Die Braut des Piraten
Ihr gespeist, Mylord?« Bisset, der im Hintergrund der Halle gewartet hatte, war vorgetreten.
»Nein, wir sind seit Tagesanbruch geritten. Bringt mir Brot und Käse in mein Arbeitszimmer … und Ale, wenn ich bitten darf.« Der Butler verbeugte sich, und Cato zog sich in sein Allerheiligstes zurück. Auf dem Schreibtisch lag ein kleiner Stapel versiegelter Dokumente, die seiner Rückkehr harrten. Er griff danach und überflog sie. Auf den meisten erkannte er die Handschrift sofort. Ein Schreiben von Cromwell, eines von Colonel Hammond, und das dritte vom Schlosshauptmann von Yarmouth Castle. Der letzte Brief aber zeigte eine Schrift, die ihm fremd war. Er drehte ihn um. Das Wachssiegel trug den Abdruck eines Wappens, das ihm ebenfalls unbekannt war. Er griff nach seinem Briefmesser, als die Tür geöffnet wurde.
»Da wären wir, Mylord.« Phoebe trat ein, auf einem Arm ein rundes, rosiges Baby, das an den Fingern seiner Grübchenhand lutschte. Einen kleinen Jungen in kurzen Röckchen führte sie an der freien Hand. Der kleine Earl of Grafton betrachtete seinen Vater ernst, als müsse er seinen nächsten Schritt überlegen, dann ließ er die mütterliche Hand los und lief mit fröhlichem Glucksen und hochgereckten Armchen auf Lord Granville zu.
Cato hob ihn hoch und schwang ihn durch die Luft. Der Kleine kreischte vor Entzücken und bot seinem Vater die Wange zum Kuss.
»Charles war hellwach und wie sein Bruder bester Laune.« Phoebe liebkoste mit den Lippen den Kopf des Babys. »Begrüße deinen Papa, Kleiner.«
Cato stellte seinen Sohn und Erben hin und griff nach dem Baby, wie es von ihm erwartet wurde. Der Kleine drehte und wand sich in seinen Armen, und es dauerte eine Weile, bis er das Gefühl hatte, ihn richtig zu halten.
Phoebe sah aufmerksam zu. Sie war entschlossen, dass Cato den Umgang mit seinen Kindern lernen sollte und verkniff sich ängstliche Ratschläge.
»Olivia sagte, dass sie bald herunterkommt.«
Cato nickte. Als der Kleine den väterlichen Finger packte, staunte Cato über die Stärke und Entschlossenheit. Er griff hinter sich auf den Schreibtisch und gab Nicholas sein großes Siegel. Das Kind knickte unter dem Gewicht förmlich ein und machte sich daran, es genau zu untersuchen.
Phoebe lächelte und schaute neugierig in Richtung der Briefe auf dem Schreibtisch. »Ist etwas Wichtiges darunter?«
»Sie sind noch nicht geöffnet. Einer kommt von einem Absender, den ich nicht kenne.« Er versuchte, seinen Finger wieder freizukriegen, aber Charles umklammerte diesen noch fester.
»War der Kampf schlimm?«
»Ein lästiger Zwischenfall, mehr nicht. Die Anhänger des Königs geben sich nicht so leicht geschlagen. Ich fürchte, es wird noch einen Versuch geben, Seine Majestät von der Insel zu entführen.«
Er blickte über den Kopf des Babys hinweg und lächelte leicht. »Das heißt, dass ich hier eng mit Colonel Hammond zusammenarbeiten muss. Sämtliche Anhänger des Königs auf der Insel gelten als verdächtig. Wenn du möchtest, könntest du mit Olivia die höfischen Anlässe besuchen, die in der Festung stattfinden. Der Colonel und seine Gemahlin sprachen für den heutigen Abend eine überaus herzliche Einladung aus. Sie würde euch vielleicht ein wenig Abwechslung verschaffen.«
Phoebe rümpfte die Nase. Sie hatte für das oberflächliche höfische Treiben weder Zeit noch Neigung und wusste, dass Olivia ebenso dachte wie sie.
»Ich glaube, sogar ein Dichter soll anwesend sein«, setzte Cato hinzu, dem ihre Miene nicht entging. Er wusste sehr wohl, wie zuwider ihr förmliche Anlässe waren. »Du wirst ihn eventuell unterhaltsam finden, obwohl ich ehrlich gesagt Mr. Johnson für keinen guten Dichter halte. Aber du könntest dich mit ihm über das Versmaß und die Verschiedenheiten von Prosa und Reim unterhalten.« Sein Lächeln fiel aufmunternd und ein wenig bittend aus.
Möglicherweise ein Anlass, der Olivia, wenn auch nur kurz, etwas aus ihrer Melancholie reißen könnte, dachte Phoebe bei sich. »Ja, natürlich. Ein Abend ist ja keine unzumutbare Härte.«
Cato lachte. »Ihr seid sehr gefällig, gnädigste Gemahlin.« Er übergab ihr das Baby. »Nachdem ich Olivia gesehen habe, werden wir die Barkers besuchen, denen ich meine Dankbarkeit in angemessener Weise bekunden möchte. Dann können wir diese unglückselige Sache vergessen.«
Wenn das nur so einfach wäre.
Olivia würde sehr lange brauchen, bis sie über die Begegnung mit dem Piraten hinweggekommen war, da mochte sie
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