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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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Tiessa am folgenden Morgen die Tür zum Hof öffnen wollte, musste sie sich fest dagegenstemmen. In der Nacht war der Schnee kniehoch gefallen. Immer noch schwebten kleine Flöckchen in der Luft, winzig wie eisiger Staub, und wenn der Wind blies, wirbelten von den Dächern durchsichtige Schneewolken gegen den dunkelgrauen Himmel. Jean zog die wattierten Beinlinge und hohe Stiefel an, bevor er sich auf den Weg zur Burg machte. Als er im Hof stand, wies er mit der Hand zum Burgturm hinauf.
    » Seht ihr den Rauch? Sie heizen nicht nur Kemenate und Küche – nein, auch die Öfen oben beim Burgherrn brennen, sie gehen niemals aus, denn die junge Herrin mag nicht frieren. «
    Tiessa hatte eine Kugel aus Schnee mit den Händen geformt und zielte fröhlich auf Jordan, der zur Remise hinüberstapfte, um Brennholz zu holen.
    » Was bist du für ein Knauser, Vater! Ich wollte es auch warm haben, wenn ich die Burgherrin wäre. «
    Die Kugel erwischte Jordan zwischen Mantel und Genick, langsam drehte er sich zu ihr um und grinste breit. Er kratzte umständlich den Schnee aus dem Nacken, dann bückte er sich, um den Angriff zu erwidern, und Tiessa flüchtete kichernd zum Stall hinüber. Jordan war ein schlechter Werfer, doch diesmal hatte er unverdientes Glück. Seine Schneekugel flog hoch über Tiessa hinweg und traf das Strohdach, von dem eine dichte weiße Wolke auf sie hinunterstürzte. Prustend kam sie darunter hervor, schüttelte den Schnee vom Umhang und bequemte sich endlich, Millie beim Füttern der Ziegen und Hühner zu helfen. Ihre Schwägerin war seit einigen Tagen verändert. Der verkniffene Ausdruck war aus ihrem Gesicht gewichen, sie konnte sogar hin und wieder lächeln. Natürlich hatte Jordan nicht den Mund halten können – Millie war guter Hoffnung, und dieses Mal würde sie das Kind gewiss austragen, sie war schon drei Monate über die Zeit.
    Die Stimmung in der Küche war fröhlich. Jordan schnitzte an einem seltsamen Ding herum, das eine Kuh oder auch ein Pferd werden konnte, vielleicht aber auch ein zottiger Bär. Als er schließlich gestand, dass er selbst nicht wisse, was dabei herauskäme, machten Corba und Tiessa ihm viele Vorschläge. Ein Einhorn. Ein Basilisk. Oder auch ein Drache. Viel eher wohl ein Floh, denn das Hölzchen wurde immer kleiner, während er daran schnitzte.
    Als sie noch lachten, begann der Hund zu bellen und sprang schweifwedelnd an der Tür hoch – Jean war zurückgekehrt, Mantel und Kappe voller Schnee.
    » Nimm Kräuter und Salben, Corba. Du musst zur Burg hinauf – die Herrin fiebert so heftig, dass sie Traumgesichter am hellen Tag vor Augen hat. «
    Corba erstarb das Lachen, sie wurde blass. Tiessa wusste, dass ihre Mutter die Burg immer gemieden hatte, den Grund dafür kannte sie jedoch nicht.
    » Er ist lange tot « , sagte der Vater eindringlich. » Willst du die Herrin sterben lassen, nur weil du Furcht vor längst Vergangenem hast? «
    Corba schwieg, doch sie erhob sich von der Bank und nahm einen Korb. Unschlüssig stand sie da und besah die Kräuterbündel an der Küchendecke.
    » Ich habe dem Burgherrn gesagt, dass du eine geschickte Heilerin bist – er setzt all seine Hoffnung in dich « , drängte sie Jean.
    » Ich werde gehen, Jean « , sagte sie leise. » Doch ich bitte dich, mich zu begleiten. «
    » Ich kann nicht, Corba. Der Graf hat mich zum Kloster St. Cathérine geschickt, um die Äbtissin herbeizuholen. Es ist der Wunsch der Herrin – der Burgherr wäre außer sich vor Zorn, kehrte ich unverrichteter Dinge in die Burg zurück. «
    Tiessa hatte die Reden voller Aufregung verfolgt. Sie hatte großes Mitleid mit der jungen Herrin – hatte sie nicht eine Wunde, die sich nicht schließen wollte? Wenn sie jetzt fieberte, konnte es den Brand bedeuten, das wusste sie von Corba.
    » Ich gehe mit dir, Mutter! « , rief sie. » Sag mir, was ich vom Dachboden holen soll. Rasch! Wir dürfen auf keinen Fall zu spät kommen. «
    Corba war nicht froh darüber, doch Jean hatte das Haus bereits wieder verlassen und Tiessa hatte recht – sie durften nicht säumen.
    » Ich muss die Heilmittel selbst auswählen « , sagte sie mit fester Stimme, nahm den Korb und lief mit hastigen Schritten die Stiegen hinauf. Ungeduldig wartete Tiessa, spürte kaum, dass Millie ihr den Mantel umhängte. Als Corba endlich mit gefülltem Korb zurückkehrte, schien ihr eine Ewigkeit vergangen.
    » Soll ich Euch begleiten, Mutter? « , erbot sich Jordan.
    Doch Corba lehnte entschieden ab. Er

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