Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
Münzen waren ihr gesamtes Hab und Gut. Osman trug
es ständig bei sich, wo sollten sie auch hin damit. »Gut, du kannst wieder
gehen. Vergnüg dich von mir aus weiter.«
»Danke, Herr«, entgegnete Osman und
verbeugte sich artig, wieder ohne eine Miene zu verziehen. Robert musste sich
ein Grinsen verkneifen.
Die Alte leckte sich derweil unbewusst über
die Lippen. Wenn sie etwas wusste, dann würde sie es nun sicherlich sagen.
»Kommt mit rüber in
den Stall, ich will sehen, was ich für Euch tun kann«, sagte sie und zog Robert
an der Hand hinter sich her. Sie gaben schon ein seltsames Paar ab – ein Riese
im besten Mannesalter und eine pummelige Alte, die ihm gerade einmal bis zur
Brust reichte. So brach dann auch die restliche Gesellschaft hinter ihnen in
ein herzhaftes Gelächter aus, als sie beide Hand in Hand davoneilten, freilich
in Verkennung der wahren Absichten.
Sie setzten sich dicht an dicht auf einen
Ballen Stroh.
»Also eine Rothaarige sucht Ihr?«, fragte
sie und drängte sich immer dichter an ihn heran. Erst jetzt, ganz aus der Nähe,
konnte Robert erahnen, dass sie mal eine sehr schöne Frau gewesen sein musste.
Er war zuerst irritiert, entsann sich jedoch, die Gesuchte als Füchsin
bezeichnet zu haben. Allerdings dachte er dabei nicht ausschließlich an rote
Haare, sondern auch zu einem gehörigen Teil an die Durchtriebenheit, die man
Füchsen gemeinhin nachsagte.
»In der Tat, ihr Haar leuchtet geradezu wie
Kupfer. Lockig ist’s und es reicht ihr weit hinunter, fast bis an die Hüften.
Einen Monat schon hält sie sich in Goslar auf. Sie ist schlank, noch recht jung
und geht mir ungefähr bis hier«, sagte Robert, stand auf und hielt seine
Handkante an sein Kinn.
»Du lieber Herrgott! Ihr müsst Geschwister
sein, wenn sie fast ebenso lang ist wie du.«
»Für eine Frau ist sie zwar recht groß,
doch immer noch einen Kopf kürzer als ich. Glaubt mir, es ist so, wie ich’s
sage, sie ist die Tochter eines lieben Freundes – eines sehr wohlhabenden und
zeitlebens sehr großzügigen Freundes«, versuchte Robert ihr aufkeimendes Misstrauen
im Keim zu ersticken und erwähnte ein weiteres Mal die Belohnung.
»Freilich glaube ich dir«, sagte sie und
strich über die Innenseite seiner Schenkel, als er wieder neben ihr saß,
»könnten denn solch strahlend blaue Augen lügen?« Sie stand auf und verließ den
Stall, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, um kurz darauf mit einem vollen
Krug zurückzukommen. »Nun nimm erst einmal einen kräftigen Schluck, ich frage
derweil, ob ein Mädchen etwas weiß. Trink auf Gretchens Wohl, Robert der
Schmale, trink so viel du willst, so etwas Gutes bekommst du nicht alle Tage!«
Dann ging sie wieder hinaus, nicht ohne aufreizend mit ihrem dicken Hintern zu
wackeln.
Der Geruch, der Robert aus dem Krug
entgegenschlug, war ihm bislang nicht untergekommen. Weder Bier noch Wein verbreiteten
einen derart intensiven Alkoholdunst. Vorsichtig nippte er daran und hätte
beinahe den Becher fallen lassen, denn wahre Höllenfeuer rannen ihm die Kehle
hinab. Zuerst dachte er, sie wolle ihn vergiften, doch als sich kurz darauf ein
wohligwarmes Gefühl in seinem Bauch einstellte, wusste er, dass nichts
Tödliches an dem Getränk sein konnte, ganz im Gegenteil. So nahm er einen
zweiten und darauf einen dritten Zug, und mit jedem Mal schmeckte es ihm
besser. Schnell war das Versprechen vergessen, keinen Alkohol zu trinken, bis
das Mädchen geschnappt wäre, und als Osman mit zwei kichernden Frauen in den
Stall schlich und mit ihnen hinter einer Krippe verschwand, war Roberts Krug
bereits halb leer.
Gretchen kam zurück und setzte sich ganz
dicht zu ihm, sie duftete herrlich nach Blumen. Erst sah sie ihm tief in die
glasigen Augen, dann in seinen inzwischen nahezu leeren Krug. Erschrocken gab
sie einen spitzen Schrei von sich. »Hast du etwa ganz allein diesen Krug Rum
geleert?«
»Ah, Rum war das, schon ’von gehört …«
Sie schaute ihn ungläubig an, dann begann
sie schallend zu lachen. »Sag bloß, du hast noch nie Rum getrunken?«
»Genau, ’s ’ne lange Geschichte. Sag
lieber, was mit ’m Rotschopf is’!«
Sie zog bedauernd die Brauen hoch. »Da habe
ich leider keine gute Nachricht für dich. Keines der Mädchen will sie gesehen
haben. Rothaarig, schlank, jung, davon gibt’s zuhauf welche, gerade hier, doch
bist du sicher, dass sie tatsächlich derart groß war?«
»Ganz sicher, sie reicht mir bis ans Kinn.«
»Nun, dann kann ich dir nicht helfen
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