Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
doch er wusste nicht, wie wichtig es für den richtigen Sammler sein könnte. Die Stiftung wiederum beauftragte Sie damit, für sie tätig zu werden. Sie sollten nur sicherstellen, dass die Bezahlung erfolgt, und dann dafür sorgen, dass das Stück sicher transportiert wird. Die mühselige Arbeit hatte man Ihnen abgenommen.«
»Ich bin mir nicht sicher, was Sie damit andeuten wollen«, sagte Webber.
»Ich will gar nichts andeuten. Ich erkläre Ihnen, was vorgefallen ist. Sie sind gierig geworden. Sie haben früher schon Geschäfte mit dem Sammler Graydon Thule gemacht, und Sie wussten, dass Thule eine Passion für Grimoires hat. Sie haben ihn auf das Grimoire von La Rochelle hingewiesen. Er wiederum war bereit, Ihnen einen Finderlohn zu zahlen, und bot Ihnen hunderttausend Dollar mehr für das Grimoire an, als Ihnen die Stiftung in Aussicht gestellt hatte, um sicherzugehen, dass es an ihn ging. Sie haben nicht die ganze Summe an den Verkäufer weitergereicht, sondern die Hälfte für sich behalten, und zwar zusätzlich zum Finderlohn. Anschließend haben Sie einen Untervertreter in Brüssel beauftragt, für Sie tätig zu werden, worauf das Grimoire an Thule ging. Ich glaube, ich habe nichts ausgelassen, oder?«
Webber wollte ihm widersprechen, alles abstreiten, was Herod gesagt hatte, aber er konnte es nicht. Es war dumm gewesen zu glauben, dass er mit der Täuschung davonkommen würde, aber nur im Nachhinein. Seinerzeit hatte er gemeint, es wäre durchaus möglich, ja sogar vernünftig. Er brauchte das Geld, seine Einnahmen waren in den letzten Monaten zurückgegangen, denn sein Geschäft war nicht immun gegen die Wirtschaftskrise. Darüber hinaus studierte seine Tochter im zweiten Jahr Medizin, und ihre Studiengebühren setzten ihm zu. Und die Gutlieb-Stiftung zahlte zwar gut, wie die meisten seiner Kunden, aber sie zahlte nicht oft genug, und Webber hatte eine Zeitlang ums Überleben gekämpft. Beim Kauf des Grimoire hatte er insgesamt 120 000 Dollar verdient, nachdem er den Untervertreter in Brüssel ausgezahlt hatte. Für ihn war das viel Geld, genug, um seine Schulden loszuwerden, seinen Anteil an Suzannes Studiengebühren für das nächste Jahr abzudecken und noch ein bisschen auf der Bank zu haben. Allmählich ärgerte er sich über Herod und sein Verhalten. Webber arbeitete nicht für die Gutlieb-Stiftung. Seine Verpflichtungen ihr gegenüber waren geringfügig. Klar, sein Verhalten beim Verkauf des Grimoire war nicht ganz ehrenwert gewesen, aber so etwas kam ständig vor. Pfeif auf Herod. Webber hatte genug Geld, um vorerst über die Runden zu kommen, und er hatte bei Thule einen Stein im Brett. Wenn die Gutlieb-Stiftung die Zusammenarbeit mit ihm beendete, dann sei’s drum. Falls Erkundigungen angestellt werden sollten, hatte Webber genügend falsche Rechnungen, mit denen er ein kleines Vermögen erklären konnte.
»Ich glaube, Sie sollten jetzt gehen«, sagte Webber. »Ich würde gern mein Essen zubereiten.«
»Davon bin ich überzeugt. Leider kann ich die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Eine Art Entschädigung muss erfolgen.«
»Das glaube ich nicht. Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ja, ich habe für Graydon Thule gearbeitet, aber er hat auch seine eigenen Quellen. Man kann mich nicht für jeden gescheiterten Kauf verantwortlich machen.«
»Sie werden nicht für jeden gescheiterten Kauf verantwortlich gemacht, nur für diesen einen. Die Gutlieb-Stiftung ist sehr gewissenhaft, was Verantwortung angeht. Niemand wird dazu gezwungen, sich so zu verhalten, wie Sie es getan haben. Das ist der Vorzug des freien Willens, aber auch sein Fluch. Sie müssen sich damit abfinden, dass man Ihnen Ihr Verhalten übelnimmt. Eine Wiedergutmachung muss geleistet werden.«
Webber wollte etwas sagen, aber Herod hob die Hand und brachte ihn zum Schweigen.
»Lügen Sie mich nicht an, Mr Webber. Es beleidigt mich, und Sie machen sich zum Narren. Seien Sie ein Mann. Stehen Sie zu dem, was Sie getan haben, dann können wir eine Entschädigung aushandeln. Außerdem ist ein Geständnis gut für das Seelenheil.« Er streckte die rechte Hand aus und legte sie auf Webbers. Herods Haut fühlte sich feucht und geradezu schmerzhaft kalt an, aber Webber konnte sich nicht bewegen. Herods Hand schien auf ihm zu lasten.
»Kommen Sie«, sagte Herod. »Ich verlange doch nur, dass Sie ehrlich sind. Wir kennen die Wahrheit, und jetzt geht es nur noch darum, eine Möglichkeit zu finden, wie wir diese Sache hinter uns bringen
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