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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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sein Lebensgefühl nahm einen unwahrscheinlichen Umfang an, als Sophia, die ihm den Rücken zugewandt hatte, als er eintrat, sich umwendete, etwas sagen wollte, dann jedoch erstarrte und ihm mit offenen Augen geradezu anbetend entgegensah.
    Denn das rote Zwielicht, das durch den Türrahmen hereinfiel, umgab den Schattenriß seiner Gestalt mit einer Aura aus leuchtendem Gold. Es entmaterialisierte seinen Körper zu einer Lichtgestak. Er sah in ihre Augen, und er konnte darin lesen, daß durch dieses Spiel des Lichts und durch die animalische Hitze, die von ihm ausging, Sophia ihn genauso sah, wie er sich selber fühlte: triumphierend, überwältigend, erhöht, überlebensgroß, ein Gott – ja, fast ein Gott!
    Wortlos trat sie vor ihn hin, legte die Arme auf seine Schultern und ließ die Hände langsam über seine Brust gleiten. Dann sank sie auf die Knie, und ihre Hände lösten seinen Gürtel. Sie schob sanft und gefühlvoll seine Hosen zu Boden, betastete dann seine nackte Haut, als ob diese aus einer fremdartigen Substanz bestünde, die sie noch nie in ihrem Leben berührt hatte.
    Sie stieß einen langen Seufzer der völligen, überwältigten Hingabe aus. Dieser Seufzer der Ergebenheit war gleichzeitig erfüllt von Besitzerstolz. Ihr gehörte dieser Mann, der für den Augenblick breitbeinig über ihrem ganzen Universum zu stehen schien. Sie verharrte auf den Knien, hielt die Arme um seine Hüften geschlungen und sah zu ihm hinauf mit Augen, die wie grüne Seen waren. Dann nahm sie ihn in sich auf, schluckte seine schwellende Männlichkeit, genoß den wahnsinnigen Triumph, der von ihm auf sie übersprang, und trank in tiefen Zügen aus dem unerschöpflichen Quell seines ruhmerfüllten Egos.
    Als dieser Augenblick vorüber war und sie sich getrennt hatten, wurde es Fraden plötzlich kalt. Mit einemmal war er nüchtern. Es war so, als ob der wahnsinnige Zauber dieses Tages, der Heldenritt auf den Schultern des Volkes, der grenzenlose Triumph, von ihm in sie hineingeflossen sei und ihn verlassen hatte. Er sah auf den Bart Fraden zurück, der vor wenigen Minuten die Hütte betreten hatte, und ein Schauder durchlief seinen Körper.
    „Soph …“ murmelte er. Es war ein zitternder, erschütternder Laut. Noch immer vor ihm knieend, sah sie zu ihm auf, und während er zu ihr hinunterschaute, wich der Zauber aus ihren Augen. Ihre Lippen kräuselten sich zu einem schwachen Lächeln.
    „Ich weiß, Bart“, sagte sie, „ich weiß. Als ich dich eben so gesehen habe, da habe ich es auch gefühlt. Der König der Welt. Mein König, meine Welt. Da habe ich mich wie die Königin der Welt gefühlt, weil ich zu dir gehöre. Und weil du zu mir gehörst …“
    Fraden sah zu ihr hinab und fand keine Worte. Sie war ihm immer als eine Art Siegespreis erschienen. Sie war die schönste, härteste und gescheiteste Frau, der er je begegnet war. Die beste Frau für den besten Mann. Wie die edlen Speisen, die Drei-Dollar-Zigarren und der importierte Schnaps war sie der Beweis, daß Bart Fraden der Beste war, die Numero uno, der König der Welt, das Herz des Universums. Die Erkenntnis, daß sie genauso von ihm dachte, hatte ihn wie ein Blitzschlag getroffen. So wie er unbedingt der sein mußte, der er war, so brauchte sie einen Mann, der so war, wie er war.
    „Soph …“ sagte er schließlich. „Mein Gott, wie ähnlich sind wir uns doch! Wir ähneln uns so sehr, daß es mich erschreckt.“
    Sie stand auf. Ihre Augen, die jetzt wissend lachten, ließen die seinen nicht los. „Wir gehören zusammen, König und Königin der Welt, und wenn die Welt zusammenbricht, dann stürzen wir gemeinsam. Wohin du gehst … Der beste Mann und die beste Frau.“ Sie stieß ein kurzes, schlaues Lachen aus. „Und wir sind doch die Besten, nicht wahr, Bart? Ich glaube, das hat mir der ehrwürdige Führer selbst gesagt.“
    Fraden stimmte in ihr Lachen ein. „Hinterhältige Nutte“, sagte er lächelnd. „Du sexbesessene, psychopathische Egozentrikerin!“
    Sie griff mit der Hand in sein dichtes schwarzes Haar und küßte ihn sanft auf die Nase.
    „Gleich und gleich gesellt sich gern“, sagte sie.

 
10
     
    Fraden mußte unfreiwillig lächeln, während er die drei Freiwilligen der Volksarmee beobachtete, die sich mit ihm in die enge Kanzel des Beiboots quetschten. Ihre Kiefer hatten sie fest aufeinandergepreßt, mit kerzengeraden Rücken preßten sie sich in die Sitze, und ihre Augen flitzten hin und her. Sie sahen überallhin, nur nicht auf den

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