Die Braut des Ritters
geben würde.“
Paen musterte seine junge Frau. Ihr Gesicht war jugendlich frisch. Sie hatte rosige Wangen und lächelte ihn an. Ein Frühlingstag hätte nicht lieblicher sein können, und trotzdem erwies sie sich immer wieder als vollkommen hilfloses Wesen. Sie war bei ihrer eigenen Trauung in Ohnmacht gefallen, war so ungeschickt gewesen, in der Hochzeitsnacht einen Brand zu entfesseln - und nun stellte sich auch noch heraus, dass sie nicht reiten konnte. Alles deutete darauf hin, dass Avelyn Straughton nicht die starke, tüchtige Braut war, die er sich gewünscht hatte.
Er schaute seinen Vater an, dessen Blick jedoch auf die Frauen bei der Treppe gerichtet war. Paens Mutter sah besorgt aus, die Mutter seiner Braut hingegen wirkte verwirrt. Ehe Paen sich darauf einen Reim machen konnte, forderte Avelyn erneut seine Aufmerksamkeit. „Vielleicht könntet Ihr mir ja das Reiten beibringen?“, schlug sie vor.
Paen bemerkte, dass Lady Straughtons Verwirrung ob dieses Vorschlags wie fortgewischt schien, konnte aber auch darüber nicht lange nachdenken, da seine Mutter plötzlich vorstürmte und ihn anstrahlte.
„Also, was für eine großartige Idee! Ihr werdet Euch zu Paen aufs Pferd setzen, Avelyn, und er wird Euch das Reiten beibringen. Wenige Tage sollten genügen. Wenn wir auf Gerville ankommen, werdet Ihr längst eine erstklassige Reiterin sein. Wunderbar!“
Paen rutschte unbehaglich im Sattel hin und her. Er wurde das Gefühl nicht los, dass ihm etwas entgangen war. Alle hier schienen so verflixt zufrieden, dass er sicher war, etwas sei faul, ohne aber sagen zu können, was. Er grübelte noch stirnrunzelnd darüber nach, als seine Gemahlin ihren Bruder bei der Hand nahm und vorwärtszerrte. „Komm, hilf mir beim Aufsitzen, Warin.“
„Ich kann Euch doch helfen beim Aufsi...“ Paens verstummte. Ohnehin kam der Einwand zu spät - Warin hatte seine Schwester bereits vor ihn aufs Pferd gehoben.
Avelyn wandte den Kopf und lächelte Paen über die Schulter hinweg so betörend an, dass sein Verdacht, etwas stimme hier nicht, umso stärker wurde. Er wischte die Bedenken aber beiseite und brummte verhalten einiges über Frauen im Allgemeinen und Eheweiber im Besonderen, ehe er an seinem eigenen Eheweib vorbei nach den Zügeln greifen wollte. Avelyn kam ihm zuvor. „Sollte ich nicht die Zügel halten, wenn ich reiten lernen soll?“, fragte sie arglos.
Paen zögerte, nur ungern bereit, die Kontrolle über sein Pferd in andere Hände zu legen, gab jedoch seufzend nach. „Also gut.“
Als sie ihn daraufhin abermals anstrahlte, fühlte er sich keineswegs besser. Fast widerwillig schlang er ihr die Arme um die Taille, spürte, wie Avelyn sich an ihn schmiegte, und argwöhnte, dass die Heimreise nach Gerville ihm ungemein lang Vorkommen werde.
Avelyn war hochzufrieden mit sich. Endlich hatte sie das Gefühl, zur Abwechslung einmal etwas richtig gemacht zu haben in ihrer Funktion als Gemahlin. Sie mochte Trauzeremonie, Festmahl und Hochzeitsnacht verpfuscht haben, doch hier und heute hatte sie sich bewährt. Sie hatte ihren Gemahl überlistet und ihn dadurch bewogen, seine Hände zu schonen.
Sie runzelte unmutig die Stirn, als ihr aufging, wofür sie sich da brüstete. Großer Gott, sie war stolz darauf, ihren Gemahl übertölpelt zu haben - stolz darauf, ihm durch gerissene Lügen weisgemacht zu haben, sie könne nicht reiten, damit sie einen Vorwand hatte, sich zu ihm aufs Pferd zu setzen und die Zügel zu führen. Wahrlich, welch ein trauriger Tag, entschied sie und seufzte schwer. Ihre Mutter legte ihr eine Hand aufs Knie, und Avelyn sah hinab.
„Du wirst deine Sache schon gut machen, Tochter“, sagte ihre Mutter nachdrücklich, als könne sie Avelyns Gedankenlesen. Sie drückte Avelyn das Knie. „Wir lieben dich und werden dich bald besuchen kommen.“
Avelyn spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie versuchte sie zurückzudrängen, doch vergeblich. Sie würde Straughton verlassen, das einzige Heim, das sie je gekannt hatte, um mit einem Mann, der im Grunde ein Fremder für sie war, ins Unbekannte aufzubrechen. Es war ein Schritt, der sie ängstigte - ängstigte und schmerzte.
„Ich liebe euch auch, dich und Papa“, sagte sie leise und war erleichtert, als Paen ein Lebewohl brummte und seinem Pferd die Schenkel in die Seiten drückte, sodass es sich in Bewegung setzte. Avelyn blinzelte die Tränen fort, fasste die Zügel fester und lenkte das Tier hinaus aus dem Burghof von Straughton
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