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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Not immer möglichst unbeteiligt verhalten und das wachsende Chaos ignoriert. Doch Guillaume Karle schilderte den furchtbaren Zustand Frankreichs mit aufrüttelnder Leidenschaft. Während Kate zuhörte, wie er sich für die unterdrückten Bauern eingesetzt hatte, begann sie zu verstehen, daß Karle die Bürde der niedrigsten Untertanen von König Johann auf seine eigenen Schultern geladen hatte – ebenso ein Flüchtling wie sie.
    Abgesehen davon besaß er kraftvolle Schultern, das konnte man nicht leugnen. Er war ein gut gebauter Mann und ungewöhnlich groß für einen Franzosen. Seine helle Haut erinnerte sie an ihr eigenes Volk, und sie ertappte sich dabei, daß sie ihn anstarrte, während die Worte aus seinem Mund strömten. Mit festen und zielsicheren Schritten bewegte er sich vorwärts, und seine grauen Augen funkelten feurig erregt. Er schien das Entsetzen über den Gnadenstoß der letzten Nacht überwunden zu haben und schmiedete neue Pläne.
    Ehe die Sonne ihren Höchststand erreicht hatte, kamen allmählich vertraute Stellen in Sicht. Sie rasteten in einem kleinen Hain, als die Hütte vielleicht noch hundert Schritte entfernt war.
    » Ich sehe kein Anzeichen dafür, daß irgend etwas nicht stimmt «, äußerte Alejandro, während er durch die Zweige spähte. » Aber die Stille macht mich besorgt. «
    » Verglichen mit dem Lärm der Schlacht ist sie ein Segen «, erwiderte Karle. Er schickte sich an aufzustehen.
    Alejandro faßte ihn am Handgelenk. » Wartet! «
    » Was ist mit Jean? Sollte man sich nicht um ihn kümmern? « protestierte Karle. Er versuchte, seinen Arm wegzuziehen.
    Der Ältere packte ihn fester. » Wenn er an seinen Verwundungen sterben sollte, ist er jetzt tot. Seid geduldig. Schwierigkeiten sind nicht immer gleich erkennbar. Was das Auge nicht sieht, kann das Innere manchmal erspüren. Und im Augenblick mißtraut mein Herz dem Frieden, den meine Augen sehen. «
    Widerstrebend setzte Karle sich wieder hin. Er starrte ein paar Augenblicke durch die Zweige. » Mir teilen weder mein Herz noch meine Augen irgend etwas mit. «
    Alejandro brummte zynisch, während er erneut Ausschau hielt. Dann drehte er sich wieder zu Karle um: » Euer Herz ist jung. Wenn es dasselbe Alter hat wie meines, werdet Ihr wissen, daß es jeden Augenblick gebrochen werden kann. Einst hatte ich einen lieben Gefährten, der ein geübter Krieger war. Er hat mir viele Male bewiesen, daß solch gelassene Ruhe, wie sie jetzt vor uns liegt, binnen eines Augenblicks zerstört werden kann. «
    Sie blieben, wo sie waren, und beobachteten die Hütte schweigend mehrere Minuten lang.
    » Da ist niemand «, drängte Karle schließlich. » Laßt uns nach dem Verwundeten sehen. Ich werde ihn zu seiner Familie zurückbringen, und dann muß ich mich um diejenigen kümmern, die wir zurückgelassen haben. «
    Wieder gebot Alejandro seinem jugendlichen Ungestüm Einhalt.
    » Wartet hier! Ich werde vorangehen, um nachzusehen, ob keine ungebetenen Besucher da sind. Denn im Augenblick werdet Ihr vielleicht mehr gejagt als ich. «
    Langsam erhob er sich. » Ich mache mich bemerkbar, wenn es ungefährlich ist, Euch zu zeigen. «
    Ein kurzes Überlegen folgte. » Und wenn nicht? « fragte Karle.
    » Dann werde ich einen Schrei ausstoßen wie ein Raubvogel. « Er nickte Kate zu. » Und Ihr werdet die Hand meiner Tochter nehmen und davonfliegen. Sie weiß, wo sie mich wiederfindet. « Lächelnd berührte er mit väterlicher Zuneigung ihre Wange. » Alles wird gut werden, das habe ich im Gefühl. « Jetzt stand er aufrecht und wollt e d en Hain verlassen, hielt jedoch im Schutz der Bäume noch einmal inne.
    » Aber … « setzte er zögernd hinzu. Er griff in seine Tasche und nahm einen kleinen Beutel heraus, den er in Kates Hand legte. Münzen klimperten darin, und Kate steckte den Beutel mit einem kurzen Nicken in die Tasche ihres Rocks.
    Alejandro sah seine Ziehtochter lange an. Dann wandte er sich wieder Karle zu und sagte: » Nehmt dieses mit auf den Weg. Wenn es Gott gefällt, uns zu trennen, werden wir uns wiedersehen. Und dann ist es besser für Euch, wenn meine Tochter sich nicht zu beklagen hat! «
     
    A n jedem Ort, an dem sie sich in den Jahren seit England versteckt hatten, schienen ihnen Fenster Fallen zu stellen. Oft fragten sie sich als erstes, wenn sie eine Behausung ins Auge faßten, die verlassen zu sein schien: Gibt es zu viele Fenster, um hineinzuschauen? Der jüdische Arzt und seine adoptierte englische Tochter waren

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