Die Braut des Wuestenprinzen
ihn vor Karim auf und platzierte einen Teller darauf. Dann goss sie ihm eine Tasse Kräutertee ein. Mit einem anerkennenden Laut nahm er sich eins der Häppchen, die Elenor auf den Teller gelegt hatte. Nachdem er im Handumdrehen drei davon verspeist hatte, seufzte er zufrieden. Elenor erzählte ihm, wie Golnesah ihr die Zubereitung eines Gerichts aus der Region beigebracht hatte.
„Danke“, sagte er und lächelte sie an. Es war sein altes, leicht amüsiertes Lächeln. Gleich wird er mich „mein Bülbül“ nennen, dachte sie und verstummte.
„Du tust mir gut“, fuhr er fort. „Egal, wie furchtbar mein Tag war, wenn ich abends zu dir zurückkehre, ist alles vergessen.“
Verwundert sah sie ihn an. „Wirklich? Ich … das habe ich nicht gewusst.“
„Nein? Ich dachte, ich hätte es dir immer wieder gesagt. Deine Stimme ist wie der Gesang des Bülbüls. Sie nimmt einem die Sorgen und lässt sie im Winde verwehen. Sogar jetzt. Sogar nach solch einem Tag.“
„Das habe ich nicht gewusst“, wiederholte sie.
„Du hast in der Zwischenzeit für einen anderen geredet“, bemerkte er leiser. „Gabriel. Womit hat er deine Stimme verglichen?“
„Mit gar nichts“, antwortete Elenor. „Ich habe dir ein heißes Bad bereitet. Möchtest du baden?“
„Du erfüllst deine Pflichten als Ehefrau sehr vorbildlich. Vielleicht sollte ich mich darüber freuen, dass du in Übung geblieben bist.“ Damit erhob er sich und streifte auf dem Weg ins angrenzende Zimmer Weste und Hemd ab. Elenor ging hinaus, um den letzten Eimer heißes Wasser vom Feuer zu holen.
Als sie wieder hereinkam, stand Karim nackt im Schein der Lampe. Im schwachen Licht zeichneten die Schatten die Formen seinen muskulösen Körpers nach. Er war hagerer, als sie ihn in Erinnerung hatte, und er trug Narben, die sie nicht kannte. Eine am rechten Oberarm und eine am Oberkörper. Eine dritte Narbe zog sich über seine Hüfte und einen Oberschenkel. Es sah aus, als stammte sie von einem Schwert- oder Bajonettstoß. Elenor fragte sich, wie knapp er bei diesem Hieb seiner Entmannung entkommen sein mochte, und war froh, dass ihm nichts Derartiges passiert war. Karim war immer ein stürmischer und stolzer Liebhaber gewesen. Allein bei der Erinnerung daran stieg ihr das Blut in die Wangen.
Völlig ungeniert stand er da und beobachtete, wie sie ihn betrachtete. Seine Haltung drückte Stärke und Lässigkeit aus. „Du wirst keine weitere Gelegenheit haben, mich mit deinem anderen Mann zu vergleichen“, verkündete er mit finsterer Mine. „Ich habe dich nicht geholt, um dich wieder zu meiner Frau zu machen.“
Doch er machte sich nicht die Mühe, zu verbergen, dass sein Körper ihn Lügen strafte.
Eine Sekunde später ging er auf sie zu und streckte einen Arm nach dem Wassereimer in ihrer Hand aus. Elenor schluckte, die Augen auf die Stelle gerichtet, die seine Erregung deutlich zeigte. Heute Morgen hatte er sie geküsst … Jetzt war er nackt und empfand Begierde. Eine Begierde, die ihn in Marmor verwandelte, um ihr die Lust zu verschaffen, an die sie sich noch so gut erinnerte.
Doch dann drang das, was er gerade gesagt hatte, in ihr Bewusstsein vor. Sie riss ihren Blick von ihm los.
Ihr hungriger Blick hatte Karim so aufgewühlt, dass er statt des Eimers am liebsten ihren Arm, ihr Gesicht, ihre Haare ergriffen hätte.
„Das trifft sich gut“, erwiderte Elenor kalt. „Denn du wirst keine Gelegenheit haben, mich noch einmal zu deiner Frau zu machen.“
Sie bückte sich, um den Eimer abzustellen. Dabei kam ihr Mund seinen Lenden so nah, dass die Luft zu knistern begann. Schnell drehte sie sich um und verließ den Raum.
11. KAPITEL
„Ich werde dich verlassen“, hatte sie ihm verkündet.
An dem Abend, an dem die unheilvolle Unterhaltung mit Puran stattgefunden hatte, war Karim zum ersten Mal seit langer Zeit nach Hause gekommen. Bislang hatte Elenor niemandem von ihrer Schwangerschaft erzählt – Karim sollte es als Erster erfahren. Sicher würde er sich trotz des ungünstigen Zeitpunkts freuen.
Nun wusste sie, dass er sich keineswegs freuen würde. Bestimmt würde er es nicht begrüßen, auf diese Art an eine Frau gebunden zu sein, die er irrtümlicherwiese geheiratet hatte. Sicher, wenn sie die Frau gewesen wäre, die er zu heiraten geglaubt hatte, wäre es etwas anderes. Wäre sie Lana, hätte er sich gefreut. Dann könnte er Jonathan Holdings sagen, dass sein Enkelkind einmal König von Parvan würde, wenn er nur das Geld aufbrächte, um das
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