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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Ruthven war trotzdem nicht davon abzuhalten gewesen, mit seiner Braut hinauszufahren und ihr seine Ländereien und seinen Besitz zu zeigen, der sich unter drückend grauen Wolken erstreckte.
    Durch den milchigen Regenschleier konnte Mary of Egton blassgrüne Hügel sehen, zwischen denen sich die Straße hinzog. Schafe weideten auf den Wiesen; vor dem rauen Wetter hatten sie sich in die Senken geflüchtet und drängten sich dicht aneinander.
    Während der Fahrt wurde kaum gesprochen; Mary starrte aus dem Seitenfenster der Kutsche und tat so, als bewunderte sie die weite Landschaft. In Wirklichkeit war es so, dass sie einem Gespräch mit Malcolm aus dem Weg gehen wollte.
    Ihre erste Begegnung im Frühstückssalon war alles andere als harmonisch verlaufen. So sehr sich Mary vorgenommen hatte, ihrem Bräutigam unvoreingenommen gegenüberzutreten und diesen neuen Lebensabschnitt zuversichtlich zu beginnen, hatte sie nicht an sich halten können, als Dinge, an die sie unumstößlich glaubte, leichtfertig infrage gestellt worden waren. Ihr Interesse für Geschichte und Literatur, ihre Sympathie für die einfachen und ehrlichen Dinge, ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit – all das war auf Burg Ruthven offenbar unerwünscht. Weder ihr zukünftiger Ehemann noch seine Mutter schienen die Eigenschaften, die Mary am meisten mit Stolz erfüllten, besonders zu schätzen. Was sie wollten, war keine eigenständige, unabhängige Persönlichkeit, sondern ein willenloses, blutleeres Wesen, das der Etikette gehorchte und das man an der Leine führen konnte wie eines der Schafe, die dort draußen weideten.
    So sehr Mary bedauerte, was vorgefallen war – es tat ihr nicht Leid, dass sie widersprochen hatte. Eigentlich hatte sie sich nach dem Frühstück auf ihr Zimmer zurückziehen wollen, um ein wenig mit sich allein zu sein, aber Eleonore hatte darauf bestanden, dass sie Malcolm auf seiner Inspektion begleitete. Offenbar dachte man, dass Mary ihrem zukünftigen Ehemann geneigter sein würde, wenn sie erst sah, wie groß seine Besitztümer waren.
    In Marys Augen kam dies einer Beleidigung gleich.
    Es mochte Töchter von Adel geben, die so dachten und für die das einzige Lebensglück darin bestand, einen reichen Laird zu heiraten, der ihnen jeden materiellen Wunsch von den Augen ablas.
    Mary aber war anders, und so sehr sie sich bemüht hatte, dies vor sich selbst zu leugnen, es gelang ihr nicht mehr. Insgeheim hatte sie gehofft, dass Malcolm of Ruthven der Mann ihrer Träume wäre, ein gleichwertiger Partner, der sie respektvoll behandelte, der ihre Wünsche und Sehnsüchte teilte und mit dem sie sich über die Dinge unterhalten konnte, die sie gefangen nahmen.
    Die Wahrheit sah anders aus, war bitter und rau wie das Wetter in diesem Landstrich: Malcolm of Ruthven war ein kaltherziger Aristokrat, dem sein Stand und sein Besitz über alles zu gehen schienen. Was seine zukünftige Frau interessierte, war ihm vollkommen gleichgültig.
    »Nun, meine Liebe«, erkundigte er sich in vollendeter, aber distanzierter Höflichkeit, »wie steht es? Finden meine Ländereien Ihren Gefallen? Das alles gehört meiner Familie, Mary. Von hier bis hinauf nach Bogniebrae und hinüber nach Drumblair.«
    »Die Landschaft ist wunderschön«, erwiderte Mary leise. »Wenn auch ein wenig traurig.«
    »Traurig?« Der Laird hob die schmalen Brauen. »Wie kann eine Landschaft traurig sein? Es sind nur Hügel, Bäume und Wiesen.«
    »Dennoch geht ein Gefühl von ihr aus. Spüren Sie das nicht, Malcolm? Dieses Land ist alt, sehr alt. Es hat viel gesehen und erlebt. Und es trauert.«
    »Worum trauert es?«, fragte der Laird halb amüsiert.
    »Um die Menschen«, sagte Mary leise. »Fällt Ihnen das nicht auf? Es gibt keine Menschen auf Ihrem Land. Es ist leer und trist.«
    »Und das ist auch gut so. Es hat uns mehr als genug Mühe gekostet, das Bauernpack von unseren Ländereien zu vertreiben. Sehen Sie die Schafe dort, Mary? Sie sind die Zukunft unseres Landes. Wer das nicht einsehen will, verschließt sich dem Fortschritt und schadet uns allen.«
    Mary erwiderte nichts darauf. Sie wollte die unselige Diskussion nicht von neuem führen. Stattdessen blickte sie weiter aus dem Fenster, und zu ihrer Freude entdeckte sie zwischen den graugrünen Hügeln einige Dächer, von deren Schornsteinen sich Rauch in den Himmel wand.
    »Dort drüben!«, sagte sie. »Was ist das?«
    »Cruchie«, erwiderte Malcolm mit einem Tonfall, als hätte er in seinem Gesicht einen

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