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Die Braut des Piraten

Die Braut des Piraten

Titel: Die Braut des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Minuten durchnässt. Es war kalt, und ihr Haar klebte ihr in triefenden Strähnen am Kopf. Doch unbeirrt lief sie den Weg entlang, bis sie den schmalen Pfad erreichte, der zum Klippenabsturz führte. Und hier, auf dem ungeschützten Teil des Klippenweges, konnte sie sich kaum mehr auf den Füßen halten. Sie hörte die Brecher tief unten gegen die Felsen schlagen, der Wind heulte ihr in den Ohren. Mit gesenktem Kopf gegen den Sturm kämpfend, nahm sie kaum wahr, wie weit sie schon gegangen war. Sie empfand es als anregend, den Elementen dermaßen ausgesetzt zu sein und ihre unzulänglichen Kräfte mit der Gewalt des Unwetters zu messen.
    In einer momentan eintretenden Windstille hob sie den Kopf und spähte zur Klippenspitze, die vor ihr aufragte. Eine einsame Gestalt hob sich vor dem düsteren Himmel ab. Der schwarze Mantel flatterte wie Luzifers Schwingen.
    Plötzlich sah sie einen Funken, Feuerstein auf Zunder, dann die helle Flamme eines Leuchtfeuers.
    Sie fing zu laufen an und keuchte bei jedem Atemzug, der ihr vom Sturm weggerissen wurde. Auf einmal kamen Männer aus dem Nichts, Gestalten, deren Schatten vom Schein des Leuchtfeuers gespenstisch in die Länge gezogen wurden. Sie hielten auf den Mann am Leuchtfeuer zu und umringten ihn. Sekundenlang flammte der Schein mächtig in der Nacht auf, dann wurde er gedämpft.
    Ein Lichtstrahl fiel flächig auf die See und zeigte Olivia das tosende Meer am Fuß der Felsen. Dann ertönte ein Donnerschlag, und es war, als hätten sich die Schleusen des Himmels geöffnet.
    Von unten hörte man schwache Rufe, dann das Geräusch von Stahl auf Stahl. Kämpfe.
    Sie ließ sich ins Gras fallen und kroch auf dem Bauch weiter, bis sie in den Abgrund hinunterlugen konnte.
    Männer schwankten eigentümlich umklammert. Einige lagen reglos auf dem Boden. Im erbarmungslosen Regen war es nun stockfinster, sodass sie nicht eine einzige bekannte Gestalt im Getümmel ausmachen konnte. Und doch mussten es Anthonys Männer sein. Gegen wen kämpften sie? Hatten die Wachen sie ertappt? Befand Anthony sich schon auf dem Weg zu den Verliesen von Yarmouth Castle und dem Galgen? Sie musste es wissen, musste selbst sehen, was vor sich ging.
    Mit Mühe konnte sie einen gewundenen Pfad ausmachen, der steil hinunter zur Bucht zu führen schien. Hinter ihr herrschte lastende Stille. Sie stand vorsichtig auf und schaute über ihre Schulter. Die Männer am gedämpften Feuer bildeten einen Kreis und wandten ihr den Rücken zu. Schnell kletterte sie über den Klippenrand und auf den Pfad, der so steil war, dass sie auf dem feuchten Sand immer wieder ins Rutschen geriet und strauchelte. Dennoch gelang es ihr, sich auf den Füßen zu halten. Nun konnte sie die Brecher auf den Felsen viel deutlicher hören und vom Strand her gedämpftes Kampfgetümmel.
    Unten angelangt, blieb sie mit dem Rücken zur Klippenwand stehen und beobachtete den Kampf. Als sie einige Männer von der
Wind Dancer
erkannte, überkam sie eine sonderbare kalte Distanziertheit, sodass sie die im Sand liegenden reglosen Gestalten nicht mehr als menschliche Körper sah und das Gefühl bekam, von der Wirklichkeit isoliert zu sein. Als Männer auf den Pfad zu rannten, den sie eben heruntergeschliddert war, und im Laufen Musketen nach hinten abfeuerten, unternahm sie gar nicht den Versuch, sich zu verbergen. Sie flüchteten wild schreiend und überließen den Männern des Piraten die Bucht. Von Anthony war keine Spur zu sehen.
    Undeutlich registrierte sie, dass sie zitterte und dass ihre Zähne klapperten, doch hatte sie nicht das Gefühl zu frieren. Sie empfand gar nichts. Sie starrte hinaus aufs schwarze Wasser. Vor den Felsen waren zwei Boote zu erkennen, deren Ruderer offenbar aufeinander zuhielten. Dem Zusammenstoß folgte ein ohrenbetäubendes Splittern und ein Durcheinander lauter Schreie. Männer standen auf und schwangen Ruder als Waffen. Als eines der Boote kenterte, stürzte die Besatzung ins aufgewühlte Meer und wurde von der schwarzen Tiefe verschlungen.
    Und dann vernahm sie den lauten melancholischen Ton der Glockenboje, den der Sturm herantrug. Das siegreiche Ruderboot kämpfte sich nun zurück ans Ufer.
    Der Mann, der als Erster an Land sprang, war Anthony.
    Olivia gaffte die hoch gewachsene Gestalt an; sein aus dem Band gerissenes Haar umflatterte sein Gesicht; Hemd und Breeches klebten an ihm. Er war barfuß.
    Er bot einen herrlichen Anblick.
    Wie aus tiefem Schlaf erwachend, kam sie zu sich und lief seinen Namen rufend auf

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