Die Braut des Spuks
stand in der Kälte, zermarterte mir das Gehirn, das auf Hochtouren lief, und hatte plötzlich eine Idee.
Das Alte Land, das Heilige Land!
Zwei Begriffe, die zusammengehörten und etwas Bestimmtes damit meinten. Einen Ort, ein Stück Geschichte, die Geschichte eines Volkes. Die der Israeliten.
Genau das war es.
Ich sah zwar nicht viel klarer, mir war aber klargeworden, daß die Spuren dorthin führen würden. Entweder nach Israel oder nach Jordanien. Und das in dieser Zeit.
Auf einmal wurde mir noch kälter, und meine Züge erstarrten selbst zu einer eisernen Maske. Ich merkte kaum, daß ich wieder auf die Kirche zuging. Erst als ich die vor der Treppe stehenden Wagen sah, kehrte ich wieder zurück in die Realität.
Die Kollegen, von mir alarmiert, waren mittlerweile eingetroffen. Ich ging in die Kirche, wo ich sie fand und auch den Pfarrer, der durch den Besuch überfordert war und nicht wußte, was er tun und lassen sollte. Er atmete auf, als er mich sah. Händeringend lief er auf mich zu. »Sinclair, was haben Sie mir nur angetan! Diese Kirche ist doch kein Tollhaus. Ich…«
»Lassen Sie mal, die Kollegen tun nur ihre Pflicht.«
»Aber können sie nicht etwas leiser sprechen?«
Ich lächelte ihm beruhigend zu. »Es wird nicht mehr lange dauern, glauben Sie mir.«
»Wie Sie meinen.«
Der Chef hieß Morgan, ein noch junger Kollege, der seinen eigentlichen Vorgesetzten vertrat, weil dieser in Urlaub war. »Ich komme da nicht mit, Mr. Sinclair.«
»Was meinen Sie?«
»Mit dem Toten. Der… der muß seine Eingeweide ausgebrochen haben, zusammen mit dem Blut.« Er flüsterte, doch seine Stimme klang trotzdem laut. »Können Sie das begreifen? Einfach alles ausgewürgt, nehme ich an.«
»Ich weiß.«
»Haben Sie es gesehen?«
»Ja.«
»Und?«
»Wie Teer, Mr. Morgan, es war wie Teer.«
»Stimmt«, flüsterte er, »stimmt genau. Ich bin dabei und lasse es zusammenkratzen.« Er schüttelte sich, und sein jungenhaftes Gesicht hatte düstere Schatten bekommen. »An dem Fall können selbst Sie sich die Zähne ausbeißen.«
Ich lächelte breit. »Woher wissen Sie das?«
»Ach, hören Sie auf.«
Ich wollte mir den Toten anschauen. Man hatte ihn aus dem Beichtstuhl geholt und auf den kalten Boden gelegt. Als Toter wirkte er in dieser Kirche wie ein Fremdkörper. Ich hatte ihn ja nun aus der Nähe gesehen, als wir zusammen im Beichtstuhl saßen. Okay, das Licht war schlecht gewesen, jetzt strahlten ihn die Scheinwerferlampen an. Ich aber hatte den Eindruck, als hätte er sich nach dem Verlust dieser Masse unheimlich stark verändert. Das war nicht mehr der Scott Wilson, wie ich ihn kannte. Er warzusammengefallen, kleiner geworden, und das lag nicht allein an seiner Haltung, weil er die Beine angezogen hatte.
»Worüber denken Sie nach?« fragte mich Morgan.
»Ich suche Zusammenhänge.«
»Die suche ich auch.«
Ich drehte mich zu ihm um. Er machte ein betroffenes Gesicht. »Wissen Sie was, Kollege. Wir beide sollten das diesmal den Spezialisten überlassen.«
»Wie? Ist das nicht Ihr Fall?«
»Schon. Doch auch ich brauche eine Basis, auf der ich aufbauen kann. Die können mir die Wissenschaftler verschaffen. Davon bin ich fest überzeugt. Wie lange brauchen Sie noch?«
»Wir sind eigentlich fertig und haben die Aufnahmen im Kasten.«
»Das ist dann okay.«
Der Geistliche schlich herbei. Er schaute sich unsicher um, als wäre ihm die eigene Kirche fremd geworden. »Werden Sie mich denn auf dem laufenden halten, Sir?«
»Aber sicher. Ich möchte Sie noch etwas fragen. Kennen Sie das Heilige Land oder das Alte Land?«
Er schüttelte den Kopf. »Was hat das denn mit diesem Fall hierzu tun, Mr. Sinclair?«
»Wahrscheinlich nichts. Ich hätte nur gern von Ihnen eine Antwort gehabt.«
»Ja, das ist das alte Israel.«
»Danke, das habe ich mir gedacht.«
»Sie können es auch im Alten Testament nachlesen.«
Ich lächelte. »Nicht nötig, Hochwürden. Ihre Antwort reicht mir völlig aus.«
»Bitte sehr.«
Die Leiche wurde in einen Behälter aus Kunststoff gelegt und dann weggeschafft. Ich blieb noch mit dem Pfarrer zurück und schaute den entschwindenden Kollegen nach.
»Was kommt da auf uns zu, Mr. Sinclair?«
»Tja, Hochwürden, das ist schwer zu sagen. Ich befürchte, daß sich neue Dimensionen eröffnen.«
»Wie meinen Sie das denn?«
»Ach, wissen Sie, darüber sollten Sie sich den Kopf nicht zerbrechen. Gute Nacht.«
»Höre ich wieder von Ihnen?«
Ich reichte ihm die Hand. »Bestimmt,
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