Die Bruderschaft des Feuers
niemand vorbeikommen. Sonst würden sie auch diese Zeugen aus dem Weg schaffen müssen. Diesmal würde der Pater keine Fehler dulden, und Visdomini musste zugeben, dass er sich zu Recht sorgte. Er wusste zwar nicht, wie sie es angestellt hatten, doch Mondino und Gerardo hatten außer der Tätowierung an Bertrando Lambertis verkohltem Arm herausgefunden, dass es eine Sekte gab, und sogar die Gegend entdeckt, in der sich das Mithraeum befand.
Der Capitano hegte zwar noch immer Zweifel hinsichtlich der Großen Läuterung, die der Pater wünschte, aber das bedeutete nicht, dass er gewillt war, zur Rettung der Stadt zu sterben. Wenn er sich entschloss, die Verschwörung zu entdecken, würde auch er zu Asche verbrennen wie die anderen beiden, oder er würde, falls er zufällig davon verschont bliebe, als Ketzer zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt werden. Und keine dieser beiden Möglichkeiten gefiel ihm. Der Gewürzkrämer, den der Pater ihm zur Seite gestellt hatte, hatte bestimmt den Auftrag, über alles, was er tat, Bericht zu erstatten.
Daher blieb ihm nur ein einziger Weg, nämlich zu beenden, was er einmal begonnen hatte, und darauf zu hoffen, dass der Pater recht hatte und der Massenmord wirklich all die vielen Seelen vor dem Bösen erretten würde, das über die Welt hereingebrochen war.
Mondino, der neben ihm ging, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit von einem kahlköpfigen, kräftigen Mann gefesselt, der mitten auf einem unbebauten Grundstück auf dem Boden lag. Ein anderer, der mit einfachen Tuchhosen, Holzschuhen und einem schmutzigen Mantel wie ein Mann aus dem Volk gekleidet war, stand über ihn gebeugt. Der Mann am Boden warf sich hin und her wie von Krämpfen geschüttelt.
»Dieser arme Mann scheint einen Anfall von Epilepsie zu erleiden«, sagte Mondino. »Sehen wir kurz nach.«
»Einverstanden, aber versuchen wir, nicht zu viel Zeit zu verlieren«, erwiderte Visdomini.
Als der einfache Mann den roten Talar sah, begann er zu winken und zu rufen, sie sollten näher kommen, doch Mondino benötigte keine Aufforderung. Gefolgt von Gerardo lief er schon zu ihnen. Visdomini war einen Schritt zurückgeblieben und befand sich somit in ihrem Rücken. Alles verlief nach Plan. Der Trick mit dem vorgeblichen Kranken war ihm eingefallen, als er sich erinnert hatte, wie Mondino sich um den bewusstlosen Arbeiter im Salzmagazin gekümmert hatte. Er wusste, dass man ihn nicht erst auffordern musste zu helfen.
Sobald alles erfolgreich erledigt wäre, würde er erzählen, sie wären einer Bande Halsabschneider in die Hände gefallen und er hätte wie durch ein Wunder überlebt. Vielleicht würde man gegen ihn ein Disziplinarverfahren anstrengen, da er sich ohne Eskorte in das unsichere Gebiet zwischen dem zweiten und dritten Ring der Stadtmauer begeben hatte, aber niemand hätte einen Grund gehabt, ihn zu verdächtigen.
Im besten Fall müsste er sich vielleicht nicht einmal selbst die Hände schmutzig machen. Er hatte den Gewürzkrämer gebeten, die unangenehmste Arbeit zu erledigen, und der Mann hatte sich darüber sogar noch gefreut, da er alles dafür tat, um sich beim Pater ins beste Licht zu rücken. Irgendwie beneidete ihn Visdomini um diesen unkritischen Glauben, der nichts infrage stellte. Er dagegen hatte seinen Frieden verloren, nachdem er den Brief des Legionärs Titus gelesen hatte, weil ihn nun unzählige offene Fragen quälten.
All das wird bald vorbei sein , dachte er, während Mondino sich über den Gewürzkrämer beugte. Mit einer schnellen Bewegung zückte der Mann das Schwert, das er unter seinem Rücken verborgen hatte, und versetzte ihm einen gezielten Hieb.
ZWÖLF
D er Capitano del Popolo verzog verärgert den Mund. Dieser Dummkopf hatte überstürzt gehandelt, und in seiner Hast hatte er das Messer in die Tasche des Arztes gestoßen. Mondino hatte sich mit einem Satz zur Seite gerettet, ehe der Gewürzkrämer Zeit hatte, noch einmal zuzustechen.
»Das ist eine Falle!«, schrie Gerardo da Castelbretone im gleichen Augenblick und eilte Mondino zu Hilfe.
Der als einfacher Bürger verkleidete Mann war inzwischen mit gezücktem Kurzschwert vorgesprungen, doch der Arzt traf ihn mit seiner Tasche ins Gesicht und legte mit einem Fausthieb nach, der seinen Angreifer betäubte und ihn das Gleichgewicht verlieren ließ. In diesem Moment warf Gerardo mit einem Fußtritt den Gewürzkrämer, der gerade aufstehen wollte, wieder zu Boden, sodass er mit
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