Die brennende Gasse
musterte die Karte und dachte über das nach, was Kate gesagt hatte. » Es scheint «, sagte er schließlich, » daß Alexander der Große in Gestalt eines Mädchens zurückgekehrt ist. « Und an Kate gewandt fügte er hinzu: » Eure Empfehlungen sind sehr vernünftig – wenn ich auch nicht weiß, woher ein Mädchen solche Kenntnisse über die Kriegsführung hat. Ich denke, wir sollten Navarra vorschlagen, ihrem Rat zu folgen. «
» Die Gräfin hätte mich schon früher geschickt «, erklärte Geoffrey Chaucer in der Vorhalle von de Chauliacs Haus, » aber sie braucht e H ilfe bei ihrer Korrespondenz. Das ist natürlich mein wichtigster Dienst für sie. Sie sagt, ich gäbe ihr immer das Gefühl, eine höchst gebildete Frau zu sein. «
» Was sie zweifellos zu schätzen weiß «, spöttelte de Chauliac.
» Ich glaube schon, Herr, denn sie läßt mich beinahe Tag und Nacht schreiben. Aber ich finde keinen Grund zur Klage. « Er lächelte breit und sagte: » Doch nun zu meiner Aufgabe. Sie wollte niemand anderen auf einen so wichtigen Botengang schicken. «
Er holte zwei kleine Elfenbeindosen hervor, reich verziert mit blumigen Darstellungen von Engeln und Heiligen, und reichte sie jeweils den beiden Ärzten. » Ich soll bleiben, um Eure Reaktion auf diese Gaben zu beobachten und meiner Herrin dann über Eure Aufnahme derselben zu berichten. «
Die Ihr zweifellos mit blühenden Übertreibungen schildern werdet, dachte Alejandro amüsiert.
De Chauliac öffnete sein Geschenk als erster: Es enthielt einen feinen Federkiel mit einer goldenen Hülle um den Schaft und eine kleine Phiole encre rouge.
» Sie bevorzugt diese seltene Farbe, Herr, und hofft, Euch damit zu erfreuen. «
» Ich bin überaus entzückt! « De Chauliac strahlte. » Es wird eine große Bereicherung meines medizinischen Werkes sein, daß ich wichtige Stellen rot markieren kann. Bitte sagt der Gräfin, daß Ihr Geschenk höchst großzügig ist und mir von großem Nutzen sein wird. Gleich beginne ich mit seiner Verwendung. Ihre Großmut ist – beschämend. «
Belustigt zog Chaucer eine Augenbraue hoch. » Sie hätte Euch nicht beschenkt, wenn sie nicht dächte, daß Ihr es verdient, Herr. «
Er wandte sich Alejandro zu, damit auch dieser seine Dose öffnete.
Alejandro erwartete etwas von ähnlicher Natur, vielleicht ein Siegel, ein Lesezeichen oder eine Feder, wie de Chauliac sie bekommen hatte; statt dessen fand er einen kleinen goldenen Ring mit einem eingravierten E. Rechts von dem Buchstaben befand sich ein einzelner Smaragd, links davon eine Perle. Vorsichtig nahm Alejandro den Ring aus der Dose und drehte ihn im Licht – der grüne Stein funkelte. Die Botschaft des Geschenks war klar.
Aber natürlich hat Königin Philippa einen Favoriten, wußte er von Adele, und er liebt sie ebenso wie sie ihn.
Aber was ist mit ihrem Ehegelöbnis gegenüber Edward?
Er nimmt ihr ein wenig höfische Liebe nicht übel, solange sie diskret ist und er weiß, daß sie nur mit ihm selbst das Bett teilt. Sie und ihre Anbeter tauschen häufig Geschenke aus, um ihre gegenseitige Bewunderung auszudrücken.
Ihm wurde klar, daß er das Zeichen für Elizabeths Wunsch nach solcher Bewunderung in der Hand hielt. Er steckte den Ring an seinen kleinen Finger, den er dann demonstrativ abspreizte. De Chauliacs Federkiel erforderte keine weitere Antwort als einen ergebenen Ausdruck des Dankes. Aber ein Ring … bedeutete mehr. Die Gräfin hatte ihm das Signal gesandt, daß sie zu einem Flirt aufgelegt war.
» Nun? « erkundigte sich Chaucer.
» Ihr müßt Eurer Herrin sagen, daß ihre Freundlichkeit und Hochherzigkeit mich sprachlos machen, ebenso wie ihre Schönheit. «
» Sie wird sehr erfreut sein zu hören, daß sie Euch der Worte beraubt hat. Aber ich denke, sie möchte von Euch auch etwas haben. «
Er beugte sich näher zu Alejandro. » Und wenn Ihr es passend finden würdet, Ihr ein Gegengeschenk zu machen, würde sie es nicht ablehnen, das kann ich euch versichern. «
Alejandro fand, daß Chaucer als Bote in einer solchen Kabale noch sehr jung war. Er warf einen Blick in de Chauliacs Richtung, der mit Zornesfunkeln erwidert wurde. Doch er ließ sich davon nicht erschrecken – und sein Mangel an Besitz sollte ihn auch nicht an einem Austausch hindern, der ihm noch einigen Nutzen versprach.
» Könnt Ihr vielleicht ein Pergament entbehren, Kollege? « bat er bescheiden. » Und eine Feder? Ich möchte ein paar Dankesworte schreiben. «
De Chauliac
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