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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Architekten. Die beiden haben sich vor kurzem getrennt. Er hat das Haus für sie gemietet.»
    «Hast du schon mit ihm gesprochen?»
    «Ja, ich war gerade bei ihm.»
    «Und?»
    «Er wirkte erschüttert und zugleich erleichtert.»
    «Erleichtert?»
    «Ja. Als ich ihm mitteilte, dass seine Frau tot ist, nahm er zunächst an, dass sie Selbstmord begangen habe. Er ist derjenige, der sich scheiden lassen wollte. Er sagt, die letzten Monate seien die Hölle gewesen. Aber, bevor du auf falsche Gedanken kommst, er hat ein Alibi. Wir müssen das noch überprüfen, aber wenn mich meine Menschenkenntnis nicht gründlich täuscht, kannst du davon ausgehen, dass er nichts mit ihrem Tod zu tun hat.»
    «Danke», sagte Marthaler. «Gibt es sonst noch etwas?»
    «Nein. Ich melde mich morgen Vormittag wieder bei dir. Ach   … und   … Robert   …»
    «Was?»
    «Ihr könnt jetzt weitermachen. Viel Spaß noch. Und schöne Grüße, unbekannterweise.»
    «Blöder Depp», sagte Marthaler. Aber Konrad Morell hatte bereits wieder aufgelegt.

VIERZEHN
    Es war erst kurz nach acht, als sich Marthaler am nächsten Morgen mit geschulterter Sporttasche dem Weißen Haus in der Günthersburgallee näherte. Das Erste, was er sah, war ein roter Katzenkäfig, der auf dem Bürgersteig stand. Daneben, am Straßenrand, parkte ein Lieferwagen mit der Aufschrift: «Bodega La Passionaria   – Tapas, Paella, Musik».
    Marthaler ging in die Hocke, um in den Katzenkäfig zu schauen. «Mensch, Anton Pavlovich», sagte er, «was machst du denn hier?»
    «Na, was wohl? Umziehen, wie das Herrchen.»
    Es war Carlos Sabato, dessen Stimme jetzt über die Straße dröhnte. Marthaler musste sich beherrschen, um keinen Lachanfall zu bekommen. Dass der Kriminaltechniker sich als das «Herrchen» des Katers bezeichnete, war keine geringfügige Verniedlichung. Denn Sabato wog mehr als zwei Zentner und war über einsneunzig groß. Nicht zuletzt wegen seines enormen Gewichts diente er Marthaler oft genug als Ausrede vor sich selbst. So dick, dachte der Hauptkommissar gelegentlich, bin ich dann doch nicht.
    «Oder habt ihr geglaubt, ihr könntet mich einfach im Bullenkloster allein lassen?»
    «Und die Chefetage war einverstanden?»
    Sabato hob seine mächtigen Arme und ließ sie wieder fallen. «Einverstanden oder nicht», sagte er. «Ich hab ihnen meine Kündigung auf den Tisch gelegt und gesagt: Wenn ihr mich nicht gehen lasst, werde ich gehen.»
    Marthaler lächelte. Er freute sich darauf, Sabato wieder inseiner Nähe zu haben. Der Kriminaltechniker und seine Frau gehörten zu den wenigen Menschen, die er als seine Freunde bezeichnete. Es war eine Freundschaft, die langsam entstanden und die nie ganz einfach gewesen war, die aber nun doch schon einige wechselvolle Jahre lang gehalten hatte. Beides lag wohl darin begründet, dass sowohl Sabato als auch Marthaler über einen ausgeprägten Eigensinn verfügten, dass beide aber auch bereit waren, ein einmal gefälltes Urteil, wenn es sich als falsch erwies, zu korrigieren.
    «Es gibt nur ein Problem», sagte Marthaler, «wir haben keinen Platz für dich.»
    «Papperlapapp», sagte Sabato. «Es ist alles geklärt. Ich habe bereits mit den anderen Mietern gesprochen. Ich ziehe in den Keller. Und Anton kommt mit!»
    Marthaler zeigte auf den Lieferwagen: «Und ich dachte schon, du wolltest auf Gastronomie umsteigen.»
    «Ah, Roberto, ich sage dir, ‹La Passionaria› ist das Restaurant meines Schwagers. Nächste Woche ist Eröffnung. Du bist hiermit offiziell eingeladen. Miguel macht eine Fisch-Paella, nach der du dir sämtliche Finger leckst.»
    Marthaler schüttelte den Kopf. «Vielen Dank», sagte er und klopfte sich mit der flachen Hand auf den Bauch, «aber ich mache gerade das, was du auch tun solltest.»
    Sabato schaute ihn an, als habe er etwas höchst Anstößiges gesagt. «Du meinst, du willst   …»
    «Abnehmen! Seniorenturnen! Wasser trinken!»
    Der Gesichtsausdruck des Kriminaltechnikers wandelte sich von ungläubigem Staunen zu entschiedenem Ekel: «Weißt du, was meine Mama dazu gesagt hätte? Sie hätte gesagt: Du bist entweder krank oder verliebt.»
    Vielleicht ja beides, dachte Marthaler. Aber er sagte es nicht. Er wandte sich ab und ging auf die Haustür zu.
    «Und weißt du, was Mama noch gesagt hat?», rief CarlosSabato ihm mit seiner tiefen Stimme nach. «Dass das eine so schlimm ist wie das andere.»
     
    Das Kommissariat war noch leer. Marthaler öffnete die Tür zu seinem Büro, schaltete die

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