegierig war wie seine junge Ehefrau. Es war schade, dass Jean Frau und Tochter niemals mit an den Hof gebracht hatte, denn das Mädchen war hübsch von Angesicht und nur wenig älter als Richenza, vielleicht hätten die beiden Gefallen aneinander gefunden.
Inzwischen wurden die Schüsseln mit den Speisen aufgetragen, schön angerichtet, wie Richenza es wünschte. Das Wild war sogar mit Kopf und Flügeln zurechtgemacht, als sei es noch lebendig. Sie hatte diesen Brauch aus ihrer sächsischen Heimat mitgebracht, wie auch das Service aus fein gebranntem und bemaltem Steinzeug, das die Tafel im Schein der Kerzen so ungemein festlich erscheinen ließ.
Mittlerweile war man dazu übergegangen, den Komtur zu den Ereignissen im Heiligen Land zu befragen und es gab überall staunende Gesichter. Man ereiferte sich über die Verzögerung, machte Scherze über
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