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Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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irgendwo einen Raum habt, um Unterricht abzuhalten«, sagte er, um Zeit zu gewinnen, »ist Euch wohl bekannt, dass die Professoren zwar zum größten Teil von der Stadt bezahlt werden, die Studenten jedoch immer noch selbst entscheiden, zu wem sie gehen. Was lässt Euch vermuten, dass sie sich für Euch entscheiden könnten?«
    »Ich habe von Mondino mehr gelernt, als er selbst sich vorstellen kann«, erwiderte der junge Mann selbstsicher. »Und ich kann dies genau beweisen. Außerdem braucht die Universität jemanden, der geeigneter ist als Mondino de’ Liuzzi, um die christliche Wahrheit zu lehren.«
    Fedrigo fand die Überheblichkeit des Bürschchens erheiternd und beschloss, auf ihn einzugehen.
    »Nehmen wir einen Augenblick an, ich hätte einen gewissen Einfluss auf das Lehrerkollegium und auf wenigstens einen der beiden Rektoren der Universität, da der andere, Andrea da Viterbo, wie allgemein bekannt ist, sehr mit Mondino befreundet ist«, sagte er und beschrieb mit der Hand eine Geste, um zu zeigen, dass dies nur eine Hypothese war. »Wollt Ihr mir endlich erzählen, was Ihr mir anzubieten habt, um mich zu überzeugen, diesen Einfluss zu Euren Gunsten zu nutzen?«
    »Ich habe gesehen, wie er einen Toten wiedererweckt hat, indem er ihm in den Mund blies.«
    Fedrigos Hand erstarrte mitten in der Luft, und sein Mund blieb ihm halb offen stehen. Er starrte den jungen Mann so eindringlich an, als wollte er direkt durch die Augen in sein Hirn blicken, um mit eigenen Augen zu sehen, was er erlebt hatte. »Wisst Ihr, was Ihr da sagt?«
    »Selbstverständlich. Natürlich behauptet Mondino, es wäre eine neue ärztliche Methode, aber das ist doch mehr als ausreichend für eine Anklage wegen Hexerei, was meint Ihr?«
    Fedrigo war die Lust auf Scherze vergangen. Jetzt war es ihm todernst.
    »Erklärt mir genau, was Ihr beobachtet habt. Bis in die kleinste Einzelheit.«
    Der junge Mann tat wie geheißen, und als er fertig war, sagte Fedrigo: »Sehr interessant, aber das reicht nicht. Mondino ist ein alter Fuchs, er würde verlangen, dass er vor einem Kollegium von Ärzten verhört wird, wie es sein Recht ist, und ich zweifele nicht daran, dass er sie überzeugen könnte, dass er etwas zwar sehr Gewagtes und Abstoßendes getan hat, das aber eigentlich erlaubt ist.«
    »Auch dann noch, wenn ich bezeugen würde, dass ich gesehen habe, wie er magische Zeichen über der Leiche des Zimmermanns gemacht hat, während er ihm Leben einhauchte?«
    Fedrigo wurde der junge Mann allmählich sympathisch. Ihm gefielen Leute, die wenig Skrupel kannten. »Bei der Gelegenheit wart ihr zu zweit«, sagte er. »Würde Euer Kollege bereit sein, das Gleiche zu bezeugen? Denkt genau nach, bevor Ihr antwortet. Eine Anklage wegen falscher Beschuldigung könnte sich gegen Euch wenden.«
    Der junge Mann senkte den Kopf und überlegte wie geheißen. »Nein«, sagte er dann resigniert. »Das würde mein Freund nicht tun.«
    »Dann ist nichts zu machen«, erklärte Fedrigo. »Ich schätze Euren Versuch, aber …«
    »Einen Moment«, unterbrach ihn der junge Mann. »Ich habe von zwei belastenden Beweisen gesprochen. Dies war der erste, und das hier ist der zweite.«
    Aus einer Tasche seines Obergewandes holte er ein schwarzes Stoffbündel hervor und entknotete es umständlich. Fedrigo sah nun unterschiedliche menschliche Knochen vor sich: einen halben Fuß, die einzelnen Finger einer Hand und verschiedene winzige Knochen, die zu klein waren, um ihre Herkunft zu begreifen.
    »Es tut mir leid, Euch enttäuschen zu müssen«, seufzte er. »Wenn wir nicht zweifelsfrei beweisen können, dass Mondino diese Knochen von einem Friedhof gestohlen hat, sind sie wertlos. Er ist Arzt und Anatom, also ist es ihm gestattet, Knochen von Selbstmördern aufzubewahren oder von Exkommunizierten, die auf jeden Fall zu ewiger Verdammnis bestimmt sind.«
    Der junge Mann wirkte nicht enttäuscht, nein, im Gegenteil, er sah aus wie ein Würfelspieler, der sich seines Sieges sicher ist. »Seht Ihr diese winzigen Knöchelchen?«, fragte er. »Sie bilden das Ohr. Weil sie so klein sind, gibt es nur eine Möglichkeit, sie zu trennen, ohne sie dabei zu zerstören: Man muss sie kochen. Und wie Ihr wisst, ist das Kochen von Knochen ausdrücklich durch eine päpstliche Bulle verboten.«
    »Ihr seid absolut sicher, dass das Kochen die einzige Möglichkeit ist?«, fragte Fedrigo.
    »Absolut. Außerdem hat mir das Mondino selbst während seines Unterrichts vor vielen Zeugen

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