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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dürfen nicht ungehalten sein.« Die Stimme des Kutschers nahm einen beinahe flehenden Klang an. »Die Mutter des Lairds hat der Verbindung zugestimmt. Wir wussten nicht, dass auch Myladys Einverständnis dazu notwendig ist, deshalb haben wir nicht …«
    »Das meinte ich nicht. Ich hätte es nur gern gewusst, um dem Brautpaar meine Aufwartung zu machen und ein Geschenk zu überbringen.«
    »Ein Ge… Geschenk?«
    »Gewiss. Warum schaust du mich so verwundert an? Ich komme aus dem Süden und bin mit den Gebräuchen hier im Norden nicht vertraut. Ist es in den Highlands nicht üblich, das Brautpaar zu beschenken?«
    »Natürlich«, versicherte der Kutscher. »Ich hatte nur nicht erwartet, dass … Ich meine …« Er senkte den Kopf und sprach nicht weiter, aber Mary wusste auch so, was er hatte sagen wollen.
    »Du hattest nicht erwartet, dass sich eine Dame für die Heirat zweier Bediensteter interessieren könnte?«, fragte sie.
    Er nickte und schwieg.
    »Dann lass dich eines Besseren belehren«, sagte Mary lächelnd. »Führe mich zum Gesindehaus und stelle mich dem Brautpaar vor. Würdest du das für mich tun?«
    »Sie wollen wirklich hingehen?« Der Kutscher blickte sie unsicher an.
    »Sonst würde ich dich wohl kaum darum bitten.«
    »Also schön, ich …« Er zögerte.
    »Was ist denn noch?«
    »Mylady müssen mir verzeihen, aber Ihr Gesicht …«
    Mary trat an eine der Kutschen und benutzte ein Seitenfenster als Spiegel. Sie sah sofort, was der Junge meinte – ihr Gesicht sah wirklich erbärmlich aus, verheult wie sie war. Hastig zog sie ein Taschentuch unter ihrem Kleid hervor und wischte den Puder ab. Darunter kam ihre helle, rosige Haut zum Vorschein. Dann wandte sie sich wieder zu dem Kutscher um.
    »Besser?«, fragte sie lächelnd.
    »Viel besser«, erwiderte er und erwiderte ihr Lächeln. »Wenn Mylady mir bitte folgen wollen …«
    Unter den staunenden Blicken der anderen Bediensteten führte er sie an den Kutschen und Stallungen vorbei auf die andere Seite des Hofs, wo sich ein zweistöckiges Gebäude aus grobem Naturstein an die Burgmauer fügte.
    Obwohl die Fensterläden geschlossen waren, fiel durch die Ritzen Licht nach draußen, und aus dem Innern drang die Musik, die Mary bereits gehört hatte. Der Kutscher warf ihr einen verunsicherten Blick zu, und mit einem Nicken gab Mary ihm zu verstehen, dass sie noch immer gewillt war, der Feier einen Besuch abzustatten. Er ging ihr voraus und öffnete die Tür, und im nächsten Moment hatte Mary das Gefühl, sich in einer ganz anderen, fremden Welt wieder zu finden.
    Obwohl die Mauern aus unverputztem Stein waren und die Möbel alt und grob gezimmert, strahlte der Raum eine Freundlichkeit und Helle aus, die Mary in Ruthven bislang vergeblich gesucht hatte.
    Im offenen Kamin flackerte ein lustiges Feuer, vor dem mehrere Kinder kauerten und an langen Holzstöcken Brocken von Brotteig rösteten. In der linken Hälfte des Raums gab es eine lange Tafel, an der die Hochzeitsgäste saßen, unter ihnen einige Burschen und Mägde, die Mary vom Sehen her kannte.
    Auf dem derben Eichenholztisch standen mehrere Schüsseln mit einfachem Essen – Brot und Blutwürste, dazu Bier aus grauen Steinkrügen. Ein Adeliger hätte eine solche Speise wohl kaum als passende Mahlzeit für eine Hochzeit empfunden, für diese Leute jedoch stellte sie ein Festmahl dar.
    Auf der anderen Seite des Raums hatte die Kapelle Aufstellung bezogen – drei Angehörige der Dienerschaft, die sich darin verstanden, Fiedel und Flöte zu spielen und die Trommel dazu zu schlagen. Zum Rhythmus ihrer Musik, die frisch und unbeschwert klang, tanzten ein junger Mann und eine junge Frau, deren Haar mit Blumen geschmückt war – ohne Zweifel das Paar, dem zu Ehren die Feier abgehalten wurde. Gerade wollte Mary auf das Brautpaar zutreten, um den beiden ihre Glückwünsche auszusprechen, als einer der Musiker sie erblickte.
    Jäh setzte der Trommelschlag aus, und auch die anderen Instrumente verstummten. Das Brautpaar hörte zu tanzen auf, und die Dienerschaft an der Tafel unterbrach ihr Gespräch. Stille kehrte von einem Augenblick zum anderen ein, und aller Augen richteten sich erschrocken auf Mary.
    »Nein, bitte«, sagte sie. »Feiert weiter, lasst euch von mir bitte nicht stören.«
    »Verzeihung, Mylady«, sagte der Bräutigam und senkte demütig sein Haupt. »Wir wollten Sie nicht stören. Wenn wir gewusst hätten, dass unser Lärm bis ins Haus zu hören ist, hätten wir

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