Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
damenhaft übers Kopfsteinpflaster bewegt, habe ich mit dem Rubenbacher Max Fußball gespielt. Unter anderem.
Ich bin einfach kein Kleider-Typ. Nur die Bea hat das nie eingesehen. » Des is bloß ungewohnt, Fanny«, hat sie immer gesagt. » Du musst dich bloß ein bisserl drin bewegen, dann wird’s irgendwann ganz natürlich.«
Ganz natürlich, ha ha.
Immerhin, der Verkäufer hier sieht es.
» Weißt du was? Wir probieren mal ganz was anderes«, sagt er.
Ich nicke, obwohl ich echt, echt, echt nichts anderes mehr anprobieren will. Aber als ich dann sehe, was mein neuer, allerbester Freund, Spezi und Seelenverwandter mir als Nächstes bringt, steigt meine Stimmung. Schlagartig.
Es ist ein schlichtes, schwarzes T-Shirt.
12
» Wa ha u aha aha?«
» Hä?«
Ich verstehe kein Wort. Es ist so spät in der Nacht, dass die Leute in der Bikini-Bar langsam die Kontrolle verlieren, gerade eben hat der DJ die Musik so abartig laut aufgedreht, dass mir der Eisengel ins Ohr plärren muss, und ich ihn immer noch nicht verstehe. Um uns herum drängeln sich die Leute, manche versuchen zu tanzen, obwohl es eigentlich zu eng dazu ist, und für eine Sekunde spüre ich den heißen Atem des blauhaarigen Mädchens an meinem Ohrläppchen.
» Wah ha u ohe aha?«
Ich sehe sie verständnislos an, und dann kommt es mir. Was ich vorher gemacht hab, will sie wissen. » Ich bin gelernte Goldschmiedin!«, plärre ich zurück.
» Echt?« Sie sieht mich ungläubig an. » Und ist das hier von dir?«
Gott sei Dank, der DJ hat die Musik wieder etwas leiser gedreht.
Der Eisengel, der, wie ich inzwischen weiß, Frida heißt, aus Holland kommt, in Berlin Tanz studiert und wahnsinnig freundlich zu mir ist, fasst mir vorsichtig ins Dekolleté, nimmt den Diamanten zwischen die Finger und begutachtet ihn.
Ich nicke.
» Das ist total toll!«, schreit Frida. Sie strahlt mich so begeistert an, dass mich eine Welle der Zuneigung zu ihr überspült, aber natürlich kann das auch bloß der Gin Tonic sein, von dem ich jetzt noch einen Schluck nehme. Ist mittlerweile mein dritter. Ehrlich gesagt hatte ich für Gin Tonic nie groß etwas übrig. Ich meine, warum sollte man einen Haufen Geld für ein Getränk ausgeben, das viel zu bitter ist und viel zu süß? Aber irgendwie nehmen sie hier einen anderen Gin und auch ein anderes Tonic, und da kann man das Zeug einigermaßen trinken. Außerdem bestellen alle Gin Tonic, da bestehe ich dann auch nicht auf mein Bier.
» Das hat dieser Verkäufer bei Stefanidis heute auch gesagt«, schreie ich zurück.
» Oh, du warst bei Stefanidis?«, fragt sie. » Hast du was gekauft?«
Ich zupfe demonstrativ am Kragen meines neuen T-Shirts. Es ist ganz schlicht und schwarz, ohne Aufdruck oder irgendwelche Ziernähte, aber irgendwie sieht man trotzdem sofort, dass es etwas Besonderes ist. Es rutscht bei der kleinsten Bewegung wie zufällig von der Schulter, was selbst an mir irgendwie sexy wirkt.
» Sehr schick!«, sagt Frida bewundernd.
Ich lächle geschmeichelt und verschweige ihr, dass die hautenge Jeans und die schwarzen, knöchelhohen Stiefel, die ich trage, ebenfalls neu sind – der Verkäufer hat mich dazu überredet, mein Outfit gleich komplett zu machen. Erst wollte ich nicht, weil ich es für ausgeschlossen hielt, auf diesen Zehn-Zentimeter-Absätzen laufen zu können, aber es ist komisch, er hatte recht: Weil es Stiefel sind, geht es irgendwie. Es ist wie mit Bergschuhen, in denen man auch nicht umknickt, weil sie so hochgeschlossen sind.
» Aber sag mal, Fanny, wenn du eigentlich Goldschmiedin bist, wie bist du denn dann in einem bayerischen Wirtshaus gelandet?«
Ich erzähle ihr, wo ich herkomme, und von Omis Wirtshaus und dann von Quirin und seiner Idee.
» Lustig!«, ruft sie. » Und wie lange bist du jetzt schon hier?«
Ich muss kurz nachdenken. Jetzt ist Anfang April, und Ende Februar bin ich angekommen.
» Fünf, sechs Wochen«, sage ich.
Die Frida lacht.
» Süß! Ein Frischling! Und? Wie gefällt’s dir in der Großstadt?«
Ich überlege. Tja. Wie gefällt es mir in der Großstadt?
» Also, eigentlich find ich’s toll«, schreie ich. » Ganz anders als jetzt zum Beispiel München. Viel unaufgeräumter. Und bunter.«
» Ja, nicht?«, sagt die Frida. » Ich hab immer das Gefühl, dass hier jeder sein kann, was er will. Dass Berlin Platz hat für jedes Leben! Du kannst Tänzerin sein und blaue Haare haben. Du kannst einfach nur Nachtmensch sein oder ein stockkonservativer Kunstsammler oder
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