Die Braut des Shawnee-Kriegers
Richtung des Flusses. Ihre Freundin und sie hatten ihre Blutung am selben Tag wie Clarissa beendet, und jetzt tollten sie umher wie junge Hunde, froh, wieder draußen zu sein.
Als Clarissa zögernd in das helle Sonnenlicht blinzelte, berührte auch das andere Mädchen ihr Handgelenk und forderte sie auf mitzukommen. " Peh-eh-wah!" drängte sie. "Wir wollen baden gehen." Mit der freien Hand machte sie eine Schwimmbewegung. "Komm!"
Clarissa dachte an das kalte, schlammige Wasser des Flusses. Sie erinnerte sich an das schreckliche Gefühl, ertrinken zu müssen, an die Hilflosigkeit, und sie geriet fast in Panik. Nur die Aussicht, endlich wieder sauber zu sein, ließ sie den Mädchen zögernd folgen. Sie kam zu dem Schluss, dass Ertrinken jedenfalls besser war, als sich weiter so schmutzig zu fühlen.
Die Mädchen waren in einen schmalen Pfad eingebogen, der von zahllosen Mokassins ausgetreten war. Ihre kleinen Brüste hüpften unter den Lederblusen, als sie hintereinander den Weg entlangliefen, und die Sonne malte das Muster der Blätter auf ihre kupferfarbene Haut. Clarissa stolperte hinter ihnen her und raffte ihre zerlumpten Röcke. Wie es wohl sein mochte, so frei herumzulaufen, wenn die frische Morgenbrise die nackten Beine streichelte?
Was für eine absurde Vorstellung! rief sie sich streng zur Ordnung. Sie war eine zivilisierte Frau, keine Wilde, und sobald sie eine Möglichkeit zur Flucht erhielt, würde sie diesen barbarischen Ort für immer verlassen. Bis dahin war sie es sich selbst schuldig, ihre Würde wenigstens teilweise zu wahren, und das schloss gewiss nicht ein, halb nackt vor aller Welt herumzulaufen!
Als sie durch die knospenden Bäume hinabsah, entdeckte sie den Platz, wo sie offenbar baden gehen wollten. Es war nicht der Fluss, sondern ein tiefer, klarer Teich, der von Felsen umgeben war und von einer Quelle gespeist wurde, deren Wasser über die Steine herabschäumte. Am Rand hatten sich Farne und Moos angesiedelt, gesprenkelt mit dicken Büscheln blauer Blumen, die wie Vergissmeinnicht aussahen. Noch nie hatte Clarissa etwas so Wunderschönes gesehen.
Jauchzend vor schierer Lebenslust rannten die beiden Mädchen den Weg entlang zu einem der höheren Felsen. An dessen Rande streiften sie ihre Mokassins ab, zogen die Blusen aus und sprangen mit einem Freudenschrei hinunter in das Wasser.
Clarissa, die ein wenig zurückgefallen war, hörte das doppelte Aufklatschen. Atemlos erreichte sie die Stelle, wo ihre Begleiterinnen verschwunden waren, und spähte neugierig hinab. Gute sechs Meter tiefer entdeckte sie die Mädchen, die wie schlanke junge Otter im Kreis herumschwammen.
" Peh-eh-wah!" riefen sie und winkten zu ihr herauf. "Komm! Zieh dich aus und spring!"
Clarissa wich zurück. Sie fürchtete sich und kam sich gleichzeitig vor wie eine Närrin. Das Wasser schimmerte kalt im Licht. Schlimmer noch, sie konnte den Grund nicht sehen. Springen kam nicht infrage. Da entdeckte sie einen schmalen Weg, der sich zwischen den Felsen hinabwand und zum Ufer führte. Während die Mädchen im Wasser herumtollten, lief Clarissa den Pfad entlang, bis sie am Rand des Teiches im Sand stand.
Zögernd steckte sie einen Zeh ins Wasser. Sie holte tief Luft, denn der Teich war noch kälter als der Fluss, und allein die Vorstellung, dieses eisige Wasser auf ihrer Haut zu spüren …
Doch dann riss sie sich zusammen. Sie war bestimmt kein Feigling! Sie, Clarissa Rogers, die den Spießrutenlauf überlebt hatte, hatte keine Angst vor einer Pfütze kalten Wassers!
Sie beschloss, zunächst einmal ihr Kleid auszuwaschen, und begann, die noch verbliebenen Knöpfe zu öffnen. Dann würde sie – sittsam in Unterwäsche – ein schönes, kaltes Bad im Teich nehmen.
Die Mädchen schauten herüber und sahen zu, wie sie das lädierte Kleid auszog, sich an den Teichrand hockte und es auf einem Stein zu waschen begann. Sie paddelten nur leicht mit den Händen, während sie sich auf dem klaren Wasser treiben ließen, und zeigten überhaupt keine Furcht. Wie leicht es aussah bei ihnen, als wären sie im Wasser geboren.
Clarissa breitete ihr Kleid zum Trocknen aus und stieg dann mit angehaltenem Atem vorsichtig ins Wasser.
Kichernd beobachteten die Mädchen, wie sie zähneklappernd und sehr zögerlich in den Teich watete, wobei das eisige Wasser Zentimeter für Zentimeter an ihren Beinen emporstieg. Clarissa bemerkte ihre übermütigen, mutwilligen Blicke, dachte sich aber nichts dabei, bis die beiden kupferfarbenen
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