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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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nun, sich auf halbwegs anständige Weise zu verabschieden. Und er dachte daran, dass er vor nicht einmal zwei Tagen betrunken mit Thea Hollmann auf dem Boden von deren Wohnung gelegen hatte. Er verfluchte sich. Und er verfluchte seine Unbeholfenheit. Er hatte das Gefühl, nur noch eine Möglichkeit zu haben. Er musste Tereza die Wahrheit sagen. Eine Wahrheit, die er selbst noch nicht lange kannte. Er suchte nach den richtigen Worten, aber es gab nur eine Möglichkeit.
    «Tereza, ich liebe dich», sagte er.
    Sie sah ihn an. Zwischen ihren Augenbrauen hatte sich eine Falte gebildet. Sie schüttelte den Kopf. Dann wandte sie ihm den Rücken zu. Er schaute auf ihren Mantel. Er wartete, aber es geschah nichts. Nun kam er sich vor, wie Tereza sich am Flughafen vorgekommen sein mochte: wie ein Schaf im Regen.
    Endlich drehte sie sich wieder um. Er sah, dass sie lächelte. Aber sie hatte Tränen in den Augen.
    «O Mann, Robert.»
    «Was denn, verdammt? Sag doch was.»
    Wieder schüttelte sie den Kopf und ließ endlose Sekunden vergehen.
    «Ich liebe dich auch», sagte sie endlich.
    Marthaler war so erstaunt über ihre Antwort, dass er dachte, er habe sich verhört. Innerlich wiederholte er ihre vier Worte wieder und wieder. Es gab keinen Zweifel. Sie hatte gesagt, was er gehört hatte. Am liebsten hätte er sie jetzt trotz seiner verschwitzten Kleider in die Arme genommen und geküsst. Aber in ihrem Blick war nichts, das ihn dazu einlud.
    «Ich liebe dich auch», sagte sie noch einmal. «Trotzdem!»
    «Schon wieder trotzdem! Trotzdem was?»
    Seine Stimme überschlug sich fast vor Aufregung, und er sah, wie sich eine Läuferin, die gerade an ihnen vorbeigekommen war, neugierig umschaute.
    «Trotzdem gehe ich in Pension», sagte Tereza.
     
    Als sie sich von ihm verabschiedet hatte, fühlte sich Marthaler so leicht, wie er sich schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Am liebsten wäre er noch einmal vier Runden um den Park gelaufen, aber dafür blieb keine Zeit. Trotzdem beeilte er sich nicht, als er jetzt zurückging zum Weißen Haus. Seine Freude war so groß, dass er sie noch ein paar Minuten lang alleine auskosten wollte. Ohne darüber nachzudenken, was er tat, pfiff er auf dem ganzen Weg eine Melodie vor sich hin. Es war Cherubinos kleine Arietta aus dem zweiten Akt der «Hochzeit des Figaro».
    Er öffnete die Tür zum Sitzungszimmer. Man wartete bereits auf ihn. «Entschuldigt», sagte er. «Ich bin gleich bei euch.»
    Er ignorierte die spöttischen Blicke der Kollegen. Stattdessen lächelte er und schloss die Tür wieder. Elvira sah ihn erwartungsvoll an, als er an ihrem Schreibtisch vorbeikam. Sie platzte fast vor Neugier. Aber Marthaler lächelte einfach nur. Er holte seine Tasche, zwinkerte Elvira zu und ging duschen.
    Zehn Minuten später war er umgezogen und setzte sich zu den anderen an den Mord-Tisch. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Keiner sagte etwas. Am Ende war es Kai Döring, der seine Ungeduld nicht mehr zügeln konnte.
    «Und?», fragte er.
    «Was und?», erwiderte Marthaler.
    «Wie war es   … im Park?»
    «Wie es ist, wenn man lange keinen Sport gemacht hat. Es war anstrengend, aber schön.»
    «Nein, ich meine   …»
    Marthaler wusste, was Döring meinte. Offensichtlich hatte sich sein Treffen mit Tereza sofort herumgesprochen. Kerstin Henschel setzte zu einer Erklärung an: «Robert, niemand hier will indiskret sein   …»
    «Sondern?», fragte Marthaler.
    «Wir würden nur alle gerne wissen, wie es unserem Chef geht», sagte sie.
    «Okay», sagte Marthaler. «Die Antwort ist einfach: Ihr müsst ihn euch als einen glücklichen Menschen vorstellen.»
    Er schaute in die Gesichter seiner Kollegen. Sie freuten sich offensichtlich mit ihm. Und jetzt begriff er, dass es nicht nur Neugier gewesen war, die Kai Döring hatte fragen lassen. Sie waren wohl alle ernsthaft besorgt um ihn gewesen.
    «Aber jetzt lasst uns arbeiten   …», sagte er, um seine Verlegenheit zu überspielen und um weiteren Nachfragen aus dem Weg zu gehen. «Doch bevor wir anfangen, muss ich euch etwas sagen. Raimund Toller vom 8.   Revier wird ab sofort unser Team verstärken. Er wird im Laufe des Vormittags zu uns stoßen. Ich bin darüber nicht begeistert, und ich ahne, dass auch ihr es nicht sein werdet. Trotzdem will ich versuchen, es zu erklären   …»
    Sven Liebmann winkte ab. «Schon geschehen», sagte er. «Herrmann war vor einer halben Stunde hier. Offenbar wollteer sichergehen, dass wir die Sache schlucken. Und

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