Die Bruderschaft Christi
lag in seinem Schoß. Der Druckverband an seinem Hals hatte sich an den Rändern rot gefärbt. Mit großen Augen blickte der Junge den Mann mit dem Teufelsgesicht an.
»Werden Sie uns umbringen?«, fragte die junge Frau.
Der Teufel schaute nachdenklich aus dem Fenster. »Wenn Sie ruhig bleiben, geschieht Ihnen nichts«, antwortete er, ohne den Blick abzuwenden. Auch er sprach mit Akzent. Sein Komplize war in der Küche geblieben, dennoch drang ab und an seine Stimme in den Raum. Offenbar telefonierte er.
»Sie werden noch einmal einen frischen Verband brauchen«, versuchte die Frau die lastende Stille zu durchbrechen, doch der Mann mit dem Teufelsgesicht knurrte nur unverständlich. Schließlich wurde die Tür aufgestoßen und der Boxer betrat das Zimmer. Er sprach ein paar ausländische Worte mit dem Verletzten und dieser nickte. Draußen senkte sich langsam die Dämmerung über das Land.
Der Boxer setzte sich in den noch freien Sessel und grinste die junge Frau an.
»Seit wann lebst du hier alleine?«, fragte er.
Die Frau versuchte ihr Zittern zu verbergen. »Zwei Jahre«, antwortete sie knapp.
Er zeigte auf den Jungen. »Und dein Mann?«
»Er ist nach München gegangen, er hat es hier nicht ausgehalten. Er war ein Städter, das Leben hier war ihm zu eintönig.«
Der Boxer richtete sich auf und grinste. »Dann hast du schon lange keinen Mann mehr gehabt?«
Das Zittern kehrte zurück, der Junge krallte sich fester an seine Mutter.
»Vielleicht gefällt es dir sogar, wo ist dein Schlafzimmer?«, setzte der Boxer nach.
»Stai cito!«, maßregelte ihn sein Komplize. »Non e in tempo!«
Der Boxer verlor sein Grinsen und ließ sich zurückfallen. Er antwortete in der fremden Sprache. Kurz unterhielten sie sich, bevor sich der Mann mit dem entstellten Gesicht wieder an die junge Frau wandte. »Wo steht dein Wagen?«, fragte er.
»In der Garage«, antwortete die junge Frau und zeigte in Richtung der Scheune.
»Wir brauchen ein paar Eimer, aber sie müssen aus Metall sein.«
»In der Scheune vielleicht«, antwortete die Frau.
Der Teufel gab seinem Komplizen einen Befehl. Murrend erhob sich der Boxer und ging zur Tür.
»Sie werden uns doch nichts tun«, fragte die junge Frau noch einmal besorgt. Der Teufel schüttelte den Kopf.
Flughafen Stuttgart, Süddeutschland …
Die Maschine der British Airways landete planmäßig gegen 17.00 Uhr auf dem Stuttgarter Flughafen. Nachdem Tom und Moshav die Formalitäten hinter sich gebracht hatten, warteten sie noch eine ganze Weile an der Gepäckausgabe, bis Tom endlich seinen großen Werkzeugkoffer wieder in Empfang nehmen konnte.
»Warum hast du ihn nicht einfach im Hotel zurückgelassen?«, fragte Moshav, als sich Tom abmühte und den Koffer auf dem Kofferkuli verstaute. Gemeinsam betraten sie die Ankunftshalle. Zielstrebig suchte Tom nach dem Bereich der Schließfächer.
Über einen abschüssigen Durchgang betraten sie das Nebengebäude des Flughafens, wo sich vorwiegend die Schalter der türkischen und jugoslawischen Fluggesellschaften befanden. Der Bereich der Schließfächer befand sich in einer Ecke. Nur ein paar Menschen hatten sich um die runden Tische versammelt, an denen geraucht werden durfte. Tom blickte sich argwöhnisch um. Schließlich nahm er den Koffer vom Kofferkuli und verschwand hinter einer Ecke. Moshav wollte ihm folgen, doch Tom hielt ihn zurück. »Bleib stehen und pass auf, dass niemand kommt«, sagte er.
Als er nach wenigen Minuten zurückkehrte, musterte ihn Moshav fragend. »Was sollte das?«
Verstohlen nahm Tom die kleine silberfarbene Pistole aus der Jackentasche. »Du weißt, mit den Kerlen ist nicht zu spaßen, da kann ein wenig Sicherheit in der Hinterhand nicht schaden.«
»Bist du verrückt!«, antwortete Moshav entrüstet. »Wenn der Zoll die Pistole gefunden hätte, dann säßen wir jetzt in einer Zelle.«
»Haben sie aber nicht«, entgegnete Tom.
Sie durchquerten die Ankunftshalle und verließen den gläsernen Bau. Unzählige Taxis warteten vor der Halle, die von einer riesigen Baustelle umsäumt wurde.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Moshav.
»Warte mal kurz«, antwortete Tom und ging zu einem der Taxifahrer.
»Was hast du jetzt noch für eine Überraschung auf Lager?«, rief ihm Moshav nach, doch Tom war bereits verschwunden. Moshav wandte sich um und ließ sich mit einem Seufzer auf einer nahen Bank nieder.
Es dauerte beinahe eine halbe Stunde, bis Tom endlich wieder auftauchte. Zuvor war er von
Weitere Kostenlose Bücher