Die Bruderschaft Christi
wurde nicht abgefeuert. Die Spurensicherung ist abgeschlossen. Wir wollten den Tatort aber nicht verändern, bis Sie sich selbst ein Bild gemacht haben.«
Bukowski nickte zustimmend. »Und was wissen Sie von dem Toten?«
»Ein Stich in den Hals hat seine Halsschlagader verletzt«, erklärte der hinzugerufene Rechtsmediziner. »Es war ein langer und spitzer Dolch. Er drang mit großer Wucht ein. Er könnte auch geworfen worden sein.«
»Und was genau hat der Mann am Telefon gesagt, als er den Notruf absetzte?«, richtete sich der Kriminaloberrat erneut an seinen uniformierten Kollegen.
Der Polizist kramte in seiner Tasche und zog einen Block hervor. »Schnell, kommen Sie zur Wieskirche«, las der Beamte vor. »Hier wird eingebrochen. Er nannte noch seinen Namen und dass er das Licht einer Taschenlampe durch die Kirchenfenster sehe.«
»Lebte er hier allein?«, fragte Bukowski.
»Es wohnt noch ein Pärchen im Haus gegenüber«, antwortete der Uniformierte. »Die Haushälterin des Pfarramts und ihr Ehemann, der in dieser Kirche als Hausmeister angestellt ist. Aber das Opfer ist alleinstehend.«
Bukowski wandte sich seiner Kollegin Lisa Herrmann zu, mit mürrischem Blick schaute er zur Tür.
»Hör mal, ob dieses Pärchen etwas zu sagen hat.«
Lisa nickte. »Wo finde ich sie?«
Der Polizist deutete in Richtung des Hauses, das neben der Kirche stand. »Die Kollegen sind drinnen.«
Bukowski schlenderte auf den Altar zu und blickte sich um. »Hier wurde nichts verändert?«
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Die Spurensicherung war schon hier, aber die haben alles an Ort und Stelle belassen.«
»Fehlt etwas?«
»Wir warten auf den Pfarrer«, erklärte der Polizist. »Der kommt aus Füssen, das dauert eine Weile.«
»Ich dachte, wir sind hier im tiefsten katholischen Fleck Bayerns«, entgegnete Bukowski. »Gibt es keinen Pfarrer in der Gemeinde?«
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Es ist tragisch für die Gemeinde, aber der ortsansässige Pfarrer ist vor knapp drei Wochen bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Er war auf dem Rückweg von Garmisch und ist von der Straße abgekommen.«
Bukowski verzog das Gesicht und blickte auf die Leiche. »Ein Unglück kommt wohl selten allein«, seufzte er und griff in seine Hemdtasche. Er zog eine Zigarette aus der Packung und steckte sie in den Mund.
»Herr Kriminaloberrat!«, mahnte der uniformierte Kollege.
Bukowski wandte sich um. »Schon gut«, sagte er und schob die Zigarette wieder in die Schachtel zurück. »Es gibt also keine Spuren eines Einbruchs. Und offensichtlich stehen alle heiligen Figuren und Gegenstände noch auf ihrem Platz. Möglicherweise waren die Täter so überrascht vom Erscheinen des Alten, dass sie kurzerhand das Weite gesucht haben.«
»Schon möglich«, stimmte der Uniformierte zu.
»Werde ich eigentlich noch gebraucht?«, fragte der Rechtsmediziner.
»Der Todeszeitpunkt stimmt mit dem Anruf überein?«
Der Mediziner nickte. »Nach oberflächlicher Schätzung und in Anbetracht der niederen Temperaturen hier in der Kirche könnte das schon hinkommen. Alles Weitere wird die Obduktion ergeben.«
»Dann sprechen wir uns bei der Obduktion wieder«, entgegnete Bukowski und zog Stift und Block aus der Hosentasche.
Der Uniformierte betrachtete ihn nachdenklich. »Ich glaube, das ist seit über fünf Jahren der erste Mordfall in dieser Gegend.«
Bukowski überging die Worte des Kollegen. »Ich will, dass hier alles großflächig abgesucht wird«, sagte er bärbeißig. »Holen Sie ruhig eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei hinzu. Vielleicht finden wir die Mordwaffe draußen in der Wiese. Und Reifenspuren. Irgendwie müssen die Kerle hierher in diese menschenleere Gegend gekommen sein. Außerdem möchte ich, dass sich unsere Spurensicherung den Tatort noch einmal vornimmt.«
»Aber unsere Spezialisten waren doch schon hier.«
»Egal, unsere Leute vom LKA haben andere Möglichkeiten. Also machen Sie sich an die Arbeit.«
»Sonst noch etwas?«, fragte der Uniformierte missmutig.
Erneut nestelte Bukowski an seiner Hemdtasche. »Ja, haben Sie Feuer?«
Paris, Frankreich, Rue de Rivoli in der Nähe des Museé du Louvre, einen Tag später …
»Der Kardinal ist außer sich«, sagte Pater Leonardo, als er über den Place de Carrousel in Richtung des Seineufers spazierte. Jean Michel Picquet verzog das Gesicht.
»Ist die Kirche über die Jahrtausende so schwach geworden?«
»Die Kirche ist nicht schwach, und sie scheut
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