Die Bruderschaft Christi
Taxifahrer zu Taxifahrer gegangen und hatte kurz mit ihnen geredet. Als er zurückkehrte, lächelte er zufrieden und setzte sich neben Moshav auf die Bank.
»Was hast du gemacht?«, fragte Moshav.
»Ich weiß jetzt, dass wir richtig sind«, antwortete Tom zufrieden.
»Richtig?«
Tom holte ein zusammengefaltetes Papier aus seiner Jackentasche, entfaltete es und hielt es Moshav unter die Nase. Es war ein Bild von Professor Chaim Raful.
»Habe ich gestern im Internet ausgedruckt«, sagte er verschmitzt.
»Du willst mir doch nicht weismachen, dass sich noch jemand an ihn erinnert.«
»An ihn alleine vielleicht nicht, aber an sein Gepäck.«
Moshav zog die Stirne kraus.
»Überleg doch mal, wir gehen davon aus, dass er die alten Schriften mit sich führt. Mindestens tausend Jahre alt und anfällig. Er macht sich doch nicht die ganze Mühe, um sie dann auf der langen Reise zu beschädigen.«
Moshav ging langsam ein Licht auf. »Er hat sie in einem Vakuumköcher transportiert.«
»Richtig«, bestätigte Tom. »Und wenn jemand eine solche Bombe unter dem Arm trägt, dann fällt es eben auf. Er hatte zwei bei sich. Knapp einen Meter lang, schätzt der Taxifahrer. Er landete vor vierzehn Tagen und ließ sich direkt zum Bahnhof fahren.«
Moshav zeigte auf den Boden. »Unter uns fahren Züge, warum nahm er ein Taxi?«
»Sein Flieger hatte Verspätung und der Shuttlezug war schon abgefahren. Er hatte es sehr eilig, sein Intercity ging zehn Minuten nach fünf vom Hauptbahnhof ab.«
»Wohin?«
Tom erhob sich und ging zielstrebig auf die Eingangstür zu. Gleich neben einer Werbetafel für die Lufthansa hingen Pläne der Deutschen Bahn. Tom suchte in der Spalte nach den Abfahrtszeiten.
»Siebzehn Uhr zehn nach München und siebzehn Uhr zwölf nach Koblenz«, las er laut vor.
»Also München«, antwortete Moshav. »Dann ist er tatsächlich bei seinem Kumpel von der Uni untergetaucht.«
Tom nickte. »Jean hat Recht, also auf geht’s, fahren wir nach München und statten ihm einen Besuch ab.«
Schönau, Berchtesgadener Land …
Stefan Bukowski lehnte sich locker gegen den Streifenwagen und schnippte seine Zigarette in hohem Bogen weg. Nummer siebzehn, dachte er sich und schaute dem glühenden Stummel hinterher, der wie ein rotes Glühwürmchen durch die beginnende Dämmerung segelte und mit einer kleinen Funkenfontaine auf dem Asphalt aufschlug.
Der Polizeihubschrauber hatte sich erneut im Fahndungsbereich abgemeldet. Den ganzen Spätnachmittag hatten Hundeführer den angrenzenden Wald durchsucht, unterstützt vom Hubschrauber mit Wärmebildkamera. Doch ohne Ergebnis. Nachdem die Dämmerung hereingebrochen war, wurde die Suche ausgesetzt. Noch immer standen Polizeistreifen an neuralgischen Punkten wie Kreuzungen oder Abzweigungen und kontrollierten den Verkehr. In den Häusern der Umgebung flammten langsam die Lichter auf und erleuchteten die dunklen Fensterhöhlen. Die Tür der mobilen Einsatzzentrale wurde geöffnet, und Lisa erschien im Lichtschein und gesellte sich zu Bukowski.
»Was machst du hier draußen?«, fragte sie.
»Ich habe auf dich gewartet«, antwortete Bukowski.
»Der Einsatzleiter möchte mit dir sprechen. Er will die Leute abziehen und nur noch ein paar Zivilstreifen hierbehalten. Er meint, die Kerle sind längst über alle Berge.«
Bukowski runzelte die Stirn. »Er soll tun, was er für richtig hält, aber das nächste Mal werden die Karten neu gemischt. Ich habe keine Lust mehr, in diesem Kompetenzgerangel als zweiter Sieger hervorzugehen.«
Bukowski ärgerte sich über die Entscheidungen des Polizeioberrates, doch ihm war unmissverständlich klargemacht worden, dass die örtliche Direktion der Schutzpolizei für diesen Einsatz die Verantwortung trug.
»Vielleicht hat er sogar Recht«, meinte Lisa. »Als wir den Wagen fanden, war der Motor schon kalt. Da kann schon mehr als eine Stunde vergangen sein, und sie könnten sich einen zweiten Wagen beschafft und das Gebiet längst verlassen haben.«
»Wurde denn ein weiterer Wagen als gestohlen gemeldet?«
Lisa schüttelte den Kopf. »Es liegt keine weitere Meldung vor.«
»Eben!«, antwortete Bukowski. »Die Kerle sind hier, und sie haben sich in irgendeinem der Häuser verschanzt. Da drinnen gibt es jetzt Menschen, deren Leben keinen Pfifferling mehr wert ist, verstehst du. Und an allem ist nur dieser bornierte Kahlkopf schuld, der meint, er weiß, was er tut. Aber ich sage dir, er hat noch nicht einmal eine Ahnung von der
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