Die Bruderschaft des Feuers
abschnitt.
Gerardo zuckte die Achseln. »Wenn wir einmal mit ihm allein sind, werden wir von ihm Rechenschaft verlangen für alles, was er heute Abend getan hat. Wenn er seine Unschuld beweisen kann, gut, sonst werden wir die Wachen rufen lassen.«
»Das scheint mir kein besonders durchdachter Plan zu sein«, sagte Mondino und rollte die Ärmel seiner Kutte wieder herunter. »Doch in Ermangelung eines besseren sollten wir uns beeilen. Gabardino, du …«
»Denkt nicht einmal im Traum daran, mich hier allein zurückzulassen, Vater«, fiel ihm der junge Mann ins Wort, während er zum Wandschrank ging, um dort die Nadel, den Seidenfaden und den Essig, mit dem er die Wunde des Vaters versorgt hatte, zurückzulegen. »Ich komme ebenfalls mit.«
»Aber dir geht es nicht gut«, wandte Mondino ein. »Du hast gerade ein Erlebnis hinter dir, das …«
»Ihr und Gerardo habt Schlimmeres erlebt. Wenn Ihr geht, komme ich mit Euch.«
In seiner Stimme lag keinerlei Feindseligkeit, nur Entschlossenheit. Mondino öffnete den Mund, ohne etwas zu sagen, dann sah er ihn eindringlich an und sagte nur: »Nun gut.«
»Was fangen wir mit Azzones Leiche an?«, fragte Gerardo.
»Wir lassen sie, wo sie ist. Morgen, wenn dieser Albtraum aus Feuer vorüber ist, werden wir zum Gericht gehen und das Geschehene berichten.«
»Doch wir werden dafür angeklagt werden!«, rief Gabardino aus. »Wir sind zu zweit, er war allein. Wir haben keine Beweise.«
»Das ist unwichtig«, erwiderte Mondino entschieden. »Ich habe nicht mehr vor, die Wahrheit zu verbergen, aus Angst, dass ich zu Unrecht verurteilt werden könnte. Diesmal soll alles nach dem Gesetz verlaufen.«
»Magister«, mischte sich Gerardo ein. »Verzeiht, wenn ich dränge, aber wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen gehen.«
Die Kutte öffnete ihnen sofort die Tür des Klosters, aber sobald sie eingetreten waren, erkannte ein Mönch Mondino und fragte gleich, was die Verkleidung zu bedeuten hätte.
»Vater«, erwiderte Mondino, »es dauerte zu lang, Euch das zu erklären, und die Zeit wird knapp. Ich bitte Euch, mir zu vertrauen. Bringt uns bitte zu Pater Benedetto. Es könnte sein, dass der Prior uns wichtige Auskünfte darüber geben kann, wer hinter den Bränden dieser Nacht steckt.«
Auf dem Gesicht des Mönches zeichneten sich Überraschung und Zweifel ab. »Pater Benedetto? Aber der verlässt doch kaum das Kloster! Sofort nach dem Abendessen zieht er sich in seine Zelle zurück und gibt Anordnung, auf keinen Fall gestört zu werden.«
»Ist er jetzt dort?«, fragte Gerardo.
»Sicher. Er ist wohl der Einzige in der Stadt, der in diesem Moment friedlich schläft.«
»Ich bitte Euch, weckt ihn auf«, sagte Mondino. »Sollte unser Besuch sich als vergeblich herausstellen, nehme ich sämtliche Schuld auf mich.«
Der Mönch dachte nur kurz nach, bevor er nickte. »Folgt mir«, sagte er dann. Anscheinend behagte ihm die Vorstellung, den Prior aus dem Schlaf zu reißen.
Er begleitete sie durch einen Flur im Erdgeschoss und erklärte, dass Pater Benedetto unweit der Küchenräume schliefe, was für den Prior eines Klosters eine ungewöhnliche Unterkunft war.
»Weil das Zimmer am wärmsten ist«, erklärte er. »Der Pater Prior leidet sehr unter der Kälte.«
Mondino sah Gerardo an, und sie wechselten einen vielsagenden Blick. Ein Zimmer im Erdgeschoss hätte es dem Prior ermöglicht, das Kloster ungesehen durch das Fenster zum Garten hin zu verlassen. Mondino fiel es immer noch schwer, sich diesen untersetzten, kränkelnden Mann als Kopf einer Sekte wahnsinniger Brandstifter vorzustellen, aber als der Prior weder auf leises Klopfen an der Tür noch auf mehrfaches ziemlich lautes Rufen reagierte, verschwanden seine Zweifel auf der Stelle.
»Er muss einen seiner Schlaftränke eingenommen haben«, erklärte der Mönch. »Ich wage es nicht, noch lauter zu rufen. Bitte kommt morgen wieder.«
Gerardo, der hinter ihm stand, öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch die Lage wurde von Gabardino gelöst, der als letzter in der Reihe wortlos Anlauf nahm, die Tür mit der Schulter rammte und das Schloss zerbrach, das sicher nicht dafür gedacht war, einem derartigen Angriff standzuhalten. Der Mönch schrie vor Überraschung und Angst auf und stürzte auf Gabardino zu, um ihn in seinem Tun aufzuhalten. Doch dann blieben die beiden wie versteinert aneinandergeklammert auf der Schwelle stehen.
»Der Raum ist leer!«, rief Gabardino.
»Vielleicht hat er das Zimmer durch das
Weitere Kostenlose Bücher