Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
Joel abbremste und rechts abbog. Die Straße war schmal und leicht abschüssig.
»Soll ich auch noch durch ein Nadelöhr fahren, wenn ich schon mal dabei bin?«, fragte er.
Die Maschinenpistole, deren Lauf sich eiskalt anfühlte, strich leicht über seine Wange.
»Ich Truck fahren können«, sagte der Mann hinter ihm. Er war so dicht an seinem Ohr, dass er seinen Atem spüren konnte. »Wenn du nicht wollen, dann ich machen, aber wir dich dann nicht mehr brauchen, mi Hijo .«
Joel war der Meinung, dass der Typ bluffte, aber er wollte es nicht darauf ankommen lassen. Gekonnt nahm er die Kurve und folgte wieder den Rücklichtern des Plymouth.
»Hey, du sehen, was du können, wenn ich dich ein bisschen ermuntern?«, sagte der Mann mit der Maschinenpistole.
Der Plymouth betätigte die Lichthupe, als sie auf eine Lichtung vor der Ruine eines Hauses fuhren, dessen gemauerter Kamin noch unversehrt inmitten des eingestürzten Daches stand. Dort warteten zwei weitere Männer neben einem schwarzen SUV . Auch sie hatten Masken auf, doch statt der Lederjacken trugen sie Anzüge. Billige Anzüge, aber nichtsdestotrotz Anzüge. Joel trat auf die Bremse.
»Aussteigen«, sagte der Mann mit der Maschinenpistole.
Joel tat, wie ihm geheißen. Das braune Auto war zu ihnen gestoßen, so dass der Sattelzug jetzt von drei Scheinwerferpaaren erfasst wurde. Einer der Anzugträger trat einen Schritt vor. Er war etwa einen Kopf kleiner als Joel und stämmig, aber nicht fett. Er streckte eine Hand aus, und nach kurzem Zögern schlug Joel ein. Der kleine Mann sprach nahezu akzentfreies Englisch.
»Sie dürfen mich Raul nennen«, sagte er. »Lassen Sie uns die Sache so schnell wie möglich hinter uns bringen. Was haben Sie in dem Truck?«
»Tierfutter.«
»Öffnen Sie ihn. Zeigen Sie es mir.«
Zwei Schusswaffen waren auf Joel gerichtet, als er die große Doppeltür öffnete. Taschenlampen wurden auf die Futtersäcke gerichtet, die auf sechs Paletten gestapelt waren. Raul deutete mit zwei Fingern in den Aufleger, worauf zwei Männer mit Messern hineinkletterten, die Säcke systematisch aufschnitten und ihren Inhalt verstreuten.
»Hoffentlich machen sie hinterher wieder sauber«, meinte Joel.
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken«, erwiderte Raul. »Ich kann Ihnen versichern, dass Sie größere Sorgen haben werden, wenn sie nicht finden, was sie suchen.«
»Und was suchen sie: Mehr Proteine? Das ist Tierfutter. Sie haben den falschen Truck erwischt, mein Guter.«
Raul sagte nichts. Er zündete sich eine Zigarette an und bot auch Joel eine an, doch der lehnte ab. Gemeinsam sahen die beiden Männer zu, wie die Säcke aufgeschnitten und durchsucht wurden, bis die beiden Männer wadentief im Futter standen.
»Das ist ein schöner Truck«, sagte Raul. »Wäre schade, wenn er beschädigt werden würde.«
»Schauen Sie, ich hab Ihnen doch gesagt, dass Sie die falsche Fuhre erwischt haben.«
Raul zuckte die Achseln. Joel hörte, wie sich hinter ihm jemand bewegte. Dann wurde er an den Armen gepackt und auf die Knie gezwungen. Raul zündete sich eine neue Zigarette an und ging in die Hocke, so dass er Joel direkt ins Gesicht schaute. Er schnappte sich eine Handvoll von Joels Haaren und drückte die Zigarettenglut unmittelbar unter dem Jochbein auf Joels Wange. Ohne eine Drohung, ohne Vorwarnung, plötzlich waren da nur ein stechender Schmerz, der Geruch von verbranntem Fleisch und ein leises Zischen, das von Joels Schrei übertönt wurde. Nach ein paar Sekunden nahm Raul die Zigarette weg. Die Spitze glühte noch schwach. Raul blies sie an, bis sie wieder rot leuchtete.
»Hören Sie mir zu«, sagte Raul. »Wir könnten den Truck auseinandernehmen, Stück für Stück, und ihn dann vor Ihren Augen anzünden. Wir könnten Sie sogar umbringen und im Wald vergraben. Wir machen uns vielleicht nicht mal die Mühe und bringen Sie um, bevor wir Sie begraben. All diese Möglichkeiten haben wir, aber wir wollen nichts davon tun, weil ich nichts gegen Sie persönlich habe. Folgendermaßen sieht es nun also aus: Ich weiß, dass Sie schmuggeln. Ich will wissen, was Sie schmuggeln, also zeigen Sie mir die Verstecke, sonst verbrenne ich Sie so lange, bis Sie es tun. Und jetzt verraten Sie es mir.«
Nach dem dritten Mal gehorchte Joel.
Sie ließen ihn auf der Lichtung zurück. Bevor sie wegfuhren, gab Raul Joel eine Salbe für seine Wunden. Die Brandverletzung im Gesicht war schlimm, aber die beiden an den Händen waren noch schlimmer. Raul hatte
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