Die Braut des Piraten
Schulter. »Hammond, heute habe ich genug vom Kegeln. Mr. Caxton, Euren Arm, bitte.«
Anthony gehorchte.
Dieser habgierige, gefährliche und feige Dummkopf hatte also die Absicht, um Olivia zu werben.
Seine Miene verriet nichts, als er mit dem König zurück zur Ausfallpforte schlenderte und die matte Konversation seines Souveräns mit dem stetigen Fluss schmeichelhafter Antworten begleitete.
Wieder in der großen Halle, in der eine lange Banketttafel gedeckt worden war, wurde Anthony vom König entlassen und wich von seiner Seite.
Als die Gäste ihre Plätze auf den langen Bänken an der Tafel einnahmen, bahnte Godfrey Channing sich zielbewusst den Weg zu Olivia und ihren zwei Freundinnen. Rufus und Cato waren nirgends zu sehen. Anthony querte den Raum, einzig von dem Gedanken erfüllt, Godfrey Channing zuvorzukommen.
»Lady Olivia, darf ich Euch zu Tisch geleiten?«
Sie drehte sich um und hatte momentan ihre Miene nicht in der Gewalt. Ihr Blick, in dem sich ein Durcheinander ängstlicher Fragen spiegelte, flog zu Anthonys Gesicht.
»Keine Angst«, murmelte er, instinktiv ihre Angst und Verwirrung erfassend.
Sie wollte ihm glauben. Wollte glauben, dass er sie vor Godfrey Channing beschützen würde, vor sich selbst und vor allem vor
ihr
selbst. Aber wie konnte er sie vor diesem wirren Gespinst von Trug und Träumen schützen, wenn er es doch selbst gesponnen hatte? Wenn er nur ein anderer gewesen wäre, einer, der nicht tat, was er tat. Aber was sollte sie mit einem anderen, wenn just dies der Mann war, den sie wollte?
Unwillkürlich wollte sie die Hand nach ihm ausstrecken und ließ es sein. »Ich habe keine Angst«, behauptete sie kühl und wandte sich wieder ihren Freundinnen zu.
Anthony ging sofort weiter. Warum hatte sie seine Begleitung abgelehnt? Zuweilen war sie ihm unbegreiflich. Er begründete ihr Verhalten damit, dass sie sein Spiel mitmachte und sich von ihm aus Gründen der Sicherheit fern hielt. Er versuchte es sich einzureden, ohne es tatsächlich zu glauben. In ihren Augen hatte so viel Kummer gelegen. Ob dieser mit Channings öffentlich geäußerter Werbung zusammenhing?
Anthonys Mund verhärtete sich. Wie sollte er Channing entgegentreten, ohne seine Tarnung preiszugeben?
Godfrey Channing näherte sich den drei Damen, als sie die Tafel erreichten. »Meine Damen, erlaubt mir, Euch an den Kopf der Tafel zu geleiten.« Er sprach alle drei an, sein Blick aber galt Olivia.
»Mit Vergnügen, Sir«, sagte Portia und nahm seinen Arm, ehe Olivia eine Bewegung tun konnte. »Unsere Ehemänner scheinen uns im Stich zu lassen.«
»Lady Olivia …« Godfrey bot ihr den freien Arm.
»Olivia kann meinen Arm nehmen, und Ihr geleitet Lady Granville«, entschied Portia. »In Fragen der Etikette sind wir sehr strikt, und verheirateten Damen gebührt Vorrang.«
Phoebe, die an sich halten musste, um über diese Absurdität nicht laut zu lachen, reagierte prompt auf das Stichwort, sodass Godfrey nichts anderes übrig blieb, als sich den Tatsachen zu beugen.
Cato und Rufus erwarteten ihre Gemahlinnen schon am Kopf der Tafel. Cato sah Olivias angespannten Blick, als sie an Phoebes Arm näher kam. »Komm und setz dich neben mich, Olivia«, bat er und nahm ihre Hand, um sie neben sich auf die Bank zu ziehen.
»Wenn Lady Olivia mir gestattet …« Godfrey nahm blitzschnell auf der anderen Seite neben ihr Platz.
Olivia saß stocksteif da. Ihr Blick schoss die Tafel entlang zu Anthony, der müßig mit seinem Weinkelch spielte. Er sah sie nur einmal an und widmete sich dann seinem Tischnachbarn.
Godfrey legte eine Scheibe Schwanenbraten auf Olivias Teller. »Erlaubt, dass ich Euch bediene, Mylady … in allen Belangen. Ich bin stets und ganz und gar zu Euren Diensten.« Sein schmaler Mund lächelte viel sagend, seine kalten Augen taxierten sie voller Verlangen.
Olivia sagte halblaut: »Verzeiht, Lord Channing, aber ich bin an Heirat nicht interessiert. Mein Vater weiß es. Meine Studien lassen mir keine Zeit für die Ehe.«
»Ich bin sicher, dass Eure Gefühle noch nicht gebunden sind«, wandte er in plötzlich scharfem Ton ein und umklammerte sein Trinkgefäß fester.
Olivia schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Dann darf ich zumindest hoffen«, erwiderte er, wieder lächelnd. Er berührte ihre Hand, als sie nach ihrem Messer griff. »Bei der Lektüre von Catulls Lyrik stieß ich auf eine Passage, die ich ein wenig verwirrend fand. Vielleicht könnt Ihr mir weiterhelfen.«
»Verzeiht, aber Catull gehört
Weitere Kostenlose Bücher