Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
denn, es war unbedingt notwendig, und überließ solche Angelegenheiten lieber vertrauenswürdigen Handlangern. Inzwischen fand er den Anblick der El Narcos mit ihren großen Hüten und den Straußenlederstiefeln lächerlich, geradezu komisch, und ihre Vorliebe für Enthauptungen und Folter gehörte seiner Meinung nach in eine andere Zeit. Außerdem stand er aufgrund seiner Verbindungen zu Speditionsunternehmen zusehends unter Druck und sollte Schusswaffen, die sich in Waffengeschäften in Texas und Arizona mühelos beschaffen ließen, über die Grenze befördern. Nach Rojas’ Ansicht könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis es die Rivalen von La Familia oder die DEA auf ihn abgesehen hatten. Weder das eine noch das andere sagte ihm zu.
Rojas’ Probleme hatten sich infolge der weltweiten Wirtschaftskrise noch verschlimmert. Er hatte eine beträchtliche Geldsumme beiseitegeschafft, sowohl Kohle, die ihm aufgrund der Rolle, die er für La Familia spielte, zustand, als auch andere. Von Anfang an schon hatte er Finanzen in Briefkastenbanken auf Montserrat angelegt, die für ihr durch und durch betrügerisches Geschäftsgebaren berüchtigt und außerdem bereit und in der Lage waren, Geld zu waschen. Seine »Banker« hatten ihre Geschäfte in einer Bar in Playmouth abgewickelt, bis das FBI Druck auf die Regierung von Montserrat ausübte und sie ihre Unternehmungen nach Antigua verlagern mussten. Dort lief unter den beiden Premierministern namens Bird, dem Vater und dem Sohn, wieder alles wie gehabt, bis die US -Regierung wieder Druck machte. Leider hatte Rojas zu spät bemerkt, was der Nachteil dabei war, wenn man bei betrügerischen Banken investierte: Sie neigten zum Betrug, und für gewöhnlich waren ihre Kunden die Leidtragenden. Rojas’ wichtigster Banker schmachtete zurzeit in einem Hochsicherheitsgefängnis, und die Mittel, die er zwei Jahrzehnte lang vorsichtig in Steueroasen gelotst hatte, waren jetzt nur noch rund fünfundzwanzig Prozent dessen wert, was sie wert sein sollten. Er wollte aussteigen, bevor er tot war oder im Gefängnis landete, was für ihn aufs Gleiche hinauslief, da man seine Lebenserwartung nach Stunden messen könnte, sobald er hinter Gittern war. Wenn seine Rivalen ihn nicht kriegten, würden ihn seine eigenen Leute kaltmachen, um ihn zum Schweigen zu bringen.
Er wollte sich absetzen, aber vorher musste er groß absahnen. Jetzt bot ihm Jimmy Jewel allem Anschein nach die Gelegenheit dazu. Er hatte an diesem Tag schon zweimal mit dem alten Schmuggler gesprochen, zunächst, um ihm mitzuteilen, was er in dem Truck gefunden hatte, und dann, nachdem er ihm Fotos von den betreffenden Gegenständen geschickt hatte. Weder Rojas noch Jimmy vertrauten E-Mails, da sie wussten, wozu die FBI ler fähig waren, wenn es auf eine Observation hinauslief. Sie hatten sich schließlich auf eine Lösung geeinigt und eine kostenlose E-Mail-Adresse eingerichtet, zu der nur sie das Passwort hatten. E-Mails konnten geschrieben werden, wurden aber nicht abgeschickt. Stattdessen wurden sie als Entwürfe abgelegt, so dass der ein oder andere sie lesen konnte, ohne dass die Bundesschnüffler darauf aufmerksam wurden. Jimmy hatte zu Vorsicht geraten, bis sie genau einschätzen konnten, womit sie es zu tun hatten. Er werde Erkundigungen einholen, hatte Jimmy Rojas erklärt. Bewahre das Zeug einfach sicher auf.
Auf Jimmy war Verlass. Er hatte überall Kontakte, und so dauerte es nicht lange, bis die Gegenstände als uralte Rollsiegel aus Mesopotamien identifiziert waren. Rojas, der sich für solche Einzelheiten normalerweise nicht interessierte, hatte fasziniert zugehört, als Jimmy ihm erklärte, dass die Siegel, die sich in seinem Besitz befanden, etwa aus dem Jahr 2500 vor Christus stammten beziehungsweise aus der frühdynastischen Periode des altsumerischen Reichs, was immer das auch sein mochte. Sie dienten dazu, Dokumente zu beglaubigen und Besitzrechte zu bestätigen, aber auch als Amulette, die Glück, Gesundheit und Macht bescherten, was Rojas gefiel. Jimmy erklärte ihm, dass die Kappen an den Enden offenbar aus Gold waren und dass es sich bei den Edelsteinen, mit denen sie besetzt waren, um Smaragde, Rubine und Diamanten handelte, aber Rojas wusste auch ohne Jimmys Hilfe, wie Gold und Edelsteine aussahen.
Bei ihrem zweiten Gespräch, das sie gerade beendet hatten, hatte Jimmy Rojas außerdem erklärt, dass der Mann, mit dem er geredet hatte, großes Interesse an den Siegeln vorausgesagt habe und dass
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