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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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und setzte sich auf den Rand der Matratze. Ratlos biss sie sich auf die Lippe und bemühte sich, nicht zu weinen. In der vergangenen Nacht hatte Jack sie so sehr begehrt, dass er sie verführt hatte. Heute war sie offiziell seine Gemahlin, aber er hatte sie fortgeschickt, und sie verstand den Grund dafür nicht. War sein Verlangen bereits versiegt?
    Reglos saß sie da, während sie über das Problem nachdachte. Erst als sie aus dem angrenzenden Zimmer leise Musik hörte, stand sie auf und schlich zur Tür. Jack spielte auf seiner Laute. Sie löschte die Kerzen, sodass kein Lichtschein sie verriet, und öffnete die Tür einen Spaltbreit. Dann ließ sie sich auf den Boden gleiten, saß mit dem Rücken an der Wand und hörte zu – und wünschte von ganzem Herzen, dass Jack ein Wandermusikant wäre. Mit dem Lautenspieler konnte sie umgehen, aber nicht mit dem hochmütigen, verschlossenen Edelmann.
    Er hatte es ganz falsch gemacht. Jack zog die Vorhänge zurück, sodass das Mondlicht auf den Teppich schien. Jetzt erkannte er es. Er drückte den Samt fest mit der Hand, als er über den Park hinweg blickte und an die Frau auf der anderen Seite der Schlafzimmertür dachte. So unglaublich, geradezu beunruhigend nahe.
    In all den Jahren, seit er diesen Raum bezogen hatte, hatte niemand im Schlafgemach der Duchess genächtigt. Bis jetzt. Es war gleichermaßen verwirrend und erregend, die Frau, die er seine Gemahlin nannte, so nahe zu wissen – in so greifbarer Nähe …
    So unentrinnbar.
    Er drehte sich um und warf einen Blick auf die Tür zum angrenzenden Gemach, als er bemerkte, dass er noch immer den Vorhangstoff umklammert hielt. Er ließ ihn los, machte indes keinen Schritt auf die Tür zu. Er konnte erst zu Temperance gehen, wenn er wusste, wie er die Barriere überwinden sollte, die seine eigene Ungeschicklichkeit zwischen ihnen aufgebaut hatte.
    Er wusste genau, von welchem Zeitpunkt an alles falsch gelaufen war. Temperance hatte gesehen, wie seine Hand gezittert hatte, als sie die Heiratsurkunde unterzeichnet hatte. Er hatte zugesehen, wie sie ihren Namen auf das Pergament geschrieben hatte, und auf einmal das gesamte Gewicht des unauflösbaren Bündnisses gespürt, das sie eingegangen waren. Von jetzt an würde sein Seelenfrieden, sein Glück, die Nachfolge seines Titels und vielleicht sogar sein Vermögen untrennbar an sie gebunden sein. Und als ihm klar wurde, dass Temperance seine momentane Schwäche bemerkt hatte, schämte er sich. Sein Leben lang hatte er sich bemüht, selbstsicher zu wirken, wie sehr innerlich auch Zweifel an ihm nagen mochten. Aus Gründen, über die er lieber nicht genauer nachdenken wollte, war sein Bedürfnis, Temperance zu beeindrucken, weitaus größer als die Sorge um die Meinung der anderen.
    Über diese Unsicherheit hatte er sich sehr geärgert und sich sofort in die Höflichkeit geflüchtet, die ihm bei anderen Gelegenheiten so gute Dienste erwiesen hatte. Jetzt saß er fest in seiner eigenen Falle. Fühlte sich wie ein Narr und war wütend auf sich selbst, weil er seit drei Tagen verheiratet war und keine einzige dieser Nächte im selben Bett wie seine Gemahlin verbracht hatte.
    Er rieb sich die Stirn. Er besaß keine Erfahrung darin, eine Frau ernsthaft zu umwerben. Da er im Alter von zwanzig Jahren sein Erbe zurückerhalten hatte, hatte er diese Fähigkeit nicht gebraucht. Frauen aus allen Schichten der Gesellschaft hatten sich darum bemüht, seine Mätresse zu werden, während die Eltern der respektablen jungen Damen in ihm einen begehrenswerten Ehekandidaten sahen.
    Er nahm seine Perücke ab und fuhr sich durchs Haar. So sehr war er an weibliche Aufmerksamkeit gewöhnt, dass er bisher nicht bemerkt hatte, dass keiner der Tricks, die er gelernt hatte, um Frauen auf Distanz zu halten, ihm etwas nützte, um mit der Frau umzugehen, die er wollte.
    Wäre seine Heirat der Höhepunkt einer Liebeswerbung gewesen, so hätte er Temperance nach und nach kennengelernt, bis sie beide vertraut miteinander waren und sich nach der nächsten Stufe ihrer Vereinigung sehnten. Zumindest hoffte er, dass er das getan hätte.
    Wäre seine Heirat eine Vernunftehe, geschlossen aus dynastischen Gründen mit einer Lady vornehmer Abkunft, wäre auch klar, was er zu tun hätte, obwohl es weitaus weniger angenehm gewesen wäre. Immer war er davor zurückgeschreckt, eine so sachliche Verbindung einzugehen. Ein Frauenheld war er nie gewesen. Sein Ruf als Schürzenjäger beruhte darauf, dass er im Alter von

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