Die Braut des Ritters
könne, an die er vertraglich gebunden sei.“
Diamanda verzog das Gesicht. „Ich denke, ich habe dich gehasst, sobald ich das erfahren hatte, obwohl ich dich gar nicht kannte. Du hast mir Paen gestohlen - so jedenfalls habe ich es zunächst gesehen“, meinte sie bekümmert, ehe sie schief lächelnd hinzufügte: „Und als ich dich dann sah, habe ich dich erst recht gehasst.“
„Aber wieso?“, fragte Avelyn fassungslos.
„Weil du so schön und freundlich warst und ...“ Sie brach ab und legte die Stirn in Falten, weil Avelyn unfroh auflachte.
„Diamanda, ich bin nicht schön.“
„Oh doch, das bist du“, erwiderte diese ernst. „Du bist vielleicht nicht gertenschlank, aber schön bist du allemal.“
Avelyn bedachte sie mit einem zweifelnden Blick. „Wie dem auch sei“, meinte Diamanda und setzte ihre Erzählung fort. „Auf dem Weg von Straughton nach Hargrove hast du mir die Tunika und das Beinkleid gezeigt, die Sachen, die du für Paen begonnen hattest. Das hat mich wütend gemacht. Sie waren wirklich fein, und es war so umsichtig von dir, ihm Kleider zu nähen. Warum ist mir dieser Einfall nicht gekommen? habe ich gedacht. Doch selbst wenn, wären mir die Kleider niemals so gut gelungen wie dir. Als ich also sah, dass du fast fertig warst und sie Paen bald überreichen würdest, verlor ich den Kopf.“ Sie atmete tief durch. „Während Paen mit dir zum Fluss gegangen ist, habe ich mich ins Zelt gestohlen und Felle und Näharbeit in Brand gesteckt.“
Avelyn seufzte. „Dann habe ich die Kerze also doch ausgeblasen“, murmelte sie, und Diamanda nickte.
Der Bratengeruch an der zweiten Garnitur kam Avelyn in den Sinn. „Und die zweite Tunika hast du mit Schweinefleisch eingerieben und den Hunden vorgeworfen.“ Diamanda schnitt eine Grimasse. „Das zumindest war der Plan, doch die Tiere sind zu gut erzogen und waren nicht dazu zu bewegen, sich darüber herzumachen. Also musste ich die Tunika selbst zerfetzen und habe sie anschließend bei den Hunden gelassen, damit man ihnen die Schuld gibt.“ Sie seufzte unglücklich. „Jetzt fühle ich mich schrecklich deswegen, Avy. Als wir hierher nach Rumsfeld kamen, habe ich nämlich angefangen, dich zu mögen. Ich habe mich erst gewehrt, konnte aber gar nichts dagegen tun. Mir ist aufgegangen, dass du Paen wirklich magst, und Paen mag dich. Ihr passt hervorragend zusammen. Ich weiß: Was ich getan habe, war falsch, und es tut mir von Herzen leid, dass ich dir wehgetan und so zugesetzt habe. Ich hoffe nur, du kannst mir vergeben. “ Verwirrt betrachtete Avelyn sie. „Aber was ist mit der Mauer, Diamanda?“
„Mit der Mauer?“ Nun war es an Diamanda, verwirrt dreinzublicken.
„Ich habe dich auf dem Wehrgang gesehen“, sagte Avelyn.
„Wann? Oh, heute, meinst du?“ Sie schien aufrichtig ahnungslos. „Aye, ich war dort oben, um nachzudenken. Ich bin Paen über den Weg gelaufen, als er gerade Proviant für euren Ausflug einpackte, und er hat sich so viele Gedanken gemacht und so große Mühe gegeben damit... Es war nur ein weiterer Beweis dafür, wie sehr er dich liebt. Wusstest du, dass er die Männer angewiesen hat, dir Komplimente zu machen, um den Schaden wiedergutzumachen, den deine Cousins und deine Cousine mit ihren Schmähungen angerichtet haben? Er liebt dich, Avelyn, und das nach nur wenigen Wochen - wohingegen er mich seit Jahren kennt und nie mehr in mir gesehen hat als die kleine Schwester.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich denke, erst heute habe ich tatsächlich begriffen, dass er dich liebt. Aus diesem Grund begab ich zum Wehrgang hinauf. Ich wollte allein sein. Wie ich so dahinging, habe ich Stimmen gehört und bin stehen geblieben, um hinunterzuschauen. Ich habe dich und David gesehen, wusste aber nicht, dass ihr mich auch bemerkt habt.“
Avelyn lehnte sich zurück. Sie war sicher, dass Diamanda die Wahrheit sagte. Sie wirkte so arglos und verstört, dass es unmöglich geheuchelt sein konnte. Diamanda hatte wirklich keine Ahnung, welche Bedeutung es hatte, dass sie auf dem Wehrgang gewesen war. Sie wusste nicht, dass Avelyn und David nur wenige Augenblicke zuvor fast von einem Stein erschlagen worden wären. Dessen war Avelyn gewiss.
Womöglich handelte es sich bei dem fallenden Stein tatsächlich nur um einen Unfall, überlegte sie, wenig überzeugt von ihrem eigenen Gedanken. Aber wer hatte sie niedergeschlagen und durch das Loch im Fußboden gestoßen?
„Du musst mich hassen“, klagte Diamanda betrübt.
Avelyn
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