Die Braut des Piraten
zuckte hilflos mit den Schultern. »Nichts … es ist ja nur ein Gefühl.«
Cato schien erleichtert. »Ich will sehen, was sich unauffällig machen lässt«, sagte er einverstanden und ging in sein Arbeitszimmer, in Gedanken wieder bei der Sache, die ihm vor allem zu schaffen machte. Irgendwo auf der Insel besaß jemand Informationen über einen Fluchtplan des Königs. Meist wussten seine Bewacher über die Affären des Königs fast früher Bescheid als Charles selbst. Umso rätselhafter war die lückenlose Geheimhaltung in diesem Fall.
Diese Sache war es, die ihn nach London geführt hatte. Cromwell hatte mit Nachdruck gefordert, den König in einen größere Sicherheit bietenden Kerker zu verlegen. Cato aber hatte gezögert, den König noch mehr Einschränkungen zu unterwerfen, ohne dass etwas Konkretes vorgelegen hätte. So war man übereingekommen, dass er nach Gutdünken und wie die Umstände es erforderten, die nötigen Entscheidungen treffen sollte. Gelang dem König tatsächlich die Flucht, lag die ganze Verantwortung bei Lord Granville. Eine drückende Bürde.
Olivia begab sich in den Salon, wo Phoebe und Portia inmitten der lärmenden Kinderschar saßen.
»Du bist gerade rechtzeitig eingetroffen«, flüsterte Phoebe sofort. »Cato kam bei Tagesanbruch zurück.«
»Und ich schlief sicher in meinem Bett«, sagte Olivia. »Danke für … nun, ihr wisst, was ich meine.«
»Der Ring war eine gute Idee … nachdem wir entschieden, dass es sich um keinen Hilfeschrei handelte«, murmelte Phoebe und suchte in der Tasche nach Olivias geflochtenem Reif.
Olivia nahm ihn entgegen. »Ihr habt doch hoffentlich nicht geglaubt…«
»Natürlich nicht«, antwortete Portia, mit raschem Lächeln von einem Spielzeugsoldaten aufblickend, dessen gebrochenes Bein sie für ihren ungeduldig wartenden Sohn reparierte. »Phoebe scherzt nur.«
Olivia brachte ein halbes Lächeln zu Stande. »Mein Vater erzählte, ihr hättet die Absicht, zur Audienz des Königs zu fahren.«
»Ja, mein Mann fehlt mir«, schmunzelte Portia.
»Kommst du mit uns, Olivia?«, fragte Phoebe.
Sollte sie gehen?
Sie hatte die Frage nicht zu Ende gedacht, als sie sich schon sagen hörte: »Ja, vielleicht.«
In Phoebes blauen Augen schimmerte Mitgefühl. »Es wäre eine Ablenkung für dich, Liebes. Ich will ja nicht in dich dringen, aber du wirkst so traurig. Lief nicht alles nach Wunsch?«
»Doch, aber ich stelle mich einfach der Realität, das ist alles.« Olivia hob ihren kleinen Halbbruder hoch. »Na, Mylord Grafton, wie geht es uns an diesem schönen Morgen?«
Mit Augen, so dunkel wie ihre, betrachtete das Kind sie ernsthaft. Dann warf es den Kopf zurück und quietschte vor Lachen, als hätte sie etwas unbeschreiblich Lustiges gesagt.
»Er hat einen wundervollen Sinn für Humor«, stellte Phoebe stolz fest, einen Moment von ihrer Sorge um Olivia abgelenkt.
Olivia musste selbst lachen, als sie das außer Rand und Band geratene Kind seiner liebevollen Mutter zurückgab. »Ich wünschte, er könnte uns sagen, was er so komisch findet.« Sie spürte Portias prüfenden Blick auf sich und bückte sich hastig, um Juno zu streicheln.
»Ihr kegelt doch, Mr. Caxton?« König Charles drehte der Fensternische im Gemach über der großen Halle den Rücken und sah seinen Besucher unter schweren Lidern hervor an.
»Nicht sehr eifrig, Sire.« Anthony stand neben dem leeren Kamin. Ein mit Seide umhüllter Arm ruhte auf dem verzierten Kaminsims. Etwa zehn Herren weilten zur Audienz beim König. Colonel Hammond stand neben der Tür. Seine Haltung war wachsam, und sein Blick wanderte durch den Raum, als erwarte er, der König würde sich plötzlich in Luft auflösen.
»Hammond, mein Freund, Ihr scheint beunruhigt«, bemerkte der König halblaut. »Schon seit geraumer Zeit spüre ich Eure Nervosität. Was bekümmert Euch?«
Der Festungskommandant zügelte seinen Arger nur mühsam. Falls es einen Entführungsplan gab, wusste Seine Allerhöchste Majestät genau, was seinem Bewacher zu schaffen machte.
»Ich bin mir keiner Beunruhigung bewusst, Euer Majestät.«
»Das freut mich zu hören«, erwiderte der König huldvoll. »Aber nun möchte ich kegeln. Mr. Caxton, zeigt, was Ihr könnt.«
Anthony verbeugte sich tief, und Godfrey Channing sprang auf, um die Tür zu öffnen. Die kleine Gruppe folgte ihrem Souverän die Treppe hinunter und in den Hof.
»Kommt mit, Mr. Caxton.« Der König winkte Anthony an seine Seite und nahm seinen Arm. »Berichtet mir etwas
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