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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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er sich, dass er sich das vermutlich bloß eingebildet hatte. Vielleicht sollte durch diese Kleinigkeit der weitaus größere Streich wettgemacht werden, den ihm seine Phantasie spielte, als sie ihm ein leuchtendes Mädchen im tiefsten Wald vorgaukelte, das einen alten Mann darum bat, ihm in seinem kalten, dunklen Gelass Gesellschaft zu leisten. Er spürte ihre Wut, Enttäuschung und, ja, ihre Trauer, denn sie war allein, und sie hatte Angst, aber sie wollte nicht gerettet werden. Sie wollte ihre Einsamkeit und Angst auf andere übertragen, und Phineas wusste nicht, was schlimmer war: in den Wäldern in Gesellschaft des Mädchens zu sterben, bis irgendwann die Welt verging, oder zu sterben und danach aufzuwachen, um festzustellen, dass er genauso war wie sie, durch die Wälder zog und Ausschau nach anderen hielt, damit sie sein Elend teilten.
    Schließlich war Misty frei. Die Hündin raste davon, hielt dann inne und überzeugte sich davon, dass ihr Herrchen ihr folgte, denn trotz aller Erleichterung wollte sie ihn nicht an diesem Ort zurücklassen, genau wie er sie nicht hatte zurücklassen wollen. Langsam lief Phineas hinter ihr her, hatte den Blick auf das Mädchen gerichtet und behielt es im Auge, bis es nicht mehr zu sehen war und er sich wieder auf vertrautem Boden befand.
    Und deswegen ging Phineas Arbogast nicht mehr zu seiner Hütte in den Wäldern bei den Rangeley Lakes, wo irgendwo zwischen Rangeley und Langdon möglicherweise noch immer ihre Überreste zu sehen sind, mittlerweile von klebrigen Dornenranken umschlungen, da die Natur ihr Eigentum stets zurückfordert.
    Die Natur und ein kleines Mädchen mit fahler, schimmernder Haut, das vergebens einen Spielgefährten sucht.
    Ich hatte noch einen alten Prospekt mit dem Titel Zu Gast in Maine, den mir Phineas geschenkt hatte. Er war vom Maine Publicity Bureau irgendwann zwischen Ende der dreißiger und Anfang der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts herausgegeben worden, denn das einleitende Grußwort war von Gouverneur Lewis O. Barrows verfasst, der von 1927 bis 1941 im Amt war. Barrows war ein Republikaner alter Schule und hatte eine politische Richtung vertreten, angesichts derer einige seiner fanatischen Nachkommen die Straßenseite wechseln würden, um ihm aus dem Weg zu gehen. Er hatte für einen ausgeglichenen Haushalt gesorgt, die finanzielle Ausstattung der staatlichen Schulen verbessert, das Altersruhegeld wieder eingeführt und gleichzeitig den Schuldenstand gesenkt. Rush Limbaugh hätte ihn als Sozialisten beschimpft.
    Der Prospekt war eine berührende Hommage an ein vergangenes Zeitalter, als man für dreißig Dollar pro Woche eine luxuriöse Hütte mieten konnte und für einen Dollar ein Hühnchen zum Abendessen bekam. Den Großteil der darin erwähnten Örtlichkeiten gibt es schon lange nicht mehr – das Lafayette Hotel in Portland zum Beispiel, das Willows und das Checkley draußen in Prouts Neck –, und der Autor brachte es fertig, über nahezu alles etwas Nettes zu schreiben, selbst über die Städte, deren Bewohner vermutlich kaum wussten, warum sie dort geblieben waren, geschweige denn, warum jemand dort seinen Urlaub verbringen sollte.
    Die Stadt Langdon, auf halber Strecke zwischen Rangeley und Stratton gelegen, hatte eine ganze Seite für sich, und ich stellte fasziniert fest, wie oft der Name Proctor in den Anzeigen auftauchte: Unter anderem gab es ein Proctor’s Camp, den Bald Mountain Diner, Inhaber E. und A. Proctor, und R. H. Proctor’s Lakeview Fine Dining Restaurant. Offenbar hatten die Proctors Langdon seinerzeit weitgehend in der Hand gehabt, und die Stadt hatte für Touristen so viel Anziehungskraft – jedenfalls nach Meinung der Proctors –, dass man es für gerechtfertigt hielt, eine Reihe von Hochglanzanzeigen zu schalten, alle mit einem Foto des betreffenden Etablissements.
    Welche Reize Langdon seinen Gästen einst zu bieten hatte, war nicht mehr so recht ersichtlich, falls es sich dabei überhaupt um mehr als ein auf reinem Ehrgeiz beruhendes Hirngespinst vonseiten der Proctors gehandelt hatte. Heute bestand die Stadt, die näher an der Grenze nach New Hampshire als an der kanadischen lag und von beiden aus leicht zu erreichen war, lediglich aus einer Reihe heruntergekommener Häuser und ums Überleben kämpfender Geschäfte. Den Bald Mountain Diner gab es noch, aber er sah aus, als wäre dort seit mindestens zehn Jahren keine Mahlzeit mehr serviert worden. Am einzigen Laden der Stadt hing ein Schild, auf

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