Die Braut des Vagabunden
ihn an und wirkte dabei kleiner als gewöhnlich. „Was um alles in der Welt ist los mit dir?“ Wütend versuchte sie, seine Hände abzuschütteln.
„Mit mir ist alles in Ordnung.“
„Ich habe auch nichts anderes behauptet! Ich sagte …“
„Ich weiß, was du sagtest“, stieß er hervor. „Ich muss die Worte nicht noch einmal hören.“
„Vielleicht hast du sie miss…“ Temperance schrie leise auf, als er ihre Taille umfasste und sie hochhob. Er trug sie ein paar Schritte weit und lehnte sie dann eine Wand, sodass die Tapisserie, ein schwerer Stoff, sie halb verdeckte. Dann presste er seine Hüften gegen sie.
„Bezweifelst du meine Fähigkeit, dir zu Diensten zu sein?“, stieß er hervor. „Ist das Beweis genug für dich? Oder bist du erst zufrieden, wenn ich dir die Kleider vom Leib gerissen …“
Inzwischen war es Temperance gelungen, ihre Arme zu befreien. Mit einer Hand strich sie ihm über den Kopf. Es gelang ihm nicht, sein Erstaunen über diese unerwartete Geste zu verbergen. Halb rechnete er damit, dass sie ihn an den Ohren zog oder sonst etwas Unangenehmes tat – aber ihre Berührung war sanft, beinahe erstaunt, als sie sein kurz geschorenes Haar betastete.
„Ich wusste nicht, dass du dir wieder das Haar geschnitten hast“, sagte sie. „Kein Wunder, dass du den ganzen Tag lang die Perücke trägst. Es muss im Winter kalt sein.“
Jack murmelte etwas Unverständliches.
Sie legte ihm die Hand über den Mund. „Bis du mich Französisch gelehrt hast, wäre es höflich, Englisch mit mir zu sprechen.“
Er fand ihre Bemerkung lustig. Es beruhigte ihn zu wissen, dass er sie nicht erschreckt hatte. Zum Teil hatte er sie wegen ihrer furchtlosen Art geheiratet. Auf der anderen Seite hätte er nichts dagegen gehabt, wenn sie wenigstens so getan hätte, als hätte sein gerechter Zorn sie beeindruckt.
Sie bewegte die Hand auf seinem Mund, strich dann sanft über seine Wange, hinter seinen Kopf, bis ihre beiden Arme um seinen Hals lagen.
„Dies hier …“, sie bewegte die Hüften auf so unerwartet herausfordernde Weise, dass er einen Fluch unterdrücken musste, „… waren nicht die Rechte, von denen ich sprach.“
Jack hörte die leise Belustigung in ihrer Stimme und verkniff sich ein Stöhnen. Nein, sie empfand gewiss keine Furcht, und ebenso sicher war es, dass er – obwohl er sie an der Wand festhielt – die Situation keineswegs unter Kontrolle hatte. Aber wenn dies nicht die Rechte waren, von denen sie gesprochen hatte, was hatte sie dann gemeint? Er blickte auf sie hinab und bemerkte dann, was er tat.
„Warum bist du geschrumpft?“, fragte er.
„Ich bin nicht geschrumpft. Ich trage nur keine Schuhe, du aber schon.“
„Du läufst im Winter barfuß herum? Verdammt, Frau! Besitzt du keinen Verstand? Ich hätte dir auf die Zehen treten können!“
„Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du mich gegen die Wand drängst.“ Jetzt hörte er deutlich ein Lachen in ihrer Stimme.
„Ich habe nicht – bin ich dir auf die Zehen getreten?“
„Nein.“
„Hätte ich es getan, wäre es allein deine Schuld gewesen“, sagte er knapp, erleichtert, dass er sie nicht unbeabsichtigt verletzt hatte. Er hob sie hoch, trug sie zum Bett und ließ sie darauffallen. Die Matratze federte leicht, und Temperance versuchte, sich aufzusetzen.
„Leg dich hin“, befahl er.
„Warum?“ Mit dem typischen Ungehorsam setzte sie sich auf, um ihren Rock glattzuziehen.
„Weil ich es dir sage.“ Nun, da es ihm gelungen war, sie bis zum Bett zu bringen, wollte er seinen kleinen Vorteil nicht gleich wieder verspielen.
„Es ist deine Pflicht als Ehefrau, mir zu gehorchen“, fuhr er fort und zog seine Schuhe aus. Statt sich neben sie zu legen, stieg er auf das Ende des Bettes und kniete zu ihren Füßen.
„Nur wenn dein Befehl vernünftig ist“, sagte sie. „Du hast noch nicht gesagt, warum …“
Er packte ihre Fußgelenke und schob sie hoch. So aus dem Gleichgewicht gebracht, fiel sie rücklings auf die Matratze. Er hörte sie leise aufschreien, dann versuchte sie, sich auf die Ellenbogen zu stützen, worauf er ihre Füße bis fast zu seinen Schultern hob.
„Ich sagte, leg dich hin“, erinnerte er sie. Bewundernd ließ er den Blick über ihre Beine gleiten, von denen die Röcke zurückgeglitten waren. Wäre er so klug gewesen, das tagsüber zu tun, hätte er bedeutend mehr zu sehen bekommen.
Er fühlte, dass Temperance sich auf dem Bett entspannte, schließlich sah er, wie sie den Kopf
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