Die Braut des Vagabunden
zwanzig Jahren seinen ersten Bastard anerkannt hatte, und niemals hatte er etwas gesagt oder getan, um umlaufende Gerüchte zu leugnen oder zu bestätigen.
Es lief darauf hinaus, dass er in der ersten Nacht, in der er wieder zurück war auf Kilverdale Hall, alles falsch gemacht hatte. Noch immer hatte er sich halb in der Rolle von Jack Bow befunden, und Temperance war noch immer die Ladenbesitzerin, mit der er an einem sonnigen Nachmittag in Cheapside gescherzt und die er in der Dunkelheit eines Gasthauses in Southwark geliebt hatte. Während der ganzen Zeit, in der er Arscott in ganz England gejagt hatte, hatte er an sie gedacht, und als sie wieder zusammen waren, war es ihm selbstverständlich erschienen, da weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten – im Bett.
Aber der einzige Grund, warum sie einander in jener Nacht in Southwark so schnell nach ihrer ersten Begegnung geliebt hatten, war die außergewöhnliche Situation. Er war fest davon überzeugt, dass Temperance sich niemals so von ihrer Leidenschaft hätte überwältigen lassen, wenn sie nicht wegen ihrer Verluste in einer verzweifelten Stimmung gewesen wäre, und unter anderen Umständen hätte auch er seiner Selbstdisziplin nicht so schnell die Zügel schießen lassen.
Doch nun waren sie nicht mehr Jack Bow und die Ladenbesitzerin. Und in mancher Hinsicht hatte es Jack Bow niemals gegeben. Er hatte die Rolle gewählt, um sich ein bisschen Unabhängigkeit zu verschaffen zu einer Zeit, da er wenig Einfluss nehmen konnte auf seine Zukunft als Duke of Kilverdale. Er hatte es genossen, die Rolle des Musikanten zu spielen, der gewandt mit dem Degen umgehen konnte, in einer Ehe mit einer klugen Frau wie Tempest konnte er das jedoch nicht lange durchhalten.
Er atmete tief ein. Er konnte nicht einfach ihr Gemach betreten und sie so lieben, wie er es in jener ersten Nacht getan hatte, denn von nun an würde sie mehr von ihm erwarten als das. In den vergangenen beiden Tagen hatte er es in ihren Augen gesehen. Dauernd hatte sie ihn beobachtet und ihm stumme Fragen gestellt. Sie wollte mehr von ihm. Sie wollte, dass er mit ihr sprach – und er wusste nichts zu sagen.
Noch einen enttäuschten Blick warf er auf die Verbindungstür, dann ging er in seine Ankleidekammer und nahm die Laute von der Wand. Sein Leben lang hatte er nach Lösungen für Probleme gesucht. Wenn er nur ein bisschen länger über dieses hier nachdachte, dann würde er einen Plan fassen können. Und er sollte sich damit beeilen, damit er sich der dankbareren Aufgabe zuwenden konnte, seine Gemahlin zu lieben.
In ihrem Schlafgemach schritt Temperance auf und ab. Es war dunkel im Raum, abgesehen von ein wenig Mondlicht, das durch einen Spalt zwischen den Vorhängen hereinfiel. Sie trug ein Nachthemd und einen Hausmantel, aber ihre Füße waren nackt. Vor einer halben Stunde hatte sie die Tür einen Spaltbreit aufgemacht, und Jack sollte nicht hören, wie sie herumschlich.
Er war in seinem Gemach und spielte auf seiner Laute, genau wie in den beiden Nächten zuvor. Es war kränkend, dass er lieber die Gesellschaft der Musik suchte als die seiner Gemahlin! Wer hätte je gedacht, dass dieser Mann so widersprüchlich sein konnte? Unmöglich. Enttäuschend.
Sie blieb stehen und versuchte, sich zu beruhigen. Es würde ihre Probleme nicht lösen, wenn sie in der Dunkelheit umherwanderte. Doch dann stieg Ärger in ihr auf. Sie war seine Gemahlin – und das bedeutete, dass sie nicht nur Pflichten hatte, sondern auch Rechte. Entschlossen wandte sie sich der Verbindungstür zu.
Jack saß mit dem Gesicht zum Fenster. Sein Stuhl war mit den hinteren Füßen an den Bettpfosten gelehnt, das Gleichgewicht hielt er mit dem rechten Fuß, der fest gegen den Boden gestemmt war. Sein linker Fuß ruhte auf dem rechten Knie. Vor ihm tauchte das Mondlicht den Boden in einen silbernen Schein.
Plötzlich traf ihn die Lösung all seiner Probleme wie ein Schlag. Das immer rascher werdende Tempo seiner Musik spiegelte seine Gefühle wider, während seine Hände über die Saiten und den Steg flogen.
Es war so einfach!
Schließlich musste er nur dafür sorgen, dass Temperance sich weiterhin auf die beiden Gründe konzentrierte, die er schon für seine Heirat mit ihr genannt hatte. Er würde sie daran erinnern, dass er sie geheiratet hatte, weil sie ihm im Bett Vergnügen bereitete – wobei sie verlegen und erfreut erröten würde –, und wenn er sie nicht liebte, dann würde er sie mit Gesprächen über die Verwaltung
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