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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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vergewaltigen? Mich foltern? Mich umbringen wie gemeine Räuber?«
    Der Maskierte lachte nur und wandte sich ab, als wollte er sie seinen Anhängern überlassen.
    »Ich verlange eine Antwort!«, rief Mary ihm hinterher. »Wollt ihr mich töten? Soll mir dasselbe widerfahren wie einst Gwynneth Ruthven?«
    Sie wusste selbst nicht, weshalb sie das gesagt hatte. Gwynneths Name war ihr plötzlich in den Sinn gekommen, und in ihrem hilflosen Zorn hatte sie ihn laut hinausgeschrien. Welche Wirkung sie damit erzielte, konnte sie nicht ahnen.
    Der Anführer der Sektierer verharrte wie vom Blitz getroffen. Drohend wandte er sich wieder zu ihr um. »Was hast du gerade gesagt?«
    »Ich fragte, ob ich enden soll wie Gwynneth Ruthven«, stieß Mary trotzig hervor. Jede Reaktion des Maskierten war ihr lieber, als wenn er sie einfach liegen ließ wie eine wertlose Ware.
    »Was weißt du von Gwynneth Ruthven?«
    »Warum fragen Sie? Sagten Sie nicht selbst, dass Sie und Ihre Bande alles wissen?«
    »Was weißt du von ihr?«, schrie er, und in einem jähen Wutausbruch, der selbst seine Leute erschreckte, riss er den Knauf aus seinem Stock, und eine lange, blitzende Klinge kam zum Vorschein, die er an Marys Kehle legte.
    »Sprich, Mary of Egton«, zischte er, »oder ich schwöre dir, du wirst es im nächsten Augenblick bereuen.«
    Mary fühlte den kalten, spitzen Stahl an ihrer Kehle, und im Angesicht eines grausamen Todes schmolz ihre Entschlossenheit. Sie zögerte, worauf der Vermummte den Druck der Klinge noch verstärkte und ein dünnes blutiges Rinnsal an Marys Hals herabrann. Der kalte Blick ihres Peinigers ließ keinen Zweifel daran, dass er zustechen würde.
    »Ich habe von ihr gelesen«, brach Mary ihr Schweigen.
    »Von Gwynneth Ruthven?«
    Sie nickte.
    »Wo?«
    »In einer alten Aufzeichnung.«
    »Woher hast du sie?«
    »Ich habe sie gefunden.«
    »Auf Burg Ruthven?«
    Erneut nickte Mary.
    »Elende Diebin! Wer hat dir erlaubt, darin zu lesen? Wer hat dir von dem Geheimnis erzählt? Bist du deswegen nach Ruthven gekommen? Um zu spionieren?«
    »Nein«, versicherte Mary verzweifelt. »Ich weiß nichts von einem Geheimnis, und auf Gwynneth Ruthvens Aufzeichnungen bin ich durch puren Zufall gestoßen.«
    »Wo?«
    »In der Turmkammer.« Sie merkte, wie der Druck der Klinge fester wurde, und konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten. »Ich fand sie rein zufällig. Sie waren in einem Hohlraum im Mauerwerk versteckt.«
    »Nichts geschieht zufällig, Mary of Egton, schon gar nicht Dinge wie diese. Du hast die Aufzeichnungen gelesen?«
    Sie nickte.
    »Dann kennst du den Fluch. Du weißt, was damals geschehen ist.«
    »Ich weiß es. Aber ich … ich hatte es nicht für möglich gehalten, bis jetzt …«
    Der Maskierte schnaubte verächtlich, dann zog er sich zurück, um sich mit seinen Anhängern zu beraten. Mary rang keuchend nach Luft und griff sich an die Stelle, wo die Klinge ihre zarte Haut geritzt hatte. Sie sah den Mann mit der Silbermaske aufgebracht gestikulieren und mit den anderen Vermummten verhandeln.
    Schließlich kehrte er zurück. »Das Schicksal«, sagte er, »nimmt bisweilen seltsame Wege. Offenbar gibt es einen Grund dafür, dass unsere Pfade sich kreuzten. Die Vorsehung hatte dabei die Hand im Spiel.«
    »Die Vorsehung?«, fragte Mary. »Wohl eher ein bestechlicher Inspector.«
    »Schweig, Weib! Ich weiß nicht, welche Laune des Schicksals ausgerechnet dich dazu ausersehen hat, uns den Schlüssel zur Macht zu überreichen. Aber es ist geschehen. Ausgerechnet du hast die verschollenen Aufzeichnungen Gwynneth Ruthvens gefunden. Dafür müsste ich dir eigentlich dankbar sein.«
    »Ich verzichte auf Ihren Dank«, erklärte Mary bitter. »Sagen Sie mir lieber, was das alles soll. Wovon reden Sie? Von welchem Schlüssel ist hier die Rede? Und woher wissen Sie von Gwynneth Ruthven?«
    Erneut drang hämisches Gelächter unter der Maske hervor. »In meinen Kreisen gehört es zum guten Ton, die Geschichte seiner Vorfahren zu kennen.« Mit diesen Worten nahm der Vermummte die Maske ab – und Mary traute ihren Augen nicht, als die blassen, ebenso vertrauten wie verhassten Gesichtszüge Malcolm of Ruthvens darunter zum Vorschein kamen.
    »Malcolm«, hauchte sie entsetzt – deshalb also war ihr die Stimme des Maskierten so bekannt vorgekommen.
    »Noch vor ein paar Tagen habe ich vergeblich um deine Aufmerksamkeit gebuhlt«, versetzte ihr Bräutigam kalt. »Nun, so scheint es mir, ist sie mir ganz und gar zuteil

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