Die Bruderschaft Christi
Oder soll ich dich in die Hadassah-Klinik bringen lassen? Ich kann den Krankenwagen immer noch rufen.«
Tom legte sich nieder und versuchte zu lächeln.
»Der Arzt hat dir Ruhe verordnet«, sagte Yaara streng. »Und wenn du dich nicht daran hältst, dann rufe ich in der Klinik an.«
Tom hob abwehrend die Hände. »Schon gut, ich tue ja, was mir meine Krankenpflegerin befiehlt.«
Der Zugang zum Zelt wurde zurückgeschlagen. Ein kühler Luftzug ergoss sich in das feuchtwarme Zelt. Moshav trat ein. Sein Blick fiel auf Tom. Er lächelte. »Dich kann man wirklich keine Minute aus den Augen lassen«, scherzte er. »Versorgt dich Yaara auch gut?«
Tom nickte. »Sie ist ein klein wenig zu streng mit mir. Was habt ihr im Grab gefunden?«
Moshav zog sich einen Stuhl heran. »Es ist eine kleine Sensation«, antwortete er. »Zumindest das, was wir bislang entdeckt haben.«
»Jetzt spann mich nicht auf die Folter, sag endlich, was das Grab enthält und wie es dahin kommt.«
»Dort liegt ein Ritter bestattet. Wir denken, dass wir den schweren Deckel des Sarkophags bis zum Morgen geöffnet haben. Aaron und seine Männer arbeiten daran. Wir haben Waffenreste und Tongefäße gefunden. Das Überbleibsel eines Schwertes und die Spitze einer Lanze. Alles deutet darauf hin, dass sie aus dem elften Jahrhundert stammen. Gina und der Professor haben einen Teil der Inschrift auf dem Sarg übersetzt. Sie ist in Mittellatein geschrieben. Demnach war der Bestattete eine Art Hauptmann der Tempelritter, die einst Teile der Stadt erobert hatten.«
»Ein Templer«, wiederholte Tom nachdenklich. »Aber wie kommt das Grab eines Templers hierher? Noch dazu unter die Ruinen einer römischen Bastion, die beinahe eintausend Jahre älter ist?«
»Wir haben erst einen Teil des Grabes freigelegt«, erklärte Moshav. »Der Professor ist der Meinung, dass die Templer den Ort bewusst wählten, weil es hier genügend Material zum Bau einer Gruft gab. Steine, verstehst du. Vielleicht sogar die Überreste der römischen Garnison, die zur damaligen Zeit hier verstreut herumlagen. Du hast selbst gesehen, es liegen nur wenige Erdschichten über dem Römerlager, und nach Westen hin fällt das Gelände ab. Aber wir werden sehen. Die Erbauer der Grabstätte waren wohl sehr bedacht darauf, dass ihr bestatteter Hauptmann nicht so schnell gefunden werden konnte.«
»Das ist komisch«, murmelte Tom nachdenklich. »Das Grab eines Tempelritters mitten in Jerusalem und noch dazu hier draußen, vor den Stadttoren, das ist durchaus bemerkenswert.«
»Du hättest Chaim Raful reden hören sollen. Er freut sich wie ein kleines Kind, das die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum sieht, sie aber noch nicht auspacken darf.«
Nachdem Moshav das Zelt verlassen hatte, wurde erneut der Vorhang vor dem Eingang zurückgeschlagen. Professor Chaim Raful betrat das Zelt. »Ich hörte von Ihrem Unfall und wollte fragen, wie es Ihnen geht, Tom?«, fragte er. Doch bevor Tom antworten konnte, klingelte Chaim Rafuls Mobiltelefon. Der Professor hob entschuldigend die Hände und nahm das Gespräch an. Es dauerte nur kurz.
»… wir sehen uns dann auf meinem Zimmer im King David, sagen wir gegen neun«, beendete er die Verbindung. Dann steckte er sein Telefon weg und trat vor Toms Lager.
»Trotz Ihres bedauerlichen Unfalls haben Sie durch Ihren Einsatz eine große Entdeckung für die Geschichte unseres Landes gemacht. Es ist bedauerlich, dass Sie dabei verletzt wurden. Ich hoffe, es geht Ihnen bald wieder gut. Ich möchte Ihnen, Tom, im Namen der gesamten Altertumsforschung danken.«
Der Professor reichte Tom die Hand.
»Ich … ich … ich habe nur meine Pflicht getan«, antwortete Tom etwas verlegen.
Wieskirche hei Steingaden, Bayern …
»Der Notruf erreichte die Zentrale um 01.26 Uhr«, erklärte der uniformierte Polizist. »Die Streife brauchte knapp zwanzig Minuten. Aber sie kam zu spät. Die Einsatzleitung hat entschieden, dass man das LKA informiert. Schließlich ist das der zweite Mord an einem Kirchenmann innerhalb von drei Tagen.«
Kriminaloberrat Stefan Bukowski vom Bayerischen Landeskriminalamt nickte und warf seiner Kollegin einen mürrischen Blick zu. Sie standen vor der Altartreppe. Die Leiche des Kirchendieners war mit einer schwarzen Plane abgedeckt. Eine getrocknete Blutlache befleckte die Marmorplatten. Nicht weit davon entfernt lag ein Schrotgewehr.
»Wem gehört das?«, fragte Bukowski.
»Es muss seines gewesen sein«, erklärte der Polizist. »Es
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