Die Bruderschaft des Schmerzes
Wand aus Blei. Die Rebellen feuerten eine Salve nach der anderen ab. Obwohl sie drückend überlegen waren, jagte ihnen der Anblick Furcht ein. Die zweite Linie der Guerillas ging hinter den Tötern her und ergoß ihr konzentriertes Feuer in den ungeschützten Rücken der vorstürmenden Töter. Zwanzig, fünfzig, einhundert, einhundertfünfzig Töter fielen in diesem wahnsinnigen Augenblick, aber der Rest rannte weiter in das Gewehrfeuer hinein, war schließlich hindurch – und die zwei-, dreihundert überlebenden Töter stießen auf eintausend Guerillas.
Das war jetzt keine Schlacht mehr, das war ein Chaos. Drei- oder vierfach unterlegen, fuhren die Töter mit einer Wut unter die Guerillas, die an Raserei grenzte. Wie Tennisschläger schwangen sie ihre schweren Morgensterne und ließen sie herabsausen. Waffenlos sprangen sie die Guerillas an, bissen zu, stampften, zerschmetterten. Einen Moment lang waren die Guerillas vor Schreck wie gelähmt, doch dann setzten sie sich zur Wehr, gebrauchten ihre Gewehre als Keulen und benutzten Füße, Hände und Zähne.
Drei, vier oder fünf Guerillas fielen über jeden Töter her. Sie schlugen mit den stählernen Gewehrläufen nach ihm, schwangen die Fäuste, traten mit den Füßen. Einer nach dem anderen sanken die Knäuel kämpfender Männer zu Boden, verknoteten sich zu einem Gewirr von wirbelnden Armen und Waffen, von zähnefletschenden Köpfen und sich windenden Leibern. Ohne an ihr eigenes Leben zu denken, taten die Töter das, wozu sie gezüchtet und ausgebildet worden waren: Sie töteten.
Fraden verspürte einen Druck im Magen, während er das Gemetzel beobachtete. Von seinem Standpunkt aus wirkte die Schlacht wie ein Alptraum von einem gewaltigen Organismus, dessen tausend Körper und Glieder sich selbst zerfleischten.
Es war unglaublich, unfaßbar, doch die Töter hielten stand. Sie kämpften, zerfetzten, töteten und starben mit einer Wut, die wahrhaft übermenschlich war.
Doch dann hatte endlich die zweite Reihe der Guerillas, tausend Mann stark, das Kampfgetümmel erreicht. Jetzt stand es acht oder neun zu eins. Und immer noch kämpften die Töter weiter, während sie von einer Horde furchtgetriebener Männer zerrissen wurden.
Die Schlacht war endgültig entschieden. Jeder Töter stand im Mittelpunkt eines kleinen, blutdurstigen Guerilla-Mobs. Vier, fünf, sechs Guerillas fielen mit Händen, Füßen und erbeuteten Morgensternen über ihn her, erdrückten ihn mit dem Gewicht ihrer Körper. Die Töter waren erledigt, aber sie weigerten sich aufzugeben. Die Verwundeten, die schrecklich Verstümmelten, sie kämpften weiter, mit zerschmetterten Gliedmaßen, mit rasiermesserscharfen Zähnen und Fingernägeln.
Plötzlich …
Plötzlich hörte Fraden einen schrecklichen Laut, einen Ton wie den Schrei eines riesigen Raubtieres. Einen Klang, der so widerwärtig und so machtvoll war, daß er den Kampfeslärm übertönte wie eine gewaltige, dumpfe Sirene.
Auf dem gegenüberliegenden Hang stürmte Willem Vanderling hinunter in die Schlacht. Hinter ihm war die ganze Bergesflanke mit schreienden, wild gestikulierenden Sangranern bedeckt. Es waren Männer, Frauen und Kinder, die der vorwärts stürmenden Gestalt Vanderlings in die Schlacht folgten.
„Du Idiot!“ brüllte Fraden. „Du blutrünstiger Kretin!“
Dann ertönte hinter ihm ein Donnerschrei, der ihn fast von den Füßen riß. Er wurde verschluckt von einer Flut heulender Sangraner. Es waren Männer, die die Gesichter von Bestien hatten, Frauen, die Harpyienmasken zu tragen schienen, und Kinder, die wie Jungwölfe die Zähne bleckten. Die Tiere auf seiner Seite des Tales stürmten ebenfalls in die Schlacht hinab. Fraden verlor den Boden unter den Füßen, wurde gestoßen und getreten und kam erst wieder auf die Beine, als die kochende, menschliche Flut vorübergezogen war.
Benommen, gebeutelt, zerkratzt, aber sonst unverletzt kam er wieder auf die Füße und sah …
Zwei massive Mauern aus sangranischen Leibern stießen unten im Tal zusammen.
Die menschliche Flutwelle hatte alles verschlungen. Töter, Guerillas, Verwundete, Sterbende und Tote gingen in der wogenden Masse mordbesessener Tiere unter. Er hörte ein Geräusch, als ob eine See gegen eine Felsenküste brandete, einen Klang, der aus Rufen und Schreien und aus dem Stampfen und Schlagen unzähliger Hände und Füße komponiert war.
Fraden sah dabei zu, wie sich die Sangraner für jahrhundertelange Furcht, für Haß und Verzweiflung an ein paar
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