Die brennende Gasse
er allem ein Ende, was sonst noch zum Thema einer unangebrachten Liaison hätte geäußert werden mögen.
» Guten Abend «, keuchte er, während er sich verneigte. » Ich fühle mich geehrt, wieder in so gelehrte Gesellschaft geladen zu sein. «
De Chauliac schluckte seinen Ärger hinunter und bot Flamel einen Stuhl an. » Nein «, wehrte er außerdem ab, » die Ehre ist ganz auf unserer Seite. Habe ich nicht recht, Kollege? «
Er wird seine fetten Pratzen auf mein kostbares Manuskript legen, dachte Alejandro unglücklich. Verbissen zwang er sich zu einem Lächeln und sagte nichts. Flamel würde von ihm erst einen Ausdruck der Bewunderung hören, wenn er sicher war, daß der Mann keine Bedrohung für den wertvollen Nachlaß Abrahams darstellte.
» Nun «, leitete Flamel ein und rieb sich die dicken Hände, » sollen wir mit der Arbeit beginnen? «
» Laßt Euch Zeit, Flamel «, hielt de Chauliac ihn zurück. » Ihr seid doch gerade erst gekommen. «
» Kollege, seht dem Manne seinen Eifer nach «, beschwichtigte Alejandro. » Solche Arbeit ist sehr aufregend. «
» In der Tat! « japste Flamel.
» Wenn die Herren also gestatten «, sagte der Jude, » werde ich nach oben gehen und die Handschrift holen. « Er stand auf und strich seine Kleidung glatt. » Sehr gerne würde ich mich auch etwas erfrischen. Es kann daher einige Minuten dauern, bis ich wiederkomme. Ist Euch das recht? «
» Seht zu, daß Ihr nicht zu lange ausbleibt «, herrschte de Chauliac ihn an, und als Flamel bei seinem groben Ton überrascht aufblickte, fügte er freundlicher hinzu: » Denn wir sollten Monsieur Flamel heute abend nicht länger als nötig von seiner armen, sehnsüchtigen Gattin fernhalten. «
» Ich werde eilen. «
Alejandro verließ den Salon, und die Wachen folgten ihm. Flamel sah zu, wie sie verschwanden und wandte sich verwirrt an de Chauliac: » Wieso braucht er immer eine Eskorte? «
Die schlichte Frage traf de Chauliac unvorbereitet. Er räusperte sich nervös, während er sich eine passende Antwort aus den Fingern sog. » Er leidet an Fallsucht «, flüsterte er. » Ich wage nicht, ihn allein zu lassen, sonst könnte er stürzen oder sonstwie Schaden nehmen. «
K arle und Marcel mühten sich bis lange nach Sonnenuntergang mit dem Brief an Charles von Navarra ab. Punkt für Punkt führten si e a n, warum sie glaubten, daß es am besten wäre, die Schlacht bei Arlennes zu planen. Dann zählten sie die Gründe auf, warum Conpiègne ein schlechter Ort für die Zusammenziehung der Rebellentruppen wäre: kein Wasser, schlechte Versorgungswege, keine Fluchtmöglichkeiten, die Gefahr, von den Kräften des Dauphins eingekesselt zu werden. Als sie endlich fertig waren, rollte Marcel den Brief sorgfältig zusammen und versiegelte ihn. Er legte ihn auf den Tisch und sagte: » Morgen früh lasse ich einen Boten kommen. «
Er raffte sein Gewand um sich und ließ sich auf die gepolsterte Bank fallen, wobei eine kleine Staubwolke aufstieg. » Ich glaube, heute haben wir viel geleistet, mehr, als ich zu hoffen wagte. Mit der unerwarteten Hilfe Eurer jungen Dame. Ist ihr Vater ein Krieger? «
Ihren wahren Erzeuger könnte man leicht so nennen, dachte Karle mit nicht geringer Ironie. Doch seine Antwort lautete:
» Nein, Arzt. «
» Nun, dann finde ich ihre Kompetenz um so bemerkenswerter. Ich werde mit meinem besten Wein auf sie trinken. Zur Feier des Plans, den wir festgelegt haben! «
Er streckte die Hand aus und wollte an der Klingelschnur ziehen, doch Karle hielt ihn zurück: » Nicht für mich, Marcel. Ich habe versprochen, die junge Dame ein wenig an die Luft zu führen. «
» Die Luft draußen ist nicht besser als drinnen «, protestierte Marcel. » Kommt, setzt Euch und trinkt mit mir. «
Als Kate aus der Küche erschien, lächelte Karle und legte einen Arm um ihre Schulter. » Vielleicht später. Diese Frau verdient zu bekommen, was sie sich wünscht, nicht wahr? «
I n den dämmrig erleuchteten Straßen wichen sie ständig Abfällen und Unrat aus, die erst am Morgen fortgebracht würden. Endlich erreichten sie de Chauliacs Haus. Karle nahm Kate bei der Hand und geleitete sie um das stattliche Gebäude herum, bis sie die Westseite erreicht hatten. Sie bezogen unter einem kleinen Fenster Stellung, das mit seinem Gitter sicherlich zu dem Zimmer gehörte, in dem Alejandro festsaß.
Karle legte die Hände um den Mund und stieß einen leisen Eulenschrei aus. Eine Silhouette erschien am Gitter und schaute nach
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