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Die Braut des Ritters

Titel: Die Braut des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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verzweifelt, während sie zur Treppe gingen - so als wolle sie ihre Tochter nie wieder loslassen. Avelyn schwante, dass die kommende Stunde die schwerste ihres Lebens werden würde. Sie würde ihre Mutter, ihren Vater und ihren Bruder verlassen - jeden, den sie je gekannt und geliebt hatte. Sie würde ihrem Gemahl, den sie kaum kannte, quer durch England zu einem neuen Zuhause folgen - an einen Ort voller Fremder. Nie hätte Avelyn gedacht, dass es so schwer und schmerzlich sein würde, erwachsen zu werden. Männer, so schien es ihr, hatten es da leichter. Warin würde seine Braut zu gegebener Zeit hierher nach Straughton Castle holen. Niemand würde von ihm erwarten, dass er sich anderswo eine neue Heimstatt schuf. Gerecht war das nicht, fand sie.

6. Kapitel
    Bitte, Paen, so fahr doch auf dem Wagen mit. Du wirst dir deine Hände nur noch mehr ruinieren, wenn du ... “
    „Ich werde mich ganz gewiss nicht auf dem Karren verkriechen wie ein altes Weib oder ein kranker Säugling. Außerdem ist dort vor lauter Kammerfrauen und Gerümpel gar kein Platz mehr. Wie es aussieht, nimmt meine Gemahlin nämlich halb Straughton Castle mit.“ Avelyn und ihre Mutter verharrten am Fuße der Treppe vor dem Wohnturm und tauschten einen unfrohen Blick. Sie hatten gesehen, wie Paen sich ungeachtet seiner Verletzungen in den Sattel gezogen hatte. Nun waren sie nah genug, um die Folgen seiner Selbstmarter zu erkennen. Paen war kränklich blass, und Schweiß stand ihm auf Stirn und Oberlippe. Hätte er vor Schmerz geschrien, hätte das kaum deutlicher von seiner Tortur gekündet.
    Dennoch saß er kerzengerade zu Pferd, wobei allein der Stolz ihn aufrecht hielt, während er versuchte, sich die Zügel um die lädierten Hände zu schlingen.
    Seine Mutter gab es auf, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, und gesellte sich zu Avelyn und deren Mutter. Die Sorge hatte ihr Gesicht mit tiefen Furchen gezeichnet. „Dieser närrische Stolz wird ihm mehr Leid zufügen, als das Feuer es vermocht hat“, sagte sie.
    Avelyn biss sich auf die Lippe und nickte. Sie betrachtete die finstere Miene ihres Gemahls und überlegte, was zu tun sei. Ihre Mutter hatte in ihrer Tochter keine einfältige Närrin großgezogen. Avelyn kam nach ihrer Mutter - einer äußerst scharfsinnigen Frau - und hatte alles,  was diese ihr beibrachte, sorgsam verinnerlicht. Und Margeria Straughton hatte ihr nicht nur vermittelt, wie man einen Haushalt führte und mit dem Gesinde umging, sondern es auch für wichtig erachtet, ihr zu zeigen, wie man das Mannsvolk lenkte. Inhalt der ersten Lektion war gewesen, dass Männer die starrköpfigsten, widerspenstigsten, selbstgefälligsten Kreaturen waren, die Gott erschaffen hatte, und dass eine Frau gescheit und geistesgegenwärtig sein musste, um sie davon abzuhalten, sich durch ihren Hochmut selbst ins Grab zu bringen.
    Und die gegenwärtige Szene, entschied Avelyn, war ein anschauliches Beispiel für besagte Lektion ihrer Mutter. Sie zweifelte nicht im Mindesten daran, dass ihr Gemahl darauf beharren würde, die Reise trotz seiner Verletzungen anzutreten, und lieber Wundbrand und Tod riskierte, als sich auch nur eine Blöße zu geben. Das Zusammenleben mit Vater und Bruder hatte sie gelehrt, dass Männer durchaus zu derart törichtem Verhalten neigten.
    „Vater, könntet... könntet Ihr mir vielleicht helfen?“, murmelte Paen, der immer noch mit den Zügeln rang.
    Als Avelyn hörte, wie er seinen Vater bat, ihm die Lederriemen um die Hände zu wickeln, damit er sein Pferd würde lenken können, beschloss sie, dass dies eine der Gelegenheiten war, da eine kluge Gemahlin ihren Mann vor seinem eigenen Stolz bewahren musste.
    „Herrje!“, rief sie aus, während sie raschen Schritts neben ihren Schwiegervater trat und ihn so davon abhielt, der Bitte seines Sohns nachzukommen.
    „Herrje?“ Wimarc Gerville bedachte sie mit einem verstörten Blick. Paen selbst beäugte sie lediglich argwöhnisch.
    „Herrje was?“, fragte er schließlich auch, recht grimmig, nachdem Avelyn keine Antwort gegeben hatte.
    Avelyn schaute zu ihrem Gemahl auf, schlug mit den Wimpern und rang sich ein unsicheres Lächeln ab. „Ich fürchte, ich kann nicht reiten.“
    „Was?“ Beide Männer starrten sie ungläubig an.
    Sie zuckte leicht mit den Schultern. „Ich musste es nicht können, denn ich habe Straughton nie verlassen. Eigentlich wollte ich auf dem Wagen mitreisen, doch ich habe ja nicht geahnt, wie viele Sachen meine Mutter mir mit auf den Weg

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