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Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Catherine wurde ruhig. Ein wenig bebten noch die Knie, dann atmete sie tiefer, freier.
    Ein Geräusch von der Tür. Thomas drehte sich um. Er löste die Hände. »Anne«, sagte er.
    Lady Annes Mund bewegte sich, aber sie sagte dabei nichts, es war ein stummes Ringen um Worte. Schließlich kamen doch Töne: »Ich wollte fragen, was du erreicht hast.«
    »Courtenay hat abgelehnt«, antwortete Thomas.
    »Ich habe nicht dich gefragt, sondern das junge Ding. Was hast du erreicht?«
    »Nichts, Mylady.«
    »Hast du den Brief überreicht?«
    Was hatte das zu bedeuten? Sollte es nicht ein Geheimnis sein, war nicht vereinbart gewesen, daß sie darüber zu schweigen hatte? »Ja, das habe ich.«
    »Und Erzbischof Courtenay hat dich zurückgeschickt.«
    »Anne, ich –«
    »Schweig, Thomas.« Mit einer Handbewegung schnitt Lady Anne ihm das Wort ab. Sie gewann an Fassung. Mit spitzem, bleichem Finger wies sie auf Catherine. »Was suchst du hier? Kannst du mir das sagen? Was tust du im Gemach meines Mannes, des Ritters Sir Thomas Latimer?«
    »Ich … Er hat mich …«
    »Nicht er hat, du hast! Eine Brille besitzt er bereits. Was willst du also noch hier?« Sie machte einen Schritt auf Catherine zu. »Ich sehe es in deinem Blick«, flüsterte sie. »Du willst ihn fressen, wie ein Habicht die Adlerjungen zerhackt. Er ist dir verfallen, weil er ein gutes und wehrloses Herz hat, und nun willst du ihn vernichten.«
    Lady Anne durchschaute sie, sie konnte sehen, daß Thomas todgeweiht war, natürlich, sie war eine Frau, sie wußte, daß die Liebe einer Mutter mehr galt als jede Achtung vor dem, was gut und richtig war. Rasch es zu Ende bringen! Repton konnte |348| jeden Augenblick Alan erreichen, dann war es zu spät, Latimer würde leben, Hawisia würde in den Händen Courtenays ihr Ende finden. »Sir Latimer!« rief Catherine. »Verzeiht mir.« Sie stürzte zum Fenster, riß das Fell herunter, schwang das Bein über die Brüstung.
    Schon war er bei ihr, umgriff ihren Leib, zog sie vom Fenstersims. Er opferte sich, um sie und Hawisia zu retten. Catherine sah etwas aufblitzen im Gebüsch. Er mußte vor dem Fenster stehenbleiben, nur noch einen kleinen Augenblick.
    »Catherine«, sagte er, »Anne hat unrecht, und du weißt das.«
    »Trotzdem will ich sterben.«
    »Ist Hawisia damit geholfen?«
    »Sie stirbt so oder so.«
    »Das wird sie nicht. Wir werden einen Ausfall machen, ich selbst werde voranreiten und eine Bresche in Courtenays Front schlagen. Wir befreien Hawisia.« Er sah sie an, die Augen plötzlich weich, bittend.
    Diesen guten Mann sollte sie umbringen? Wie sollte sie je seinen Blick vergessen, seine Güte? Niemand verdiente den Tod weniger als er. Und er wollte Hawisia befreien, es würde einen Ausweg geben!
    Etwas pfiff durch die Luft.
    Catherine warf sich auf Latimer, prallte gegen den Brustpanzer, gemeinsam fielen sie, er ruderte mit den Armen, riß einen Korb um, sie schlitterten über den Boden.
     
    Ein meisterlicher Schuß. Obwohl er nicht lange gezielt hatte. Alan war nach einem Siegesschrei zumute. Wozu Belagerungen? Wozu verlustreiches Anreiten gegen Wälle? Es bedurfte nichts als eines guten Schützen, und der Burgherr fiel inmitten seiner eigenen Mauern.
    Nun mußte nur noch die Flucht gelingen. Er drehte sich um ...
    ... und sah sich einer blanken Schwertklinge gegenüber. »Repton! Was jagt Ihr mir einen solchen Schrecken ein!«
    |349| »Habe ich das?«
    »Wie lange steht Ihr schon da?«
    »Eine Weile.«
    »Dann habt Ihr meinen Schuß gesehen?«
    »Durchaus.«
    »Sehr gut.« Nun hatte er einen Zeugen, der von seiner Heldentat berichten konnte.
    »Gehen wir.« Repton winkte mit der Schwertspitze.
    Was sollte die Klinge? »Steckt das Schwert weg. Was soll die Klinge?«
    »Ich will sichergehen, daß du den richtigen Weg nimmst.« 

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    Körbe und Truhen, die Bank, der kalte Kamin tauchten aus roten Nebelschwaden auf. Sie schwankten, waberten.
    »Anne!« Thomas stürzte heran, fiel auf die Knie und beugte sich über sie.
    Er sieht mich, dachte sie. Sie versuchte zu lächeln. In ihrem Bauch loderte ein Feuer, seine Flammen zuckten bis in die Beine, die Arme. Trotzdem lächelte sie. Wie schön das war: Er kniete dort und schaute sie voller Sorge an. Nach ihrem Bauch streckte er die Hand aus, aber er zog sie wieder zurück, als wagte er nicht, den langen Pfeilschaft zu berühren, der aus ihrem Kleid herausragte.
    »Ich habe gern diesen Pfeil gefangen«, flüsterte sie, »für dich, Thomas.«
    Er

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