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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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hatte gehört, dass Kramer versucht hatte, das Kästchen zu öffnen, aber nicht dahintergekommen war, wie der Mechanismus funktionierte. Sie hatten darüber gesprochen, ob sie es aufbrechen sollten, um festzustellen, was es enthielt, es dann aber klugerweise sein lassen. Stattdessen wurde Schmiergeld gezahlt und das Kästchen geröntgt. Dabei fand man heraus, dass es sich nicht um ein Kästchen handelte, sondern um eine ganze Reihe ineinander steckender Kästchen. Jedes hatte drei Seitenwände, während die vierte von der Vorderseite des jeweils größeren Kästchens, in dem es steckte, gebildet wurde. Aber offenbar hatte jedes Kästchen sieben Schlösser, deren Anordnung sich leicht veränderte, und die Schlösser wurden kleiner und kleiner. Sieben Kästchen, sieben Schlösser an jedem, insgesamt also neunundvierzig Schlösser. Es war eine rätselhafte Apparatur, und sie war leer, von ein paar Knochensplittern einmal abgesehen, die der Radiologe erkannt zu haben meinte. Die waren jeweils mit Draht umwickelt, der wiederum mit den Schlössern verbunden war. Im Röntgengerät hatte es wie eine Bombe ausgesehen, aber Kramer war der Meinung gewesen, dass es sich um eine Art Reliquiengefäß handeln könnte. Er hatte auch die arabische Schrift am Deckel übersetzt. Ashrab min Damhum: »Ich werde ihr Blut trinken.« Sie hatten beschlossen, das Kästchen unversehrt zu lassen und die Schlösser nicht zu knacken.
    Jetzt waren sie so kurz vor dem Abschluss, und Proctor hätte beinahe alles auffliegen lassen. Tja, wenn es nach Tobias ging, konnte Proctor hier draußen bleiben und sich zu Tode saufen. Er hatte gesagt, er lege keinen Wert auf seinen Anteil von der Endsumme und wolle nur, dass das Zeug weggeschafft werde, und den Gefallen tat ihm Tobias gern.
    Es dauerte über eine Stunde, bis er alles im Sattelzug verstaut hatte. Zwei Statuen waren besonders schwer. Er musste die Sackkarre einsetzen, und selbst dann war es noch eine Plackerei.
    Das goldene Kästchen ließ er bis zuletzt stehen. Als er es hochhob, meinte er zu spüren, wie sich drinnen etwas bewegte. Vorsichtig kippte er es an und horchte auf einen Laut, aber da war nichts. Er wusste, dass die Knochensplitter in Rillen lagen, die ins Metall getrieben worden waren, und von dem Draht festgehalten wurden. Außerdem war das, was er gespürt hatte, kein verrutschendes Knochenstück gewesen, sondern eine spürbare Gewichtsverlagerung von rechts nach links, als krieche ein Tier darin herum.
    Dann war es vorbei, und im Kästchen schien wieder alles normal zu sein. Nicht unbedingt leer, aber auch nicht so, als hätte sich irgendetwas gelöst. Er trug es zum Sattelzug und stellte es neben zwei Wandbilder. Der Innenraum des Auflegers war immer noch voller Tierfutter und zerschlitzter Säcke, aber er hatte ihn saubergemacht, so gut er konnte. Den Großteil der Säcke hatte er retten können, und sie dienten jetzt als zusätzliches Verpackungsmaterial für die Artefakte. Er musste sich eine Geschichte und eine Entschädigung für den Kunden in South Portland einfallen lassen, aber das würde er hinkriegen. Er schloss den Anhänger ab und stieg ins Führerhaus. Vorsichtig setzte er den Sattelzug zurück in Richtung Wald, um zu wenden und wieder zur Straße zu fahren. Jetzt hatte er das Motel vor sich. Er fragte sich, ob Proctor dort war. Schließlich war sein Pick-up nicht weg, was wiederum hieß, dass auch Proctor nicht weg sein konnte. Aber ihm könnte irgendetwas zugestoßen sein. Vielleicht war er gestürzt.
    Dann dachte Tobias wieder an die Schätze, die Proctor offen in seiner Hütte hatte herumstehen lassen, und an die Schufterei, als er sie allein im Anhänger verstauen musste. Außerdem schmerzten seine Hände und das Gesicht wieder, und daheim erwartete ihn Karen, Karen mit ihrer glatten, makellosen Haut, den festen Brüsten und den weichen, roten Lippen. Der Wunsch, sie zu sehen, überkam ihn so heftig, dass ihm beinahe schwindlig wurde.
    Zum Teufel mit Proctor, dachte er. Lass ihn verrotten.
    Als er nach Süden fuhr, hatte er keinerlei Gewissensbisse, weil er die Zimmer nicht durchsucht und möglicherweise einen verletzten Mann in einem verlassenen Motel dem Tod überlassen hatte, einen Veteran, der seinem Land ebenso gedient hatte wie er. Ihm kam nicht einmal der Gedanke, dass dieses Verhalten eigentlich nicht seine Art war, denn er war in Gedanken woanders und veränderte sich bereits. Im Grunde genommen veränderte er sich bereits, seit er zum ersten Mal einen

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