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Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Breznkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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begehen. Man müsste einfach nur in ihnen von der Bordsteinkante springen.
    Und ich soll da rein, wo die rausgekommen ist? Ehrlich? Himmel! Zugegeben, erst fand ich die Idee von Bea ganz gut, mir endlich mal etwas richtig Schickes und Modernes zu kaufen, aber nun kommen mir da doch Zweifel.
    Aber andererseits, jetzt, wo ich hier bin, kann ich mir den Laden auch ruhig mal ansehen, oder? Außerdem wüsste ich sowieso nicht, woher ich sonst auf die Schnelle etwas zum Anziehen kriege. Noch ein schwarzes T-Shirt von Esprit brauche ich mir ja auch nicht kaufen.
    Ich warte ab, dass die kahle Daisy die Treppe hinab balanciert und versuche derweil, mich daran zu erinnern, ob 110 oder 112 die richtige Nummer für den Sanka ist. Erst, als sie sicher unten angekommen ist, wage ich mich hinauf und stemme mich gegen die Tür, durch die sie herausgekommen ist.
    Der Laden ist ungefähr so groß wie die Weilheimer K&L-Ruppert-Filiale, nur mit weniger Klamotten – deutlich weniger Klamotten. Es ist ein ungefähr acht Meter hoher, turnhallengroßer Saal, in dem es fast keine Einrichtung gibt, nur ein paar Kleiderstangen ganz hinten im Raum. Auf der rechten Seite befindet sich die Kasse und ein knapp raumhohes Regal, das so groß ist, dass man im Notfall wahrscheinlich die Bayerische Staatsbibliothek darin unterkriegen würde. Im Moment ist allerdings nur jedes dreißigste Fach belegt, mal mit einer Handtasche, mal mit einem Schal, mal mit einem Damenhut ohne Krempe. Vor dem Regal steht ein kegelbahngroßer Verkaufstresen, auf dem nicht einmal ein Kugelschreiber liegt. Und dann gibt es noch zwei Inseln, eine mit ein paar Schuhen und eine, auf der irgendwelcher Krimskrams ausgestellt ist. Und im ganzen Laden keine Menschenseele, den Verkäufer jetzt einmal ausgenommen.
    » Hello!«, flötet der mir entgegen.
    » Hi!«, antworte ich.
    Oder besser gesagt, ich will » Hi« antworten, aber meine Stimme quiekt dabei so fürchterlich, dass ich nur irgendeinen komischen Laut von mir gebe. Keine Ahnung, warum das passiert. Vielleicht eine Antizipation des Geräuschs, das Bea entrinnen wird, wenn ich sie dafür erwürge, dass sie mich in so einen Laden schickt.
    Zum Glück entdecke ich, dass es gleich rechts von mir in einen Nebenraum geht, also schlage ich einen Haken und schlüpfe hinein.
    Aha. Die Kosmetikabteilung. Schon besser. Unter Deorollern fühlt man sich doch gleich viel sicherer als unter Designerfummeln.
    Ich spaziere also ganz entspannt die Tische entlang, nehme hier und da ein Tiegelchen in die Hand, schnuppere mal an dem einen Fläschchen, mal an dem anderen, und dann schaue ich mir eine Plastiktube ein bisschen genauer an. Aha, ein Duschgel, sehr hübsch.
    Oha. Was ist das da auf dem Deckel? Der Preis?
    35 Euro für ein Duschgel?
    Alter Falter.
    Ich stelle die Tube wieder zurück, wende mich ab und entdecke, dass weiter hinten im Raum noch viel hübschere Flaschen stehen. Ich vermute sofort das Richtige: Das ist die Abteilung mit dem Schnaps.
    Wenn ich mich da mal nicht auskenne.
    Ich trete näher, lese die Etiketten und muss sofort an den Papa denken. Hesselbacher Benjaminerkirsche aus dem Maulbeerfass gibt es da und Taxusgeist vom Samenmantel der Eibe und Mirabelle de Nancy. Aber dann sehe ich das Preisschild auf dem Boden einer Flasche Vogelbeerbrand und muss gleich schon wieder an den Papa denken, aber diesmal anders.
    185 Euro.
    Für eine Flasche Schnaps!
    Das glaubt der mir nie.
    Plötzlich merke ich, dass der Verkäufer sich ganz unauffällig in die Tür gestellt hat und mich beobachtet – keine Ahnung, wie lang schon, aber ich fühle mich sofort wie ein Dieb.
    » Can I help you?«, fragt er nun, mit betont freundlichem Gesicht.
    Das ist hier offenbar so in Berlin. Immer wird man zuerst auf Englisch angehauen, selbst wenn man offensichtlich in Pankow geboren ist (oder meinetwegen in Bayern, wie ich).
    » Naa, dankschön!«, rufe ich, genauso freundlich, und extra dialektgefärbt, damit der Kerl merkt, dass ich auch wirklich keine New Yorker Fashiondiva bin.
    » Okay, einfach melden!«, flötet er und verschwindet wieder.
    Immerhin, er hat’s verstanden. Trotzdem beschließe ich, ebenfalls wieder nach vorne zu gehen. Nicht dass der noch denkt, ich sei bloß hier, um seinen überteuerten Schnaps zu stibitzen.
    Ich durchquere also demonstrativ ohne Eile den Raum und schlendere, so entspannt ich kann, die Kleiderständer entlang. Allerlei komisches Zeugs hängt da herum, bei den meisten Sachen wüsst ich so auf Anhieb gar

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