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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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vorgegangen ist, könnte geradezu vermuten lassen, der Schlächter Lord Cumberland wäre zurückgekehrt. Aber ich kann auch nicht befürworten, dass Männer zu Gesetzlosen werden und in der Bevölkerung Angst und Schrecken verbreiten. Deshalb hoffe ich, dass Dellard ihnen alsbald das Handwerk legen wird.«
    Quentin nickte. Die Worte seines Onkels wirkten wie immer beruhigend auf ihn. »Und die Schwertrune?«, fragte er. »Das seltsame Zeichen, das ich gefunden habe?«
    »Wer weiß?« Sir Walter nahm seine Brille ab. »Möglicherweise war es tatsächlich nur ein Zufall, ein unglückliches Zusammentreffen von Hinweisen, die sich bei Licht betrachtet ganz anders darstellen als …«
    In diesem Moment war draußen ein Schrei zu hören.
    »Was war das?« Quentin schoss in die Höhe.
    »Ich weiß es nicht, Neffe.«
    Augenblicke lang verharrten die beiden Männer, lauschten angestrengt, ob außer dem Knistern des Kaminfeuers noch etwas anderes zu hören wäre. Plötzlich ertönte ein lautes Geräusch, hell und klirrend. Eines der beiden Fenster des Arbeitszimmers barst; ein Stein flog herein und landete mit dumpfem Schlag auf dem Parkett. Eisiger Nachtwind fegte herein, der die Vorhänge blähte – und im fahlen Halbdunkel, das draußen herrschte, jagten konturlose Gestalten auf schneeweißen Pferden vorbei.
    »Ein Angriff!«, rief Sir Walter entsetzt. »Wir werden angegriffen!«
    Von draußen war das Donnern von Hufen zu hören, dazu infernalisches Geschrei, das Quentin kalte Schauer über den Rücken jagte. Vor Entsetzen halb reglos, starrte er hinaus in die Nacht, sah unheimliche Gestalten in flatternden Roben und auf schimmernden Pferden.
    »Nachtmahre«, entfuhr es ihm. »Geisterreiter.«
    »Von wegen.« Sir Walters Augen rollten wütend. »Wer immer diese Kerle sind, sie sitzen auf echten Pferden und werfen mit echten Steinen. Und wir werden sie mit echtem Blei willkommen heißen. Folge mir, Neffe.«
    Noch ehe Quentin wusste, wie ihm geschah, packte ihn sein Onkel und schob ihn aus dem Arbeitszimmer, hinaus in die Waffenhalle. Rüstungen und Schwerter lagerten hier, Waffen aus vergangenen Epochen, aber auch moderne Musketen und Steinschlosspistolen, die der Herr von Abbotsford gleichermaßen sammelte. Sein Stolz waren preußische Infanteriegewehre, die Soldaten des Hochländerregiments von Waterloo mitgebracht hatten. Zwei dieser schlanken Büchsen, deren Zündmechanismen durch kleine Lederkappen geschützt waren, nahm Scott jetzt in aller Eile aus dem Schrank. Eines davon behielt er selbst, das andere reichte er an Quentin weiter.
    Quentin nahm die schwere Waffe entgegen, die mit aufgepflanztem Bajonett beinahe so lang war wie er selbst, und hielt sie ungeschickt in den Händen. Natürlich war er schon auf der Jagd gewesen und hatte leichte Jagdbüchsen bedient – eine Kriegswaffe wie diese jedoch hatte er noch nie in der Hand gehabt. Aus einem weiteren Schrank holte Sir Walter kleine lederne Munitionstaschen, von denen er wiederum eine an Quentin reichte.
    »Kartuschen«, sagte er nur. »Du weißt, wie man damit umgeht?«
    Quentin nickte, und beide hasteten in die dunkle Eingangshalle. Wieder barst irgendwo eine Scheibe, und aus dem ersten Stock waren schrille Schreie zu hören. Lady Charlotte tauchte am oberen Ende der Treppe auf, in Begleitung einer Dienerin. Sie trug ihr schneeweißes Nachtgewand, dazu einen Umhang aus Wolle, den sie sich in aller Eile übergeworfen hatte. Im flackernden Schein des Kerzenleuchters, den die Dienerin hielt, war das Entsetzen in Lady Charlottes Gesicht deutlich zu sehen.
    »Lass die Tür hinter uns verriegeln, Liebste!«, rief Sir Walter ihr zu, während er mit Quentin zum Eingang eilte, die Muskete in der Hand. »Dann geht in die Kapelle und versteckt euch dort!«
    Sie erreichten die Tür, und Quentin zog den Riegel zurück. Das schwere Türblatt schwang auf, Sir Walter und sein Neffe stürzten hinaus.
    Draußen herrschte Dunkelheit – aus der unerwartet berittene Schreckgestalten brachen. Auf donnernden Hufen sprengten sie heran. Ihre Pferde waren mächtige, stampfende Rösser, deren bleiches Fell vor Schweiß glänzte und aus deren Nüstern Dampf quoll. Die Reiter trugen lange Kutten, die sie umwehten und sie riesenhaft und furchtbar erscheinen ließen. In ihren Händen hielten sie Fackeln, deren Flammen durch die Nacht fauchten und einen flackernden Schein auf die Gesichter ihrer Träger warfen.
    Quentin stieß einen grellen Schrei aus, als er in schwarze, grässlich

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