Die Bruderschaft der Black Dagger
inspiriert und völlig blockiert. Alles, was ich hatte, war ein Gewirr von Ideen und Vorstellungen in meinem Kopf, totale Panik, dass niemand die Geschichte kapieren, geschweige denn kaufen würde, und außerdem traute ich mir überhaupt nicht zu, etwas so Kompliziertes wie die Welt der Bruderschaft zu entwerfen.
Es war in etwa so wie der Versuch, ein Flugzeug zu fliegen, wenn man kaum Fahrradfahren kann.
Ich saß vor meinem leeren Computerbildschirm und musste meine Ängste überwinden. Ich wusste, dass es auch keine Lösung war, mir das Hirn zu zermartern, also schloss ich mit mir selbst einen Pakt: Ich würde die Geschichte, die mir im Kopf herumspukte, genauso niederschreiben, und ich würde es für mich tun und nur für mich. Ich verbot mir alle störenden Bedenken wie Das-kannst-du-nicht oder Das-ist-aber-gegen-die-Regeln oder Lieber-auf-Nummer-sicher-gehen . Was immer ich vor meinem inneren Auge sah, würde ich zu Papier bringen.
Meine nächste Regel lautet WOL : Write Out Loud.
Nimm all deine Ideen und denke sie zu Ende, gehe damit so weit es geht, auch wenn es vielleicht zu weit ist. Es ist hinterher immer leichter zurückzurudern, als etwas vorantreiben zu müssen. Ich glaube, je couragierter der erste Entwurf ist, desto gerechter kann man letztendlich seinen Ideen werden.
Gut, das war also der Plan, und ich fühlte mich ganz gut damit. Da gab es bloß ein winzig kleines Problem.
Wie ließen sich meine großen Pläne bloß umsetzen?
All meine Ideen und die Vielzahl von Perspektiven und Nebenhandlungen machten es mir fast unmöglich, die Story klar zu entwerfen. Als ich wieder mal total panisch wurde, entsann ich mich meines Jurastudiums. An der Uni musste ich immer umfangreiche Beschreibungen der Fälle verfassen, die uns im Kurs vorgelegt wurden. Der Vorteil dieser Methode ist, dass man, wenn man erst einmal alles sortiert hat, den Stoff auch intus hat. Dabei ist der Arbeitsprozess fast wichtiger als das Ergebnis.
Umfangreiche Entwürfe sind seitdem die wichtigste Technik, die ich beim Schreiben anwende.
Vor der Black Dagger -Serie begann ich immer nichts als eine detaillierte Inhaltsangabe zu schreiben, deren Hauptaufgabe es war, meiner Lektorin eine Vorstellung davon zu vermitteln, worauf ich hinauswollte. Den größten Teil des Konzepts überlegte ich mir erst, während ich den Roman erarbeitete - was nicht nur total ineffizient, sondern auch ziemlich riskant war.
Zum Beispiel konnte es so passieren, dass ich die Gefühlslage der Hauptfiguren falsch anlegte oder ihre Beweggründe und Konflikte zu verworren waren, oder dass der Erzählimpuls auf halber Strecke verlorenging. Manchmal passierte sogar all das zusammen. Klar, am Ende bekam ich es immer irgendwie hin, aber auf dem Weg dahin verschwendete ich tonnenweise Papier und ging meiner Lektorin furchtbar auf die Nerven. In diesem mühsamen Kampf um die Geschichte traf ich außerdem oft nicht die besten inhaltlichen Entscheidungen, weil mein Hirn vor lauter Durcheinander und aus Mangel an Klarheit einfach nicht mehr richtig funktionieren konnte.
Meine unverzichtbare dritte Regel ist daher eine logische Begleiterscheinung der zweiten und die Grundvoraussetzung für meine Arbeit als Schriftstellerin: Own your own shit!
Kümmere dich um deinen eigenen Scheiß (oder deine eigene Arbeit, wenn du es ein bisschen vornehmer magst).
Verlass dich nicht auf deinen Lektor oder Agenten oder Probeleser, um die Geschichte, die Charaktere, das Tempo, den Kontext, die Kapitelaufteilung oder irgendein anderes der tausend Probleme, mit denen du beim Schreiben eines Buches konfrontiert wirst, in den Griff zu bekommen. Lerne dein Handwerk, indem du Bücher von anderen Autoren kritisch liest - und zwar die guten und die schlechten. Frag dich immer wieder, was funktioniert und was nicht. Studiere die einschlägigen Texte, die über das Schreiben verfasst wurden, wie Story: Die Prinzipien des Drehbuchschreibens von Robert McKee oder Die Odyssee des Drehbuchschreibers von Christopher Vogler. Sprich mit anderen Schriftstellern über deren Bücher, und darüber, wie sie sie geschrieben haben.
Wenn es um deine eigenen Arbeiten geht, betrachte sie wie ein Feldwebel einen aufmüpfigen, faulen Haufen von Rekruten. Wenn ich nett und sanft zu dem kleinen Künstler in mir bin und mich selbst beweihräuchere, ist das der sicherste Weg, dumpf und unoriginell zu werden. Disziplin und eine ehrliche Einschätzung meiner Stärken und Schwächen, sind bei mir die
absolute
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