Die Braut des Ritters
einherschritten. Was sie allerdings verblüffte, war der Umstand, dass sich auch die Kammerfrauen, die hinter den beiden auftauchten, steif bewegten. Offenbar war der Wagen nicht bequemer als der Sattel.
„Lord Gerville lässt zunächst die Zelte aufbauen, damit wir sie herrichten können. Danach werden sich die Männer um die übrigen Aufgaben kümmern“, verkündete Diamanda und ließ sich auf Lady Gervilles anderer Seite auf den Baumstamm plumpsen.
Lady Gerville nahm die Worte murmelnd zur Kenntnis, während Lady Helen sich neben ihre Nichte setzte. Schweigend sahen sie zu, wie die Männer Zeltplanen hervorholten und das schwere Tuch ausrollten. Es waren zwei Zelte, ein größeres und ein kleineres. Avelyn wusste, dass ein Reisezeit purer Luxus war. Dass sie gleich mit zweien reisten, wies darauf hin, dass ihr Gemahl und seine Familie sehr wohlhabend waren. Das war schön und gut, aber augenblicklich hatte Avelyn keine Muße, diese Tatsache zu würdigen, denn ihr machte ein ernstes und ziemlich dringendes Problem zu schaffen. Sie musste sich erleichtern, schämte sich aber, dies zur Sprache zu bringen. Frauen wurden nicht gerade dazu angehalten, über derlei Körpervorgänge zu reden. Avelyn hatte sich bemüht, das Bedürfnis zu verdrängen, doch inzwischen ließ es sich nicht länger unterdrücken.
Als sie schon dachte, sie werde platzen, tauchte plötzlich ein Paar Beine vor ihr auf. Sie hob den Blick und erkannte ihren Gemahl. Sowohl freudig als auch fragend sah sie ihn an.
„Das Zelt steht“, sagte er und hielt ihr eine Hand hin, um ihr aufzuhelfen.
Avelyn zögerte, übersah die verbundene Hand und kam mühsam allein auf die Füße. Als er die Stirn runzelte,' weil sie seine Hilfe ausgeschlagen hatte, um seine Hand zu schonen, seufzte sie. Paen tat so, als sei er gar nicht verletzt, und hieß es offenbar nicht gut, dass sie dabei nicht mitmachte.
Kopfschüttelnd hakte sie sich bei ihm unter und lauschte ihm, während er sie über die Lichtung zu dem größeren der beiden Zelte führte.
„Dies ist unser Zelt“, erklärte er, was sie verblüffte. „Ich habe zwei Männer angewiesen abzuladen, was immer Ihr braucht, um es einzurichten. Sie sind gerade dabei, alles für das Schlaflager zu holen. Wenn Ihr darüber hinaus noch etwas haben wollt, so sagt es ihnen einfach.“
„Aye, Mylord“, murmelte Avelyn. Sie blickte flüchtig zurück und sah erleichtert, dass Runilda ihr folgte, denn sie hatte keine Ahnung, wie man ein Zelt einrichtete. Sie bezweifelte, dass Runilda es besser wusste, aber gemeinsam würden sie es vielleicht schaffen.
„Schwebt Euch für die Liegestatt ein bestimmter Platz vor?“, fragte Avelyn, als Paen ihr die Zeltklappe aufhielt. Sie löste sich von seinem Arm und trat vor ihm ein.
Er zuckte mit den Schultern. „Die Ecke dort hinten rechts sollte es tun“, erwiderte er. „Gibt es sonst noch etwas? Wenn nicht, werde ich jetzt den anderen helfen.“
„Aye." Avelyn spürte, wie Röte ihre Wangen hinaufkroch. Sie starrte angelegentlich in den Winkel, auf den Paen gewiesen hatte. „Ich müsste mal auf den Abtritt, Mylord. Und ein Bad nach der staubigen Reise heute täte gewiss gut.“ Da der peinliche Teil ihres Ansinnens heraus war, wandte sie sich zur Zeltklappe um. „Mir ist klar, dass beides hier außer Frage steht, doch ... “ Ihre Stimme erstarb, als ihr auf ging, dass Paen nicht länger im Eingang stand.
Stirnrunzelnd trat sie an die Klappe und sah hinaus. Ihr Gemahl war groß und überragte die meisten Männer um gut einen Kopf. Daher hatte sie ihn rasch erspäht. Verwirrt stellte sie fest, dass er auf der anderen Seite des Lagers war und sich in offenbar ernstem Ton mit seinen Eltern unterhielt.
„Abtritt? Sie hat wahrhaftig nach einem Abtritt und einem Bad verlangt?“ Wimarc Gerville teilte das Entsetzen, das seinem Sohn ins Gesicht geschrieben stand.
„Aye. Also, was soll ich tun? Soll ich die Männer ein Loch schaufeln lassen und ... “
„Und was?“, fiel sein Vater ihm ins Wort. „Dann das Zelt darüberstülpen? Herr im Himmel! “ Er schüttelte den Kopf beim bloßen Gedanken daran.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie von dir erwartet, ein Loch zu graben, Paen“, warf seine Mutter eine Spur gereizt ein. „Wenn Avelyn sich jetzt erleichtern muss, wird sie kaum bereit oder nur in der Lage sein, stundenlang zu warten, bis die Männer ihr einen Abort ausgehoben haben. Bestimmt wollte sie nur wissen, wie sie diese Angelegenheit hier draußen
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